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Ein Novum im Segelsport

In einer neuen Segel-Bundesliga sollen zukünftig 18 Vereine gegeneinander antreten. In diesem Jahr startet ein Testlauf mit fünf Regatten in ganz Deutschland. Doch das neue Format muss sich erst noch etablieren.

Von Maximilian Kuball | 01.06.2013
    Segelsport ist meist eine ziemlich individuelle Sache: Allein oder mit der Crew setzt man sich freitags ins Auto und fährt zu einer Regatta. Dann werden ein paar Wettfahrten gesegelt und am Sonntag geht’s wieder nach Hause. Die Segelvereine spielen dabei meist nur eine geringe Rolle: Zwar kann ohne Mitgliedsausweis kein Segler an Regatten teilnehmen, aber im Grunde startet jeder im eigenen Namen und nicht für den seines Klubs. Das zu ändern, hat sich Benjamin Jeuthe vorgenommen. Er arbeitet bei der Hamburger Agentur Konzeptwerft, die die neue Segel-Bundesliga entwickelt hat:

    "Die Idee der Bundesliga fußte ursprünglich mal auf der Erkenntnis, warum eigentlich Vereine, Clubs gar nicht so als Wettkämpfer in Erscheinung treten im deutschen Segelsport. Sondern immer nur Ausrichter, Organisator einer Regatta sind oder eben Heimatstelle von guten Seglern – aber eben nie als Wettkämpfer wirklich so wie im Fußball, Basketball, Leichtathletik, eigentlich sonst überall in Erscheinung treten."

    Nach langer Vorarbeit steht in diesem Jahr nun eine Art Testlauf mit fünf Regatten an, 18 Segelclubs aus ganz Deutschland haben gemeldet. Darunter findet sich mit dem Norddeutschen Regatta-Verein aus Hamburg auch ein Schwergewicht unter den deutschen Clubs. Als Sportdirektor des NRV ist Klaus Lahme für das Projekt Bundesliga zuständig – und überzeugt von dem Konzept:

    "Die Bundesliga bietet einen Spannungsbogen übers ganze Jahr – das heißt, man segelt in diesem Jahr an insgesamt fünf Wochenenden, ab nächstes Jahr an acht Wochenenden – und man kann übers ganze Jahr im Wettstreit mit den anderen großen deutschen Vereinen um die Wette segeln. Und so ein Format gab es bisher noch nicht und das macht die Sache reizvoll."

    Nach Vorstellung der Organisatoren soll dabei der ganze Verein eingebunden werden: Neben den Seglern selbst sollen sich andere Mitglieder um Organisation, Training oder Sponsoren-Akquise kümmern. So wird übers Jahr der in allen Belangen beste Segelclub Deutschlands ermittelt. Klaus Lahme ist mitten in den Vorbereitungen:

    "Ich hab jetzt ca. 12 Segler angesprochen. Wir stellen zur Zeit für die verschiedenen Bundesliga-Regatten unsere Teams zusammen – und treten mit sehr wechselnden Teams auch an, weil einfach unsere Segler alle auch in anderen Regatta-Wettbewerben unterwegs sind und nicht an jedem Wochenende Zeit haben."

    Die Bundesliga tritt in Konkurrenz mit den Hunderten Regatten in Dutzenden Bootsklassen, die jedes Jahr veranstaltet werden. Noch ist die Strahlkraft der neuen Serie nicht so groß, dass sich Segler allein darauf konzentrieren würden. Sie bleiben ihren angestammten Bootsklassen treu – hier gibt es mehr Rennen, mehr Ruhm, mehr Zusammenhalt. Für die Boote der Bundesliga-Regatta gilt das bisher nicht: Die J70-Boote werden zu dritt oder viert gesegelt, sind knapp sieben Meter lang, ziemlich schnell und – alle identisch. Sich durch besseres Material Vorteile zu verschaffen, ist also ausgeschlossen, allein das seglerische Können entscheidet.

    Für viele Sportler ist das eine reizvolle Vorstellung, dennoch bleiben einige prominente Vereine der Bundesliga fern – der Kieler Yacht-Club etwa oder der Hamburger Segel-Club. Organisator Benjamin Jeuthe ficht das nicht an:

    "Einige davon haben einfach ganz berechtigt auch sich da nicht so wiedergefunden, denke ich mal – aus welchen Gründen auch immer. Also, da sind wir auch sehr uneitel, weil: Die Leute, die jetzt […] mitmachen, die haben das auch vorangetrieben und sind davon überzeugt. Und wer das nicht ist, der ist nicht Feind, sondern den gilt es zu überzeugen. Und das wollen wir schaffen, indem wir eine gute Veranstaltungsserie abliefern."

    Jeuthe hofft, dass die fehlenden Großen dann ab der nächsten Saison dabei sind. Andere Clubs stehen jetzt schon in den Startlöchern, derzeit wird über einen Modus nachgedacht, wie sich die Neuen qualifizieren können. Benjamin Jeuthe wünscht sich daher, dass die Bundesliga in fünf Jahren.

    "...ein vollkommen akzeptiertes und sehr gut implementiertes System ist, sowohl auf regionaler Ebene als auch auf nationaler Ebene. Und dass es einen ganz klaren Qualifikationsweg gibt. Und dass es für alle Segler und Seglerinnen in Deutschland die klare Perspektive gibt, wenn ich in der Bundesliga segeln möchte, dann muss ich dies und jenes tun. Und dass das eine Zielvorstellung für einen jungen Segler ist, der sagt, ich möchte für meinen Club mal in der Bundesliga segeln: Dass das eine Zielvorstellung wird, das ist so ein kleiner Traum."

    Doch das ist noch Zukunftsmusik: Bisher hat Jeuthe noch keinen Sponsor an Land gezogen und auch eine angekündigte Website mit Live-Berichten von den Rennen ist noch nicht online. Selbst auf der Homepage des Deutschen Touring Yacht-Clubs in Tutzing, nächstes Wochenende Ausrichterin der ersten Regatta, wird die Bundesliga mit keinem Wort erwähnt. Für Vereine und Organisatoren bleibt noch viel zu tun – an Land und auf dem Wasser.