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Ein Mix aus Tausendundeine Nacht und Zauberflöte

1001 Nacht - der Titel ruft bis heute Bilder von Riesenvögeln, Sultanstöchtern und fliegenden Teppichen hervor. Und da, zwischen Zauberflöte und Hauffs Märchen, liegt auch L'Upupa, die Oper von Hans Werner Henze. Als eine Hommage an Mozart wollte er sie verstanden wissen, als Beitrag zur Versöhnung mit dem Orient und als einen persönlichen Abschied. Nun hat man es in Dresden mit dieser schwierigen Märchenoper über den schillernden Vogel "L'Upupa" versucht.

Von Georg-Friedrich Kühn |
    Man hört es immer mal wieder, aber man sieht es nicht: Dies Vögelchen mit dem langen, gebogenen Schnabel, der fächerartig auffaltbaren Federhaube und dem schwarz-weißen Schwanzkleid.

    L'Upupa heißt das Vögelchen, nach dem der in Italien lebende Komponist Hans Werner Henze seine Oper nannte, ein Wiedehopf-Weibchen, in das ein alternder Großwesir sich vernarrt, das ihm entfleucht und das wieder zu fangen er seine drei Söhne ausschickt.

    Die zwei älteren schaffen's nur bis zum Stadttor und vertun die Zeit dort mit Würfeln und Bechern. Der jüngste, Kasim, eine Art Prinz Tamino, macht sich brav auf, engagiert einen langhaarigen Dämon, um mit ihm auf die Suche loszufliegen.

    Es wird zwar so einiges gefunden bei diesem Flug ins märchenhafte Irgendwo, aber so recht mit abheben mag man nicht.

    Uraufgeführt wurde "L'Upupa" vor sechs Jahren in Salzburg. Die Kritiker zogen die Mundwinkel runter zumal ob des Librettos, das Henze aus arabischen Märchen sich selbst gebastelt hatte: etwas geschwätzig, breit, prätentiös. Aber es galt als Henzes letzte Oper.

    Dann schrieb er doch noch eine, die "Konzertoper" "Phaedra", uraufgeführt vor zwei Jahren in Berlin, furios durch das von Olafur Eliasson gestaltete Bühnenbild, die höchst plastische Musik, das stringente, von Henze nur inspirierte Libretto.

    Inzwischen schreibt der fast 83-Jährige wieder an einem Bühnen-Werk, einer "szenischen Kantate", wie man hört. Seine musikalische Erfindungskraft, zumal in den instrumentalen Partien auch von "L‘Upupa", scheint trotz einiger Schicksalsschläge und äußerer Gebrechlichkeit ungebrochen.

    Die Dresdner "L'Upupa"-Produktion ist die dritte dieser Oper. Bunt wie die Salzburger und dann die Hamburger ist auch diese, aber mit mehr Geschmack. Die Kostümbildnerin Andrea Schmidt-Futterer rückt das arabische Ambiente nach Fernost.

    Roland Aeschlimann hat auf die Drehbühne zwei in sich kreisende Treppen-Gebirge gebaut. Regisseur Nikolaus Lehnhoff muss da im Wesentlichen nur die Auf- und Abtritte arrangieren.
    Der Dämon, herausragend gesungen von John Mark Ainsley, ist ein zotteliger weißer Vogel, auf dessen Flügeln der brave Sohn Kasim seine Suchaktion startet und erst bei einem gütigen Konfuzius das Wiedehopf-Weibchen einsammelt.

    Etwas schwieriger bei diesem unendlichen Geschichtsflug ins Reich der Fantasie der Abstecher zu einem lila gewandeten Tyrannen mit gesichtslos schwarzen Security-Männern. Doch Tyrann Dijab entpuppt sich als eine Art Bassa Selim.

    Die Prinzessin, eine Pippi-Langstrumpf-Pamina in Lachsrosa, die er gefangen hält, erkennt nach einem Quicky mit Kasim in ihm sofort den Mann fürs Leben, und darf unter einer Bedingung auch mit ihm ziehen.

    Am Ende freilich bleibt diese Badi‘at die Angeschmierte. Kasim findet es spannender, dem Dämon die Äpfelchen ewiger Jugend zu bringen, als die Prinzessin zu heiraten. Und auch der Großwesir muss den bunten Vogel Schönheit fliegen lassen; die lässt sich nicht einfangen.

    Henzes schillernde Partitur erklingt mit der Dresdner Staatskapelle unter Stefan Lano in ihrer ganzen farbigen Vogelpracht. Und auch die Sänger sind fast alle grandios. Das Publikum applaudierte am Ende dem in der Loge sitzenden Komponisten mit Standing Ovations.

    Das "deutsche Lustspiel" "L‘Upupa und der Triumph der Sohnesliebe", wie Henze es im Untertitel nennt, seine Reverenz an Mozarts "Zauberflöte" plus "Entführung", harrt freilich noch immer der adäquaten Umsetzung auf der Bühne.