Archiv


Ein neuer Salmonellen-Erreger tritt vermehrt auf

Lebensmittelchemie. - Um gesunde Lebensmittel ging es den Experten auf einer gemeinsamen Tagung der Deutschen Lebensmittelchemischen Gesellschaft zusammen mit der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft am Dienstag und Mittwoch in München. Die Teilnehmer aus Hochschule, Industrie und Verwaltung beschäftigten sich mit den Übertragungswegen der Infektionen zwischen Tier und Mensch. Anlass sind Meldungen über krankmachende Keime, mit denen Geflügelfleisch verunreinigt ist. Gießener Veterinärmediziner entdeckten darunter auch eine neue Klasse von Erregern.

    Die Veterinärmediziner der Universität Gießen untersuchen routinemäßig seit 1994 Geflügelfleisch-Produkte aus dem Lebensmittelhandel und bestimmen, wie viele und welche Salmonellen in ihren Proben stecken. Dass Putenbrust oder Hähnchen-Innereien oft mit Keimen belastet sind, ist bekannt. Eine Überraschung war es für die Tiermediziner jedoch, dass sie in den vergangenen drei bis vier Jahren immer häufiger Salmonella-paratyphi-B-Stämme fanden. Michael Bülte, Professor für Tierärztliche Nahrungsmittelkunde in Gießen, beobachtet das mit Sorge. Denn Salmonelle ist nicht gleich Salmonelle: Die Wissenschaftler unterscheiden verschiedene Stämme, auch Serovare genannt. Bisher herrschte in Geflügelprodukten Salmonella enteritidis vor, ein weniger gefährlicher Vertreter dieser Bakteriengruppe, der in aller Regel nur unangenehme Durchfall-Erkrankungen auslöst.

    Den neu auftauchenden Stamm hält Michael Bülte jedoch für bedrohlich: "Man muss davon ausgehen, dass die paratyphi-B-Stämme ein deutlich höheres pathogenes Potential besitzen, also ein höheres Ausmaß an gesundheitlicher Bedenklichkeit aufweisen." In Deutschland seien Erkrankungen durch den Erreger zwar noch nicht aktenkundig. Doch in Osteuropa häufen sich Berichte über Ausbrüche. Besonders kritisch ist: Viele Antibiotika können diesem Stamm nach Bültes Untersuchungen nichts mehr anhaben: "Wir haben festgestellt, dass nahezu alle paratyphi-B-Stämme, die wir isoliert haben, multiresistent sind, bis hoch zur Achtfach-Resistenz."

    Auch wenn die neuen Stämme gefährlich sein können, Panik ist nach Ansicht des Veterinärs nicht angebracht: "In aller Regel werden Geflügelfleisch-Erzeugnisse ja nicht roh verzehrt, sondern gebraten, gebacken oder gekocht - Verfahren, die mit absoluter Sicherheit die Mikroorganismen, jedenfalls die Salmonellen, abtöten." Schmierinfektionen hingegen seien durchaus ein Problem. Wer also Geflügelfleisch auspackt, sollte sich unbedingt die Hände waschen, bevor er den Salat klein schneidet.

    [Quelle: Volker Mrasek]