Der Fernsehsender NTW setzt das erste Ausrufezeichen. Pünktlich zum Wochenende verspricht er mit regelmäßig ausgestrahlten Trailern eine Enthüllungs-Story über Moskaus mächtigen Stadtfürsten, über Bürgermeister Juri Luschkow:
"Warum", so fragt dramatisch die Stimme aus dem Off, "sind die Straßenbaukosten in Moskau am höchsten?" - Die Kamera schwenkt auf die Dauerstaus im Zentrum - Harter Schnitt. Ein breit lächelnder Luschkow mit dessen angeblicher Devise: "Arbeiten und Geld kriegen!" - Moskau versinke im August-Smog, der Bürgermeister aber habe seine Bienenstöcke gerettet. O-Ton Luschkow: "Meine Bienen haben sich unbehaglich gefühlt." - Sofort wieder die harte Off-Stimme: "Die Frau des Bürgermeisters - wie ist sie zur reichsten Frau Russlands geworden? - Wie werden die appetitlichsten Grundstücke unserer Hauptstadt verteilt?" Die Als-ob-Antwort Luschkows: "Ich verkaufe meinen Honig nicht. Ich habe viele Freunde und Bekannte."
Für den Publizisten Dmitrij Oreshkin steht außer Frage, weshalb der erste Schuss auf das politische Urgestein Luschkow gerade bei NTW abgefeuert worden ist:
"Dieses Signal", sagt er im Moskauer Sender "Echo Moskvy", kommt aus dem Kreml." - "NTW", so fügt er hinzu, "ist schließlich der einzige echte Pro-Medvedev-Kanal."
18 Jahre hat der inzwischen 73-jährige Luschkow die Geschicke der offiziell zehn Millionen Menschen zählenden Metropole Moskau geleitet. Eingesetzt hat ihn 1992 noch Boris Jelzin. Während der beiden Amtszeiten von Staatspräsident Wladimir Putin habe Luschkows Verwaltung stets zuverlässig für die richtigen Wahlergebnisse gesorgt, bestätigen ironisch die wenigen Oppositionellen im Land. Richtig ist aber auch, dass Moskau schon lange fast als Staat im Staat gilt. Hier sind das Geld und die Macht des zentralistisch regierten Russland konzentriert.
"An Luschkow kommen selbst Putin und Medvedev nicht so ohne weiteres vorbei", scherzen düster Insider, die namentlich nicht genannt werden wollen. Schließlich haben die Gerichte seiner, Luschkows, Stadt immer seinen Klagen stattgegeben, wenn er oder Ehefrau Jelena Baturina sich verleumdet gefühlt haben. Auch auf sie, laut Fachblatt "Forbes" mit knapp drei Milliarden Dollar Vermögen die reichste Frau Russlands, haben sich die Enthüllungsberichte vom Wochenende eingeschossen:
"Auf der Business-Landkarte von Jelena Baturinas Firma INTECA erkennt man, welche Bezirke in Moskau ihr gehören, wo sie gebaut hat, wo sie derzeit baut, wo sie bauen will. Das sind Hotels, Büro-Center und Hochhaus-Schlafstädte."
Für viele Moskauer bedeutet der Inhalt der Filme wohl kaum etwas wesentlich Neues. Richtig übel genommen hat vor kurzem aber Staatspräsident Medvedev, dass sich Luschkow entgegen Medvedevs Wunsch dezidiert für den umstrittenen Trassenverlauf einer geplanten Maut-Autobahn durch ein ökologisch wertvolles Waldstück nach St. Petersburg ausgesprochen hatte. Luschkow wolle vor dem Wahljahr einen Keil zwischen Präsident Medvedev und Premier Putin treiben, sticheln sofort diverse Kommentatoren. Womöglich, so wird spekuliert, sind es interessierte Kreise aus Medvedevs Umgebung gewesen, die daraufhin bei NTW einen kompromittierenden Streifen in Auftrag gegeben haben, um Luschkow loszuwerden und dann einen Mann ihrer Wahl an die Spitze Moskaus zu hieven. Gut ein Jahr vor den nächsten Dumawahlen bekämen sie damit Zugriff auf Infrastruktur, Beamtenapparat und nicht zuletzt auf die Finanzen der wichtigsten Stadt Russlands. Doch: Das Risiko sei hoch für Medvedev, wenn er den gut vernetzten Luschkow aushebeln will, gibt der Publizist Dmitrij Oreshkin zu bedenken:
"Wenn das alles mit einem Sieg Luschkows endet, bedeutet dies zugleich eine klare Niederlage Medvedevs. Und dann könnte man hypothetisch unterstellen, dass es sich hier um langfristig geplante Intrige gegen den Staatspräsidenten handelt."
Klar sei aber angesichts dieser Aktion schon jetzt:
"Luschkows Leute werden versuchen, der Kreml-Mannschaft eine symmetrische Antwort zu geben. Die wichtigste Erkenntnis aus dem ganzen Vorgang lautet: Die Epoche des sogenannten Putin-Konsensus unter den Eliten ist vorbei! Die Eliten haben jetzt begonnen untereinander Krieg zu führen. Und das ist in den Äther durchgesickert."
"Warum", so fragt dramatisch die Stimme aus dem Off, "sind die Straßenbaukosten in Moskau am höchsten?" - Die Kamera schwenkt auf die Dauerstaus im Zentrum - Harter Schnitt. Ein breit lächelnder Luschkow mit dessen angeblicher Devise: "Arbeiten und Geld kriegen!" - Moskau versinke im August-Smog, der Bürgermeister aber habe seine Bienenstöcke gerettet. O-Ton Luschkow: "Meine Bienen haben sich unbehaglich gefühlt." - Sofort wieder die harte Off-Stimme: "Die Frau des Bürgermeisters - wie ist sie zur reichsten Frau Russlands geworden? - Wie werden die appetitlichsten Grundstücke unserer Hauptstadt verteilt?" Die Als-ob-Antwort Luschkows: "Ich verkaufe meinen Honig nicht. Ich habe viele Freunde und Bekannte."
Für den Publizisten Dmitrij Oreshkin steht außer Frage, weshalb der erste Schuss auf das politische Urgestein Luschkow gerade bei NTW abgefeuert worden ist:
"Dieses Signal", sagt er im Moskauer Sender "Echo Moskvy", kommt aus dem Kreml." - "NTW", so fügt er hinzu, "ist schließlich der einzige echte Pro-Medvedev-Kanal."
18 Jahre hat der inzwischen 73-jährige Luschkow die Geschicke der offiziell zehn Millionen Menschen zählenden Metropole Moskau geleitet. Eingesetzt hat ihn 1992 noch Boris Jelzin. Während der beiden Amtszeiten von Staatspräsident Wladimir Putin habe Luschkows Verwaltung stets zuverlässig für die richtigen Wahlergebnisse gesorgt, bestätigen ironisch die wenigen Oppositionellen im Land. Richtig ist aber auch, dass Moskau schon lange fast als Staat im Staat gilt. Hier sind das Geld und die Macht des zentralistisch regierten Russland konzentriert.
"An Luschkow kommen selbst Putin und Medvedev nicht so ohne weiteres vorbei", scherzen düster Insider, die namentlich nicht genannt werden wollen. Schließlich haben die Gerichte seiner, Luschkows, Stadt immer seinen Klagen stattgegeben, wenn er oder Ehefrau Jelena Baturina sich verleumdet gefühlt haben. Auch auf sie, laut Fachblatt "Forbes" mit knapp drei Milliarden Dollar Vermögen die reichste Frau Russlands, haben sich die Enthüllungsberichte vom Wochenende eingeschossen:
"Auf der Business-Landkarte von Jelena Baturinas Firma INTECA erkennt man, welche Bezirke in Moskau ihr gehören, wo sie gebaut hat, wo sie derzeit baut, wo sie bauen will. Das sind Hotels, Büro-Center und Hochhaus-Schlafstädte."
Für viele Moskauer bedeutet der Inhalt der Filme wohl kaum etwas wesentlich Neues. Richtig übel genommen hat vor kurzem aber Staatspräsident Medvedev, dass sich Luschkow entgegen Medvedevs Wunsch dezidiert für den umstrittenen Trassenverlauf einer geplanten Maut-Autobahn durch ein ökologisch wertvolles Waldstück nach St. Petersburg ausgesprochen hatte. Luschkow wolle vor dem Wahljahr einen Keil zwischen Präsident Medvedev und Premier Putin treiben, sticheln sofort diverse Kommentatoren. Womöglich, so wird spekuliert, sind es interessierte Kreise aus Medvedevs Umgebung gewesen, die daraufhin bei NTW einen kompromittierenden Streifen in Auftrag gegeben haben, um Luschkow loszuwerden und dann einen Mann ihrer Wahl an die Spitze Moskaus zu hieven. Gut ein Jahr vor den nächsten Dumawahlen bekämen sie damit Zugriff auf Infrastruktur, Beamtenapparat und nicht zuletzt auf die Finanzen der wichtigsten Stadt Russlands. Doch: Das Risiko sei hoch für Medvedev, wenn er den gut vernetzten Luschkow aushebeln will, gibt der Publizist Dmitrij Oreshkin zu bedenken:
"Wenn das alles mit einem Sieg Luschkows endet, bedeutet dies zugleich eine klare Niederlage Medvedevs. Und dann könnte man hypothetisch unterstellen, dass es sich hier um langfristig geplante Intrige gegen den Staatspräsidenten handelt."
Klar sei aber angesichts dieser Aktion schon jetzt:
"Luschkows Leute werden versuchen, der Kreml-Mannschaft eine symmetrische Antwort zu geben. Die wichtigste Erkenntnis aus dem ganzen Vorgang lautet: Die Epoche des sogenannten Putin-Konsensus unter den Eliten ist vorbei! Die Eliten haben jetzt begonnen untereinander Krieg zu führen. Und das ist in den Äther durchgesickert."