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Ein Medikament gegen Ebola

Medizin.- Ebola - bislang gibt es keinen Impfstoff und keine wirksamen Medikamente gegen diese tödliche Krankheit. Doch jetzt berichten US-Wissenschaftler von ersten Erfolgen in der Behandlung in einem Tiermodell.

Von Volkart Wildermuth |
    Fort Detrick ist ein Zentrum der Bioschutzforschung der Vereinigten Staaten. Hier arbeiten Wissenschaftler mit ganz verscheidenden Erregern, die möglicherweise als Biowaffen eingesetzt werden könnten. Gefährliche Viren sind für Dr. Travis Warren also nichts Unbekanntes, vor den fadenförmigen Filoviren hat er aber besonderen Respekt:

    "Das Ebola und das Marburg-Virus vermehren sich extrem schnell und sie verstecken sich sehr erfolgreich vor dem Immunsystem. Deshalb töten sie neun von zehn Menschen, die sie infizieren."

    Bislang können die Ärzte wenig mehr tun, als die Patienten zu isolieren und ihren Kreislauf zu stabilisieren. Das Team in Fort Detrick hat jetzt einen neuen Ansatz erprobt: die Antisense-Technik. Dabei nutzt man aus, dass das Erbmolekül DNA aus zwei Strängen besteht, die aneinander binden. Mit einem künstlich maßgeschneiderten DNA-Stück lassen sich deshalb einzelne Gene blockieren.

    "Diese Viren enthalten genetisches Material, das die Bauanleitung für neue Viren enthält. Unser Medikament bindet fest an die Viren-DNA und verhindert so, dass sie abgelesen wird. Die Viren können sich nicht vermehren. Das gibt dem Immunsystem die Möglichkeit, einzugreifen und die Viren zu zerstören."

    Travis Warren und seine Kollegen haben eine ganze Reihe von Virengenen mit der Antisense-Technik ausgeschaltet. Im Tierversuch zeigte sich, dass die meisten dieser DNA-Medikamente keinen Effekt hatten, aber eine Kombination aus zweien brachte den Durchbruch:

    "Wir konnten zeigen, dass wir mit einer optimalen Dosis unseres Medikaments fünf von acht Affen schützen konnten. Dieser Erfolg gegen Ebola hat uns ermutigt, ein vergleichbares Medikament für das Marburg-Virus zu entwickeln. Damit konnten wir alle infizierten Affen schützen."

    100 Prozent Schutz beim Marburg Virus, fast zwei Drittel Schutz bei Ebola. Das ist ein deutlicher Fortschritt, denn alle Affen der Kontrollgruppe starben nach einer guten Woche. Von ähnlichen Erfolgen berichtete schon im Frühjahr eine andere Forschergruppe der US-Armee. Auch sie schaltete Virengenen gezielt aus, allerdings mit einer etwas anderen Methode. Die generelle Strategie scheint also Erfolg versprechend.

    Es gibt aber einen Haken. In den bisherigen Versuchen wurden die Medikamente schon eine halbe Stunde nach der Infektion mit den Viren verabreicht. Bei einem Ebolaausbruch in Afrika lassen sich so schnelle Reaktionszeiten sicher nicht realisieren. Die neuen Medikamente werden deshalb zunächst vor allem den Forschern selbst zugutekommen. Immer wieder stechen sich Mitarbeiter versehentlich mit Nadeln, die Ebola- oder Marburg-Viren enthalten. Sie könnten in Zukunft mit dem Antisense-Medikament behandelt werden.

    Weitere Versuche mit Affen sollen zeigen, ob eine Behandlung auch noch Stunden oder Tage nach der Infektion Sinn macht. Anders als bei gewöhnlichen Medikamenten wird es aber keine großen Wirksamkeitsstudien an Ebola-Infizierten geben. Solche Studien wären logistisch kaum durchzuführen und ethisch nicht zu verantworten. Deshalb ist die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA bereit, die neuen Medikamente allein aufgrund von Tierversuchen und Verträglichkeitsstudien an gesunden Menschen zuzulassen.

    Warren: "Der nächste Schritt für uns ist die Zulassung durch die FDA. Dann könnten die Medikamente in den betroffenen Regionen Afrikas eingelagert und bei einem Ausbruch schnell verteilt werden."

    Das ist dann aber nicht mehr Aufgabe des amerikanischen Verteidigungsministeriums, sondern etwa der Weltgesundheitsorganisation, meint Travis Warren. Er sieht im Übrigen in der Antisense-Technik noch großes Potenzial, das weit über die doch recht seltenen Ebola- oder Marburg-Virus-Ausbrüche hinausweist:

    "Unsere Medikamente wirken gegen zwei tödliche Viren. Das legt nahe, dass sich ähnliche Medikamente auch für die Behandlung anderer tödlicher Viren eignen."
    Weitere Informationen:
    Merkblatt "Ebola-Hämorrhagisches Fieber" des Auswärtigen Amtes (pdf)
    World Health Organization: Ebola haemorrhagic fever (engl.)