Es war ein Bild, das tausend Worte sagte: Vor dem palästinensischen Parlament in Ramallah stellte Machmud Abbas Anfang letzter Woche sein Regierungsprogramm vor. Nüchtern und klar skizzierte er die Grundzüge der Arbeit seines Kabinetts in den nächsten Monaten. Während Abbas sprach, schaute Yassir Arafat ihn nicht ein einziges Mal an. Stattdessen blickte er stur und wie in sich versunken geradeaus in den Saal. - Abbas versprach den Palästinensern, für einen unabhängigen, modernen und demokratischen Staat zu kämpfen, mit friedlichen Mitteln, auf dem Verhandlungsweg. Fortan würden die Sicherheitskräfte der Autonomiebehörde wieder das Gewaltmonopol in den Palästinensergebieten haben.
Dass das Phänomen des illegalen Tragens von Waffen beendet wird, ist sehr wichtig für die Sicherheit unserer Bürger, und dies wird eine der wichtigsten Aufgaben unserer Regierung sein, die wir entschlossen ausführen werden. Nur die legitimen Waffen werden fortan eingesetzt werden, um Sicherheit zu schaffen und das Gesetz durchzusetzen. Es wird nur ein Gesetz geben. Auf diesem Boden und für dieses Volk gibt es nur eine Autorität und ein Gesetz und eine legitime demokratische Entscheidung, die für alle gilt.
Gleichzeitig versprach Abbas, Korruption und Misswirtschaft entschieden zu bekämpfen, ein unabhängiges Justizwesen zu errichten und die Rahmenbedingungen für einen Wiederaufbau der Wirtschaft zu schaffen. Ein neues Zeitalter scheint bei den Palästinensern angebrochen zu sein: Arafat scheint immer schwächer zu werden - Arafat, der Alte, der von der Gewalt nicht lassen kann, der so viele Chancen zum Frieden verpasste, der seinem Volk nicht die weitsichtige Führung gab, die es verdient. Geht mit dem neuen Ministerpräsidenten Abbas die Ära Arafat zuende?
Der israelische Journalist Danny Rubinstein verfolgt den Weg des Palästinenserführers seit Jahrzehnten.
Ich stelle einen Rückzug der Palästinenserbehörde fest - und nicht nur der Palästinenserbehörde: Die gesamte Nationalbewegung der Palästinenser ist auf dem absteigenden Ast. Mein Eindruck ist, dass sie kaum noch zu retten ist. Die politische und ideologische Kraft, die sie herausfordert und wohl versucht, sie zu ersetzen, das ist die islamische Bewegung. Und das macht mir ziemliche Angst.
Israel macht Arafat für die Gewalt der letzten zweieinhalb Jahre verantwortlich. Er sei gegenüber den Terrorgruppen untätig geblieben, habe ihnen oft grünes Licht für weitere Anschläge gegeben und habe manche sogar finanziert. Schlüssig bewiesen ist dies nicht, doch auch internationale Menschenrechtler beschuldigen Arafat, den Drahtziehern der Attentate nie den Prozess gemacht zu haben. Mehrere Male drohte die israelische Regierung damit, Arafat bei nächster Gelegenheit, also nach dem nächsten schweren Anschlag, aus Ramallah zu vertreiben und ihn wieder zurück ins Exil zu befördern - eine Operation, die wahrscheinlich in einem Blutbad enden würde.
Begonnen hatte alles 1993 im Garten des Weißen Hauses in Washington:
Genug des Blutes und der Tränen, so der damalige israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin. Als Arafat ihm die Hand reicht, zögert Rabin zunächst, deutlich ist zu sehen, wie er sich überwinden muss, doch dann schlägt er ein. Der Weg ist frei für Arafats Rückkehr aus dem Exil. Im Juli 1994 zieht der Palästinenserführer in Gaza-Stadt ein, stürmisch gefeiert von seinem Volk.
Was soll ich sagen! Dies ist der Tag, auf den wir 27 Jahre gewartet haben, und jetzt ist er da, und wir können unseren Führer hier in Gaza sehen. Yassir Arafat ist einer der Anführer des palästinensischen Volkes, aber bislang sahen wir ihn immer nur im Fernsehen! Jetzt können wir ihn mit eigenen Augen sehen!
In seiner ersten Rede im nun autonomen Gaza spricht Arafat davon, wie es nun weitergeht:
Von hier weiter nach Nablus, nach Jenin, nach Kalkilya, nach Bethlehem, Beit Jalla, Beit Sahur - und schließlich nach Al-Kuds, der Heiligen, nach Jerusalem also.
Israel zieht sich aus den großen palästinensischen Städten zurück und entlässt sie in eine begrenzte Autonomie. Eine Verwaltung wird aufgebaut, die Palästinenserbehörde soll fortan die zivilen Angelegenheiten der Menschen in den autonomen Gebieten regeln. Das Friedenslager in Israel ist voller Elan, doch von Anfang an ist der Widerstand der Rechtsnationalen gegen diesen Versuch der Aussöhnung groß.
Arafat hat Blut an den Händen, er ist Guerillakrieger und Terrorist. Den meisten Israelis fiel und fällt es schwer, diesen Mann als Partner im Friedensprozess zu akzeptieren. Doch im Zuge der Verhandlungen und mit der Unterzeichnung der Osloer Verträge Anfang der neunziger Jahre verschob sich das Bild etwas. Der israelische Journalist Danny Rubinstein:
Zunächst sahen die Israelis ihn als bösartigen Mörder, als ein Monster. Für eine kurze Zeit nach den Osloer Verträgen änderte sich das aber. Da wurde Arafat zum Held einer Serie im israelischen Fernsehen, einer Puppen-Show. Sicherlich war es nicht so, dass die Israelis ihn dadurch plötzlich gemocht hätten; aber sie begannen, ihn - sagen wir mal - zu tolerieren. Heute wird er jedoch wieder als ein Monster gesehen.
Dabei achtet Arafat sehr auf seine Außenwirkung. Rubinstein hält ihn für einen begnadeten Werbefachmann:
Er ist ein phantastischer Public-Relations-Experte. Er weiß, dass all diese verrückten Sachen - sein Aussehen, sein Verhalten, seine Sprüche -, dass all das die Leute anzieht! Wenn er mal einen Witz macht oder rumschreit oder manchmal richtig verrückt zu sein scheint, dann erregt das die Aufmerksamkeit. Ich erinnere mich an den Millenniums-Gipfel der Vereinten Nationen: Da waren fast 200 Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt, und in ihren Anzügen sahen sie alle gleich aus. Mittendrin aber dieser kleine und - und ich hasse es, dass ich das jetzt sage - hässliche Mann mit der Keffiye und den Medaillen, und man sieht ihn und fragt sich: Wer ist das denn? Es erregt Aufmerksamkeit!
Das sorgfältig um den Kopf drapierte Tuch, das den Grenzverlauf Palästinas darstellen soll, die Uniform, die Waffe am Halfter, der Fünf-Tage-Bart -- es ist alles Teil einer bewussten Inszenierung, genauso wie kalkulierte Wutausbrüche - und gewisse Sprüche, die Arafat schon so oft gesagt hat, dass jedermann in Israel sie herbeten kann, wie diesen:
I'm not asking for the moon, I'm just asking what had been agreed upon to be implemented.
Er verlange ja nichts Unmögliches, sondern nur, dass das, worauf man sich geeinigt habe, umgesetzt werde. - Danny Rubinstein glaubt, dass es nicht zuletzt die schillernde Persönlichkeit des Palästinenserführers ist, die dafür gesorgt hat, dass das Nahost-Problem seit Jahrzehnten auf der Tagesordnung der Welt ist. Genau das sei das historische Verdienst Arafats.
Ich erinnere mich, wie vor zehn Jahren Arafats Flugzeug über der libyschen Wüste der Treibstoff ausging. Die Piloten sagten ihm, dass man notlanden müsse. Wissen Sie, was Arafat da als erstes gemacht hat? Er hat sich umgezogen, weil er nämlich gerade im Pyjama war. Er dachte sich: Das kann nicht sein, dass man meine Leiche im Pyjama findet! Mister Palästina mitten in der Wüste im Pyjama?! Also stieg er in seine Uniform, legte die Keffiye um und steckte sich die Medaillen an, den ganzen Quatsch. Bei ihm ist alles voller Symbolik, und genau das ist Arafat! Er glaubt daran, und seine Entourage drängt ihn auch in diese Richtung - Arafat ist das Symbol!
Die zweite Intifada brach im Herbst 2000 aus, nach dem provokativen Besuch des Likud-Vorsitzenden und damaligen Oppositionsführers Ariel Scharon auf dem Haram es-Sharif, dem "erhabenen Heiligtum", in Jerusalem - den Juden ist dieser Hügel der "Tempelberg". Die Intifada trägt den Beinamen el-Aksa nach der gleichnamigen Moschee am Felsendom. Das gibt dem Aufstand eine religiöse Dimension. Und es macht deutlich, worum es den Palästinensern nun geht: Um die Gründung eines eigenen Staates in Westjordanland und Gazastreifen mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
In Israel hat man es sich längst angewöhnt, diese El-Aksa-Intifada ausschließlich als Terrorkampagne zu sehen. Man glaubt, dass Yassir Arafat dies alles plante und orchestriert, weil er der Ansicht sei, mit Gewalt erreichen zu können, was auf friedlichem Wege nicht zu haben wäre. Danny Rubinstein, der israelische Journalist, widerspricht.
Seit 1996 hat die Palästinenserbehörde mehr als drei Milliarden Dollar in die Tourismusindustrie investiert. Zum Vergleich: Ihr jährlicher Haushalt beträgt eine Milliarde Dollar. Sie haben überall Hotels gebaut. Dann gab es da das berühmte Projekt ‚Bethlehem 2000', wo man einen gewaltigen modernen Busbahnhof gebaut hat und eine Seilbahn und ein Casino in Jericho. Sie haben all ihre Anstrengungen auf den Fremdenverkehr verwendet. - Ich muss Ihnen wohl nicht extra sagen: Tourismus basiert auf Stabilität. Wenn es eine einzige Messerstecherei gibt, kommen keine Touristen mehr. Wer investiert also Milliarden von Dollar in den Fremdenverkehr und bereitet gleichzeitig einen Krieg oder eine Intifada gegen Israel vor?! Arafat hat gar nichts vorbereitet! Das, was innerhalb der palästinensischen Gesellschaft zur Intifada geführt hat, hat nichts mit irgendeinem Masterplan zu tun! Überhaupt nicht!
Rubinstein glaubt, dass Arafat vom Ausbruch der Intifada, von der Wucht der Ereignisse, von ihrer Eigendynamik letztlich genauso überrascht war, wie er damals, 1987, auch nicht die erste Intifada hatte kommen sehen.
Arafat saß im Herbst 2000 auf dem Rücken eines Tigers. Aber er merkte nicht, dass es ein Tiger war. Er dachte, dass das nach vier oder fünf Zwischenfällen vorbei sein würde und glaubte, dass es ihm möglich sein würde, von dieser Krise zu profitieren. Er glaubte, dass diese Krise begrenzt sein würde. Doch dann hat er völlig die Kontrolle verloren, und die Israelis haben völlig die Kontrolle verloren. Die Israelis haben damals überreagiert.
Hatte Arafat zu Beginn der zweiten Intifada kein Interesse daran, die Terrorgruppen unter Kontrolle zu bringen und dafür zu sorgen, dass die Gewalt aufhört, so ist er mittlerweile nicht mehr dazu in der Lage. Seine unmittelbare Regierungsgewalt beschränkt sich nun auf die Räume seines Amtssitzes in Ramallah. Zwar vermag er noch Amtsgeschäfte per Telefon zu führen, und nach wie vor gilt sein Wort etwas in den Großfamilien und Clans, die die palästinensische Gesellschaft bilden; doch alle Möglichkeiten, die bewaffneten Gruppen unter Kontrolle zu bringen, hat er mit der israelischen Wiederbesetzung der Autonomiegebiete weitgehend verloren. Mehr als 20 Mal hat Arafat mittlerweile dazu aufgerufen, jede Gewalt gegen Israelis in Israel einzustellen. Gehört wurde er bislang von Organisationen wie Hamas und Islamischer Jihad nicht. Diese Gruppen glauben, dass nur Terror und Gewalt erfolgreich sein werden. Bestärkt werden sie darin im bisherigen Verhalten Israels, glaubt Danny Rubinstein.
Bis jetzt hat sich Gewalt stets ausgezahlt. Wir haben erst dann Verhandlungen mit Ägypten begonnen und waren erst dann zum vollständigen Abzug vom Sinai bereit, bis auf den letzten Millimeter, als es den Krieg 1973 gegeben hatte. Wir haben erst dann Verhandlungen mit den Palästinensern angefangen, nachdem die erste Intifada ausgebrochen war; erst dann sahen die Israelis ein: Wir können diese Besatzung nicht endlos fortsetzen. Genau das gleiche mit dem Libanon! Umgekehrt gilt dies auch: Wir machen in Sachen Golanhöhen nichts, weil es dort ruhig ist. Die israelische Regierung möchte ich sehen, die sagt: Weil die Syrer so ruhig waren, sind wir bereit, uns zu den Grenzen von 1967 zurückzuziehen! Im Gegenteil! Die Leute sagen Ihnen hier: Wieso sollten wir uns von den Golanhöhen zurückziehen? Es doch dort so ruhig!
O-Ton (Straßenlärm von Gaza-Stadt)
Gaza-Stadt. Hier ist Haider Abdel-Schafi zuhause. Mit seinen 84 Jahren ist Abdel-Schafi elf Jahre älter als Arafat, er gehört zum Urgestein der PLO. Bei den Friedensverhandlungen 1991 in Madrid leitete er die palästinensische Delegation.
Abdel-Schafi hält es für einen großen Fehler, dass die Palästinenser die Osloer Verträge mit Israel unterschrieben haben - nicht etwa, weil er gegen einen vernünftigen Kompromiss mit Israel wäre. Nein, das grundsätzliche Problem, meint Abdel-Schafi, sind die jüdischen Siedlungen.
Die Siedlungspolitik ist die wichtigste Strategie des Zionismus, die Strategie der vollendeten Tatsachen, mit der man Fakten schafft. Als wir Anfang der neunziger Jahre in Madrid und Washington verhandelten, ging es 20 Monate lang nicht voran, weil Israel sich weigerte, die Siedlungspolitik zu stoppen. Dadurch verstieß es gegen die UNO-Resolution 242, die einen Rückzug von den besetzten Gebieten vorsieht und die die Grundlage der Verhandlungen darstellte. Auf diese Art verlor der Friedensprozess jede Bedeutung. Auch im Osloer Abkommen, das so von der Welt gefeiert wurde, wurden die Siedlungen mit keinem Wort erwähnt.
Doch wieso konnte Arafat dann überhaupt seine Unterschrift unter das Dokument setzen? Wieso hält er auch jetzt noch immer an dem Weg fest, den Oslo vorzeichnete, obwohl Israel in den Jahren des Friedensprozesses weiterhin Fakten geschaffen hat? Abdel-Schafis Antwort ist scharf:
Ich denke, das sagt viel aus über die Integrität des Vorsitzenden Arafat. Ich sage das ganz offen. Und ich habe ihm das auch gesagt, bevor Oslo unterschrieben wurde: Ich habe ihm gesagt, dass dies ein schlechtes Abkommen ist, das uns viele Schwierigkeiten machen wird. Er hörte natürlich nicht zu. Und wie man heute weiß, hat Israel die Siedlungen verdoppelt, während es vorgab, Oslo umzusetzen. - Arafats Verhalten ist eher von persönlichen Überlegungen abhängig, als von der objektiven Beurteilung, was unserer Sache nützt. Das ist meine Erklärung. Er will Vorsitzender sein, und er will den roten Teppich haben. Ich weiß, dass es wirklich komisch klingt, das zu sagen, aber ich glaube, so ist es.
Gaza-Stadt ist die Hochburg der Hamas-Bewegung, der radikalen Islamisten. Im Laufe der Intifada ist Hamas immer stärker geworden und hat kontinuierlich an Ansehen gewonnen - auf Kosten der etablierten palästinensischen Führung. In Meinungsumfragen erreicht der geistige Führer der Hamas, Scheich Achmed Yassin, den zweiten Platz, nach Yassir Arafat, wenn gefragt wird, wem die Menschen am meisten vertrauen. Würde heute gewählt, würde Hamas die zweitstärkste Kraft werden, nach Arafats Fatach-Bewegung.
Hamas hat den Friedensprozess stets abgelehnt, an den Wahlen zum palästinensischen Parlament vor sieben Jahren nahm man nicht teil, aus Protest gegen Oslo. Nun aber arbeiten einige an der Spitze der islamischen Bewegung daran, den Zuspruch, den man auf der Straße erfährt, umzusetzen. Er soll umgewandelt werden in gestaltende politische Kraft. Ismail Abu-Schanab ist einer der wichtigsten politischen Führer der Hamas im Gaza-Streifen.
Wir konkurrieren mit der Spitze der Palästinenserbehörde darum, wer populärer ist. Das ist wie das Verhältnis zwischen Oppositions- und Regierungspartei. In jedem Land strebt die Opposition danach, die Regierung zu übernehmen, das ist Demokratie! In diesem Sinne streben wir danach, die regierende Partei zu werden. Das ist nicht gegen das Gesetz, wenn man die Demokratie respektiert. Wir werden also Arafat nicht stürzen, sondern wir sind mit ihm in einem Wettbewerb darum, wie die Ziele des palästinensischen Volkes am besten erreicht werden können.
Kein Zweifel: Yassir Arafat steckt in der größten Krise seit Jahrzehnten, seine Macht schwindet, sein Mythos verblasst. Doch in den palästinensischen Dörfern und Städten wird man keinen einzigen finden, der bereit wäre, Arafat zu entthronen. Er ist unsere Identität, sagen die Menschen. Und sie sagen auch, dass es niemals einen Nachfolger für Arafat geben wird, denn ein nationales Symbol kann keinen Nachfolger haben.
Yassir Arafat ist der Präsident des palästinensischen Staates und der spirituelle Vater der Fatach-Bewegung und des ganzen palästinensischen Volkes, und wir stehen hinter ihm. Letztens, als Fatach ihre Gründung feierte, haben Tausende von Menschen ihre Unterstützung für Präsident Arafat und für die heilige palästinensische Intifada bekundet. Präsident Arafat wird jetzt in Ramallah nicht das erste Mal belagert, sondern zuvor schon im Libanon und in Tunesien. Das alles wird weder Arafat, noch das palästinensische Volk in die Knie zwingen.
Nach dem Ende des Irak-Feldzugs stehen die USA nun vor einem Neueinstieg in den israelisch-palästinensischen Konflikt. Kürzlich legten sie die sogenannte Roadmap vor, die "Straßenkarte zum Frieden", einen neuen Stufenplan, den Amerikaner, die Europäische Union, Russland und die Vereinten Nationen gemeinsam erarbeitet haben. Der Plan sieht die Gründung eines palästinensischen Staates bis zum Jahr 2005 vor. Bis dahin wird von beiden Seiten eine Reihe vertrauensbildender und deeskalierender Maßnahmen verlangt.
Am Wochenende will der amerikanische Außenminister Colin Powell in Jerusalem und in Ramallah mit Israelis und Palästinensern sprechen und auf eine Umsetzung der Roadmap drängen. Es ist Powells erster Besuch in der Region seit rund einem Jahr. Wie weit die Bereitschaft der US-Regierung, sich in den nächsten Monaten im Nahen Osten zu engagieren, geht, ob die Amerikaner wirklich bereit sind, den entscheidenden Druck auf beide Seiten auszuüben, das ist noch unklar. Doch einen wollen Amerikaner und Israelis dabei auf jeden Fall außen vor lassen: den Palästinenserpräsidenten. Bei seinem Besuch am Wochenende wird Powell mit dem neuen Ministerpräsidenten Machmud Abbas sprechen, aber nicht mit Yassir Arafat.
Dass das Phänomen des illegalen Tragens von Waffen beendet wird, ist sehr wichtig für die Sicherheit unserer Bürger, und dies wird eine der wichtigsten Aufgaben unserer Regierung sein, die wir entschlossen ausführen werden. Nur die legitimen Waffen werden fortan eingesetzt werden, um Sicherheit zu schaffen und das Gesetz durchzusetzen. Es wird nur ein Gesetz geben. Auf diesem Boden und für dieses Volk gibt es nur eine Autorität und ein Gesetz und eine legitime demokratische Entscheidung, die für alle gilt.
Gleichzeitig versprach Abbas, Korruption und Misswirtschaft entschieden zu bekämpfen, ein unabhängiges Justizwesen zu errichten und die Rahmenbedingungen für einen Wiederaufbau der Wirtschaft zu schaffen. Ein neues Zeitalter scheint bei den Palästinensern angebrochen zu sein: Arafat scheint immer schwächer zu werden - Arafat, der Alte, der von der Gewalt nicht lassen kann, der so viele Chancen zum Frieden verpasste, der seinem Volk nicht die weitsichtige Führung gab, die es verdient. Geht mit dem neuen Ministerpräsidenten Abbas die Ära Arafat zuende?
Der israelische Journalist Danny Rubinstein verfolgt den Weg des Palästinenserführers seit Jahrzehnten.
Ich stelle einen Rückzug der Palästinenserbehörde fest - und nicht nur der Palästinenserbehörde: Die gesamte Nationalbewegung der Palästinenser ist auf dem absteigenden Ast. Mein Eindruck ist, dass sie kaum noch zu retten ist. Die politische und ideologische Kraft, die sie herausfordert und wohl versucht, sie zu ersetzen, das ist die islamische Bewegung. Und das macht mir ziemliche Angst.
Israel macht Arafat für die Gewalt der letzten zweieinhalb Jahre verantwortlich. Er sei gegenüber den Terrorgruppen untätig geblieben, habe ihnen oft grünes Licht für weitere Anschläge gegeben und habe manche sogar finanziert. Schlüssig bewiesen ist dies nicht, doch auch internationale Menschenrechtler beschuldigen Arafat, den Drahtziehern der Attentate nie den Prozess gemacht zu haben. Mehrere Male drohte die israelische Regierung damit, Arafat bei nächster Gelegenheit, also nach dem nächsten schweren Anschlag, aus Ramallah zu vertreiben und ihn wieder zurück ins Exil zu befördern - eine Operation, die wahrscheinlich in einem Blutbad enden würde.
Begonnen hatte alles 1993 im Garten des Weißen Hauses in Washington:
Genug des Blutes und der Tränen, so der damalige israelische Ministerpräsident Yitzhak Rabin. Als Arafat ihm die Hand reicht, zögert Rabin zunächst, deutlich ist zu sehen, wie er sich überwinden muss, doch dann schlägt er ein. Der Weg ist frei für Arafats Rückkehr aus dem Exil. Im Juli 1994 zieht der Palästinenserführer in Gaza-Stadt ein, stürmisch gefeiert von seinem Volk.
Was soll ich sagen! Dies ist der Tag, auf den wir 27 Jahre gewartet haben, und jetzt ist er da, und wir können unseren Führer hier in Gaza sehen. Yassir Arafat ist einer der Anführer des palästinensischen Volkes, aber bislang sahen wir ihn immer nur im Fernsehen! Jetzt können wir ihn mit eigenen Augen sehen!
In seiner ersten Rede im nun autonomen Gaza spricht Arafat davon, wie es nun weitergeht:
Von hier weiter nach Nablus, nach Jenin, nach Kalkilya, nach Bethlehem, Beit Jalla, Beit Sahur - und schließlich nach Al-Kuds, der Heiligen, nach Jerusalem also.
Israel zieht sich aus den großen palästinensischen Städten zurück und entlässt sie in eine begrenzte Autonomie. Eine Verwaltung wird aufgebaut, die Palästinenserbehörde soll fortan die zivilen Angelegenheiten der Menschen in den autonomen Gebieten regeln. Das Friedenslager in Israel ist voller Elan, doch von Anfang an ist der Widerstand der Rechtsnationalen gegen diesen Versuch der Aussöhnung groß.
Arafat hat Blut an den Händen, er ist Guerillakrieger und Terrorist. Den meisten Israelis fiel und fällt es schwer, diesen Mann als Partner im Friedensprozess zu akzeptieren. Doch im Zuge der Verhandlungen und mit der Unterzeichnung der Osloer Verträge Anfang der neunziger Jahre verschob sich das Bild etwas. Der israelische Journalist Danny Rubinstein:
Zunächst sahen die Israelis ihn als bösartigen Mörder, als ein Monster. Für eine kurze Zeit nach den Osloer Verträgen änderte sich das aber. Da wurde Arafat zum Held einer Serie im israelischen Fernsehen, einer Puppen-Show. Sicherlich war es nicht so, dass die Israelis ihn dadurch plötzlich gemocht hätten; aber sie begannen, ihn - sagen wir mal - zu tolerieren. Heute wird er jedoch wieder als ein Monster gesehen.
Dabei achtet Arafat sehr auf seine Außenwirkung. Rubinstein hält ihn für einen begnadeten Werbefachmann:
Er ist ein phantastischer Public-Relations-Experte. Er weiß, dass all diese verrückten Sachen - sein Aussehen, sein Verhalten, seine Sprüche -, dass all das die Leute anzieht! Wenn er mal einen Witz macht oder rumschreit oder manchmal richtig verrückt zu sein scheint, dann erregt das die Aufmerksamkeit. Ich erinnere mich an den Millenniums-Gipfel der Vereinten Nationen: Da waren fast 200 Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt, und in ihren Anzügen sahen sie alle gleich aus. Mittendrin aber dieser kleine und - und ich hasse es, dass ich das jetzt sage - hässliche Mann mit der Keffiye und den Medaillen, und man sieht ihn und fragt sich: Wer ist das denn? Es erregt Aufmerksamkeit!
Das sorgfältig um den Kopf drapierte Tuch, das den Grenzverlauf Palästinas darstellen soll, die Uniform, die Waffe am Halfter, der Fünf-Tage-Bart -- es ist alles Teil einer bewussten Inszenierung, genauso wie kalkulierte Wutausbrüche - und gewisse Sprüche, die Arafat schon so oft gesagt hat, dass jedermann in Israel sie herbeten kann, wie diesen:
I'm not asking for the moon, I'm just asking what had been agreed upon to be implemented.
Er verlange ja nichts Unmögliches, sondern nur, dass das, worauf man sich geeinigt habe, umgesetzt werde. - Danny Rubinstein glaubt, dass es nicht zuletzt die schillernde Persönlichkeit des Palästinenserführers ist, die dafür gesorgt hat, dass das Nahost-Problem seit Jahrzehnten auf der Tagesordnung der Welt ist. Genau das sei das historische Verdienst Arafats.
Ich erinnere mich, wie vor zehn Jahren Arafats Flugzeug über der libyschen Wüste der Treibstoff ausging. Die Piloten sagten ihm, dass man notlanden müsse. Wissen Sie, was Arafat da als erstes gemacht hat? Er hat sich umgezogen, weil er nämlich gerade im Pyjama war. Er dachte sich: Das kann nicht sein, dass man meine Leiche im Pyjama findet! Mister Palästina mitten in der Wüste im Pyjama?! Also stieg er in seine Uniform, legte die Keffiye um und steckte sich die Medaillen an, den ganzen Quatsch. Bei ihm ist alles voller Symbolik, und genau das ist Arafat! Er glaubt daran, und seine Entourage drängt ihn auch in diese Richtung - Arafat ist das Symbol!
Die zweite Intifada brach im Herbst 2000 aus, nach dem provokativen Besuch des Likud-Vorsitzenden und damaligen Oppositionsführers Ariel Scharon auf dem Haram es-Sharif, dem "erhabenen Heiligtum", in Jerusalem - den Juden ist dieser Hügel der "Tempelberg". Die Intifada trägt den Beinamen el-Aksa nach der gleichnamigen Moschee am Felsendom. Das gibt dem Aufstand eine religiöse Dimension. Und es macht deutlich, worum es den Palästinensern nun geht: Um die Gründung eines eigenen Staates in Westjordanland und Gazastreifen mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
In Israel hat man es sich längst angewöhnt, diese El-Aksa-Intifada ausschließlich als Terrorkampagne zu sehen. Man glaubt, dass Yassir Arafat dies alles plante und orchestriert, weil er der Ansicht sei, mit Gewalt erreichen zu können, was auf friedlichem Wege nicht zu haben wäre. Danny Rubinstein, der israelische Journalist, widerspricht.
Seit 1996 hat die Palästinenserbehörde mehr als drei Milliarden Dollar in die Tourismusindustrie investiert. Zum Vergleich: Ihr jährlicher Haushalt beträgt eine Milliarde Dollar. Sie haben überall Hotels gebaut. Dann gab es da das berühmte Projekt ‚Bethlehem 2000', wo man einen gewaltigen modernen Busbahnhof gebaut hat und eine Seilbahn und ein Casino in Jericho. Sie haben all ihre Anstrengungen auf den Fremdenverkehr verwendet. - Ich muss Ihnen wohl nicht extra sagen: Tourismus basiert auf Stabilität. Wenn es eine einzige Messerstecherei gibt, kommen keine Touristen mehr. Wer investiert also Milliarden von Dollar in den Fremdenverkehr und bereitet gleichzeitig einen Krieg oder eine Intifada gegen Israel vor?! Arafat hat gar nichts vorbereitet! Das, was innerhalb der palästinensischen Gesellschaft zur Intifada geführt hat, hat nichts mit irgendeinem Masterplan zu tun! Überhaupt nicht!
Rubinstein glaubt, dass Arafat vom Ausbruch der Intifada, von der Wucht der Ereignisse, von ihrer Eigendynamik letztlich genauso überrascht war, wie er damals, 1987, auch nicht die erste Intifada hatte kommen sehen.
Arafat saß im Herbst 2000 auf dem Rücken eines Tigers. Aber er merkte nicht, dass es ein Tiger war. Er dachte, dass das nach vier oder fünf Zwischenfällen vorbei sein würde und glaubte, dass es ihm möglich sein würde, von dieser Krise zu profitieren. Er glaubte, dass diese Krise begrenzt sein würde. Doch dann hat er völlig die Kontrolle verloren, und die Israelis haben völlig die Kontrolle verloren. Die Israelis haben damals überreagiert.
Hatte Arafat zu Beginn der zweiten Intifada kein Interesse daran, die Terrorgruppen unter Kontrolle zu bringen und dafür zu sorgen, dass die Gewalt aufhört, so ist er mittlerweile nicht mehr dazu in der Lage. Seine unmittelbare Regierungsgewalt beschränkt sich nun auf die Räume seines Amtssitzes in Ramallah. Zwar vermag er noch Amtsgeschäfte per Telefon zu führen, und nach wie vor gilt sein Wort etwas in den Großfamilien und Clans, die die palästinensische Gesellschaft bilden; doch alle Möglichkeiten, die bewaffneten Gruppen unter Kontrolle zu bringen, hat er mit der israelischen Wiederbesetzung der Autonomiegebiete weitgehend verloren. Mehr als 20 Mal hat Arafat mittlerweile dazu aufgerufen, jede Gewalt gegen Israelis in Israel einzustellen. Gehört wurde er bislang von Organisationen wie Hamas und Islamischer Jihad nicht. Diese Gruppen glauben, dass nur Terror und Gewalt erfolgreich sein werden. Bestärkt werden sie darin im bisherigen Verhalten Israels, glaubt Danny Rubinstein.
Bis jetzt hat sich Gewalt stets ausgezahlt. Wir haben erst dann Verhandlungen mit Ägypten begonnen und waren erst dann zum vollständigen Abzug vom Sinai bereit, bis auf den letzten Millimeter, als es den Krieg 1973 gegeben hatte. Wir haben erst dann Verhandlungen mit den Palästinensern angefangen, nachdem die erste Intifada ausgebrochen war; erst dann sahen die Israelis ein: Wir können diese Besatzung nicht endlos fortsetzen. Genau das gleiche mit dem Libanon! Umgekehrt gilt dies auch: Wir machen in Sachen Golanhöhen nichts, weil es dort ruhig ist. Die israelische Regierung möchte ich sehen, die sagt: Weil die Syrer so ruhig waren, sind wir bereit, uns zu den Grenzen von 1967 zurückzuziehen! Im Gegenteil! Die Leute sagen Ihnen hier: Wieso sollten wir uns von den Golanhöhen zurückziehen? Es doch dort so ruhig!
O-Ton (Straßenlärm von Gaza-Stadt)
Gaza-Stadt. Hier ist Haider Abdel-Schafi zuhause. Mit seinen 84 Jahren ist Abdel-Schafi elf Jahre älter als Arafat, er gehört zum Urgestein der PLO. Bei den Friedensverhandlungen 1991 in Madrid leitete er die palästinensische Delegation.
Abdel-Schafi hält es für einen großen Fehler, dass die Palästinenser die Osloer Verträge mit Israel unterschrieben haben - nicht etwa, weil er gegen einen vernünftigen Kompromiss mit Israel wäre. Nein, das grundsätzliche Problem, meint Abdel-Schafi, sind die jüdischen Siedlungen.
Die Siedlungspolitik ist die wichtigste Strategie des Zionismus, die Strategie der vollendeten Tatsachen, mit der man Fakten schafft. Als wir Anfang der neunziger Jahre in Madrid und Washington verhandelten, ging es 20 Monate lang nicht voran, weil Israel sich weigerte, die Siedlungspolitik zu stoppen. Dadurch verstieß es gegen die UNO-Resolution 242, die einen Rückzug von den besetzten Gebieten vorsieht und die die Grundlage der Verhandlungen darstellte. Auf diese Art verlor der Friedensprozess jede Bedeutung. Auch im Osloer Abkommen, das so von der Welt gefeiert wurde, wurden die Siedlungen mit keinem Wort erwähnt.
Doch wieso konnte Arafat dann überhaupt seine Unterschrift unter das Dokument setzen? Wieso hält er auch jetzt noch immer an dem Weg fest, den Oslo vorzeichnete, obwohl Israel in den Jahren des Friedensprozesses weiterhin Fakten geschaffen hat? Abdel-Schafis Antwort ist scharf:
Ich denke, das sagt viel aus über die Integrität des Vorsitzenden Arafat. Ich sage das ganz offen. Und ich habe ihm das auch gesagt, bevor Oslo unterschrieben wurde: Ich habe ihm gesagt, dass dies ein schlechtes Abkommen ist, das uns viele Schwierigkeiten machen wird. Er hörte natürlich nicht zu. Und wie man heute weiß, hat Israel die Siedlungen verdoppelt, während es vorgab, Oslo umzusetzen. - Arafats Verhalten ist eher von persönlichen Überlegungen abhängig, als von der objektiven Beurteilung, was unserer Sache nützt. Das ist meine Erklärung. Er will Vorsitzender sein, und er will den roten Teppich haben. Ich weiß, dass es wirklich komisch klingt, das zu sagen, aber ich glaube, so ist es.
Gaza-Stadt ist die Hochburg der Hamas-Bewegung, der radikalen Islamisten. Im Laufe der Intifada ist Hamas immer stärker geworden und hat kontinuierlich an Ansehen gewonnen - auf Kosten der etablierten palästinensischen Führung. In Meinungsumfragen erreicht der geistige Führer der Hamas, Scheich Achmed Yassin, den zweiten Platz, nach Yassir Arafat, wenn gefragt wird, wem die Menschen am meisten vertrauen. Würde heute gewählt, würde Hamas die zweitstärkste Kraft werden, nach Arafats Fatach-Bewegung.
Hamas hat den Friedensprozess stets abgelehnt, an den Wahlen zum palästinensischen Parlament vor sieben Jahren nahm man nicht teil, aus Protest gegen Oslo. Nun aber arbeiten einige an der Spitze der islamischen Bewegung daran, den Zuspruch, den man auf der Straße erfährt, umzusetzen. Er soll umgewandelt werden in gestaltende politische Kraft. Ismail Abu-Schanab ist einer der wichtigsten politischen Führer der Hamas im Gaza-Streifen.
Wir konkurrieren mit der Spitze der Palästinenserbehörde darum, wer populärer ist. Das ist wie das Verhältnis zwischen Oppositions- und Regierungspartei. In jedem Land strebt die Opposition danach, die Regierung zu übernehmen, das ist Demokratie! In diesem Sinne streben wir danach, die regierende Partei zu werden. Das ist nicht gegen das Gesetz, wenn man die Demokratie respektiert. Wir werden also Arafat nicht stürzen, sondern wir sind mit ihm in einem Wettbewerb darum, wie die Ziele des palästinensischen Volkes am besten erreicht werden können.
Kein Zweifel: Yassir Arafat steckt in der größten Krise seit Jahrzehnten, seine Macht schwindet, sein Mythos verblasst. Doch in den palästinensischen Dörfern und Städten wird man keinen einzigen finden, der bereit wäre, Arafat zu entthronen. Er ist unsere Identität, sagen die Menschen. Und sie sagen auch, dass es niemals einen Nachfolger für Arafat geben wird, denn ein nationales Symbol kann keinen Nachfolger haben.
Yassir Arafat ist der Präsident des palästinensischen Staates und der spirituelle Vater der Fatach-Bewegung und des ganzen palästinensischen Volkes, und wir stehen hinter ihm. Letztens, als Fatach ihre Gründung feierte, haben Tausende von Menschen ihre Unterstützung für Präsident Arafat und für die heilige palästinensische Intifada bekundet. Präsident Arafat wird jetzt in Ramallah nicht das erste Mal belagert, sondern zuvor schon im Libanon und in Tunesien. Das alles wird weder Arafat, noch das palästinensische Volk in die Knie zwingen.
Nach dem Ende des Irak-Feldzugs stehen die USA nun vor einem Neueinstieg in den israelisch-palästinensischen Konflikt. Kürzlich legten sie die sogenannte Roadmap vor, die "Straßenkarte zum Frieden", einen neuen Stufenplan, den Amerikaner, die Europäische Union, Russland und die Vereinten Nationen gemeinsam erarbeitet haben. Der Plan sieht die Gründung eines palästinensischen Staates bis zum Jahr 2005 vor. Bis dahin wird von beiden Seiten eine Reihe vertrauensbildender und deeskalierender Maßnahmen verlangt.
Am Wochenende will der amerikanische Außenminister Colin Powell in Jerusalem und in Ramallah mit Israelis und Palästinensern sprechen und auf eine Umsetzung der Roadmap drängen. Es ist Powells erster Besuch in der Region seit rund einem Jahr. Wie weit die Bereitschaft der US-Regierung, sich in den nächsten Monaten im Nahen Osten zu engagieren, geht, ob die Amerikaner wirklich bereit sind, den entscheidenden Druck auf beide Seiten auszuüben, das ist noch unklar. Doch einen wollen Amerikaner und Israelis dabei auf jeden Fall außen vor lassen: den Palästinenserpräsidenten. Bei seinem Besuch am Wochenende wird Powell mit dem neuen Ministerpräsidenten Machmud Abbas sprechen, aber nicht mit Yassir Arafat.