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Ein nachdenklicher Held

Humor war Walter Gillers Markenzeichen. Schnell wandte er sich dem komischen Fach zu, spielte diverse Rollen in 80 Filmen. Dennoch war er auch ein großer Charakterdarsteller. Gestern ist er im Alter von 84 Jahren in Hamburg gestorben.

Von Wolfgang Martin Hamdorf | 16.12.2011
    Ausschnitt aus "Rosen für den Staatsanwalt"
    "Und was da von oben runter geflogen kommt ist mein eigenes Todesurteil. Gestempelt und unterzeichnet von Kriegsgerichtsrat Dr. Schramm."

    Es war seine bedeutendste Rolle: Der Gefreite Walter Kleinschmidt wird kurz vor Kriegsende zum Tode verurteilt, weil er Schokolade auf dem Schwarzmarkt gekauft hat. Aber er kann fliehen, den Nazirichter, der ihn zum Tode verurteilt hat, findet er Jahre später wieder: als gut situierten Oberstaatsanwalt in einer kleinen Stadt in Nachkriegsdeutschland. Walter Giller verkörperte beeindruckend den kleinen Mann, der mit List und bescheidenen Mitteln für die Gerechtigkeit kämpft. Sein Gegenspieler, der mächtige Oberstaatsanwalt war Martin Held:

    Ausschnitt aus "Rosen für den Staatsanwalt":

    ""Ja aber, die hat er mir schon mal versprochen, die Todesstrafe, für genau dieselbe Sache, ja nun lassen sie mich doch!"
    "Was war das?"
    "Damals waren es zwei Dosen Fliegerschokolade, und da hat er mich fürs Kriegsgericht gebracht."
    "Ich ersuche dem Angeklagten das Wort zu entziehen. Diese dreisten Lügen, diese völlig unhaltbaren Behauptungen. Ich werde..."
    "Herr Oberstaatsanwalt, lassen sie den Angeklagten bitte weiterreden."
    "

    Für die Rolle des ehemaligen Gefreiten Kleinschmidt erhielt Walter Giller 1960 den Bundesfilmpreis. Aber Wolfgang Staudtes Rosen für den Staatsanwalt war eine Ausnahme im Gesamtpanorama beschwingter Harmlosigkeit des deutschen Unterhaltungsfilms, der sich in den 1950er und 1960er Jahre fast nie an so heikle Themen, wie die Bewältigung der NS-Vergangenheit wagte.

    Walter Giller war von 1949 an in mehr als 80 Filmen zu sehen. Er war der sympathische und charmante Mann von nebenan, der sich durchschlug. Ein Stehaufmännchen, das auch großes Pech und Schicksalsschläge noch heiter ertragen konnte, der neue Mensch des Wirtschaftswunders, dem man die Narben früherer Zeiten nur noch in kleinen melancholischen Gesten anmerkte. Manchmal war er der schüchternde Liebhaber, der lustige Kollege, immer sympathisch und nie um einen Spruch verlegen.

    "Das mach ich alles so ganz nebenbei, auch mit den Frauen und der Liebelei, Klingst vielleicht auch übertrieben, Flirten Tanzen, Küssen, Lieben... Das mach ich alles mit der linken Hand, doch wenn die Richte kommt und ich verlier die Ruh, nehm ich auch die Rechte noch dazu..."

    Er gab den Tankwart, den Pennäler oder den Kumpel, der mit entnervten Ehemännern durch die dunklen Tannen des Schwarzwaldes wanderte oder durch die malerischen Städtchen des Mittelrheins fuhr. Er spielte in Remakes alter UFA Unterhaltungsklassiker wie "Die Drei von der Tankstelle" und "Die Feuerzangenbowle" ebenso wie an der Seite Heinz Rühmanns in "Der Hauptmann von Köpenick" oder in "Peter Voss, der Millionnendieb". Gemeinsam mit seiner Frau, der Schauspielerin Nadja Tiller, verkörperte er das Traumpaar des Wirtschaftswunderkinos.

    Seit den 1970er-Jahren trat Walter Giller immer häufiger im Fernsehen auf, in Serien wie das Traumschiff oder in Sketch Programmen, wo er mit Peter Frankenfeld zwei endlos kalauernde Betrunkene mimte.

    Regisseur Leander Hausmann brachte ihn in seinen Film "Dinosaurier - Gegen uns seht ihr alt aus" nach 30-jähriger Abstinenz wieder auf die Kinoleinwand zurück. Gemeinsam mit seiner Frau Nadja Tiller und anderen Veteranen des deutschen Nachkriegsfilms, wie Ralf Wolter und Ingrid van Bergen ist er hier Teil einer Seniorengruppe im Altersheim, die gegen die üblen Machenschaften einer Bank kämpft. Auch in seiner letzten Rolle verkörperte er das Stehaufmännchen, das inmitten derber Komik, sich gegen die Großen zur Wehr setzt.