"Ich war auf Lesereise in Australien, und wir waren auf dem Weg zu einem Radio-Interview, draussen in einem Vorort. Meine Agentin bestellte ein Taxi, aber kein Taxi kam vorbei. Wir warteten und warteten, aber es kam einfach kein Taxi. Es war beinahe schon zu spät, für mein nächstes Interview, und meine Agentin benutzte immer verzweifelter ihr Handy: Wo ist das Taxi, wo ist das Taxi? Sie bekam immer nur die Antwort, das Taxi ist auf dem Weg und wird gleich bei hnen sein. Aber es kam kein Taxi. 45 Minuten standen wir an der Strassenecke im dichtesten Berufsverkehr. Plötzlich kommt ein Auto die Strasse hinaufgeschossen, bremst abrupt, und eine Frau springt heraus:" Sie sind Val Macdermit, stimmts?" Ich sagte: Ja. "Ooh, ich bin ein riesiger Fan ihrer Bücher. Ich liebe ihre Bücher. Ich habe Karten für ihre Lesung heute abend. Und als ich gerade so auf dem Weg nach Hause bin, seh ich diese zwei Damen an der Strasse stehen, die mir sofort ein wenig verloren vorkamen. Und als ich links abbiege, fällt mir siedendheiss ein, dass SIE das ja sind. Also kehrte ich sofort um." Was soll ich sagen: diese Frau nahm uns mit in die Stadt. Ich war völlig überrascht. Niemand in England hat mich je so erkannt, wenn ich dort an einer Ecke stand und gestrandet aussah."
Dabei sähe sie doch aus, wie eine Axtmörderin, lacht sie. Was natürlich nicht stimmt. Allerdings stimmt es auch nicht, dass sie unentwegt Bier tränke - es ist Mineralwasser, in Köln, - und vor allem ist Val McDermit eine charmante, warmherzige Lady. Ihr Mythos als kalte, unnahbare "Mannfrau" begründet sich wohl in ihrem schriftstellerischen Interesse an den Delikten seelisch kranker Männer, und deren dunklen und befremdenden Seiten der Sexualität. Ansonten ist der Mythos wohl eine Folge der Fotos...
"Eines der Probleme, wenn du ein Krimiautor bist, ist, dass die Fotografen vorbeikommen und eine Menge Filme aufnehmen, - und die Redakteure später schmeissen all die weg, auf denen du lächelst. Weil diese Frau schliesslich eine Krimiautor ist. Sie ist dazu bestimmt ernst und böse auszusehen, wie eine Axtmörderin. Dabei haben sie nur ein Foto gefunden, in 36 Filmrollen, wo du aussiehst, wie ein Axtmörder, aber das werden sie immer nehmen. Du gewöhnst dich daran so kriminell wie möglich zu schauen. Aber ich bin nicht wirklich eine kriminelle Person."
Vielmehr ist die stets grimmig fotografierte Dame ursprünglich eine grimmig-professionelle Journalistin. Erst 1991 wagte sie den Absprung aus dem festangestellten Reaktionalltag in die Unsicherheit des freiberuflichen Arbeitens. Von Beginn an schuf sie Figuren, die auch einen Teil ihres Lebens widerspigelten. Folglich war auch Lindsay Gordon, die Heldin von Val MacDermits ersten Romanen, sowohl Journalistin, als auch lesbisch. Ende der 80er Jahre gab es keine frauenliebende Heldin, weder im Krimi-Buch, noch im Film. Zudem stammt Lindsay aus der Arbeiterklasse. In den ersten Büchern hat Lindsay eine Beziehung zu einer reichen Frau aus gutem Haus, was sie in Gewissenkonflikte bringt. Diese Herkunft aus der Arbeiterklasse ist für Val MacDermit unverändert prägend. Auch wenn es ein wenig bizarr wirken mag, darüber in einem der teuersten Hotels zu sprechen.
"Das ist für mich sehr wichtig. Das ist das, womit ich aufgewachsen bin, das formt die Identität, die ich bin. Du kannst das Mädchen aus seiner Umgebung reissen, aber nicht die Umgebung aus dem Mädchen. Das Leben, das ich heute lebe, ist einzustufen als Mittelklasse-Lebensstil. Ich will das nicht verurteilen, es war hart genug dort hin zu kommen. Und unverändert glaube ich, daß jedermann die gleichen Rechte haben soll das haben, was ich habe, wenn er dafür arbeitet. Es klingt ein bischen altmodisch, alt- sozialdemokratisch, aber ich glaube sehr stark an diese Dinge. Wir alle verdienen ein anständiges Leben."
Das neue Buch von Val Macdermit ist genauso anständig, erwartungsgemäss, ein Krimi - allerdings einer ohne Blut. In einer frostigen Dezembernacht 1963 verschwindet aus dem nordenglischen Scardale - einem düsteren 20-Seelendorf, ein 13jähriges Mädchen, die Stieftochter des Grossgrundbesitzers. Der junge Polizeiinspektor stösst auf eine Mauer des Schweigens. Trotzdem wird ein Täter gefunden. Jahrzehnte später nun entschliesst sich eben dieser Polizeiinspektor seine Geschichte einer Journalistin zu erzählen. Kurz bevor deren Manuskript druckfertig geschrieben ist, bekommt der Inspektor telefonisch neue Informationen... Und die Journalistin, Catherin, rollt den Fall neu auf. MacDermit:
"Ich denke, nach meinem letzten Buch erwarteten die Leute irgendetwas blutiges, möglichst anschaulich dazu, aber ich glaube nicht, dass es notwendig ist, diese Gewaltspirale in Büchern weiter hoch zu schrauben. Nur um die Leser noch mehr zu schocken. Ich habe Gewalt immer nur zu sehr speziellen Zwecken benützt, in sehr ausgesuchten Zusammenhängen. Das Ziel war dabei den Leser abzuschrecken, und ihn auf seine Reaktionen aufmerksam zu machen. Genau so in diesem speziellen Buch: Dinge, die den Leser hocken, sind keine Angelegenheiten von körperlicher Gewalt. Da fliesst kein Blut, da gibt es keine ausführlichen Beschreibungen des Mordens, weil es nicht notwendig ist. Für einen Autor, also für mich als Autor, ist es wichtig sich zu entwickeln, sich zu ändern, zu wachsen, und verschiedene Techniken auszuprobieren, Effekte zu erzeugen. Es war immer meine Überzeugung: wenn es nur darum geht immer ekelhafter zu werden, - dann kommt da ein Punkt, wo der Leser sehr schnell unempfindlich wird und aufschreit: jaja, ich weiss, da ist ein weiterer zerstückelter Körper, und da noch einer, sexuell missbraucht, okay, aber was kommt als nächstes? Wenn ich also diese Form der Gewalt verwende, dann benutze ich sie sehr reduziert, immer darauf gerichtet, dass es den wünschenswerten Effekt haben möge, dass der Leser sich daran erinnert, um es zu verhindern. Und die Leser erinnern sich sehr lebhaft daran."
Dabei erhielt sie 1995 gerade für einen brutalen Serienkillerroman - "Das Lied der Sirenen" - den angesehenen "Gold Dagger Award" der britischen Krimikritiker. Dieser Preis bedeutete gleichzeitig den Durchbruch für sie als Autorin. Inzwischen sind ihre Bücher in 15 Ländern erhältlich, und werden von den besten Übersetzern umgearbeitet. Mit teilweise erstaunlichen Ergebnissen:
"In Frankreich habe ich vor einigen Jahren einen Preis gewonnen, und ich dachte, Französisch sei eine der drei europäischen Sprachen, die ich gut genug beherrsche, um ein Buch zu lesen. Ich dachte, ich les das Buch um dem Überstzer einige Komplimente zu machen, wenn wir uns treffen Also las ich die Übersetzung: Oh, hier fehlt eine Pointe. Meine besten Jokes. So ist es überall, wenn der Übersetzer einen Gag nicht versteht, dann lässt er ihn weg. Das ist unglaublich. Überall, wo ein Witz nicht zündet. Es ist blödsinnig, diesen Umstand auf nationale Unterschiede zu schieben, - aber es ist so. Unterschiedliche Nationalitäten verhalten sich ihrem mentalen Charakter entsprechend. Die Skandinavier beispielsweise sind sehr aufrichtig in ihren Übersetzungen. Sie schicken mir lange e-mails über kulture Unterschiede, über den Aufbau der schwarzen Bevölkerung undsoweiter. Die Japaner schicken mir lange Faxe über Redewendungen, meine deutschen Übersetzer wollen Auskünfte über soziale Fragen, was hier abgeht, was sich verändert hat. Ich denke, es ist ziemlich lustig, denn man bekommt dabei eine Einblick in nationale Befindlichkeiten."
Was sie dabei nie vergessen hat ist ihre anfängliche Erfolglosigkeit. Vermutlich rührt daher auch ihre heutige Lässigkeit und angenehme Zurückhaltung. Denn heute ist sie zwar ein Star in der Krimilandschaft und auf dem besten Weg "historisch" zu werden- aber das alles kam erst 1995. Jaja, über Nacht ein Star, wie man im Werbejargon zu sagen pflegt:
"Es dauerte eine lange Zeit, um jetzt ein Star über Nacht geworden zu sein. Wirklich. Aber für einen Autor ist das gar keine schlechte Sache. Erfolg bringt nur eine Menge an Druck mit sich. Der Verleger investiert eine Menge Geld in das Buch, also entsteht eine Menge Druck, dass es ein erfolgreiches Buch werden soll. Dann hast du eine hohe Erwartungshaltung deiner Leser. Sie erwarten, jedes Buch hat gefällgst besser zu sein als das vorhergehende. Man macht sich damit auch noch selber Druck. Man muss sich als Autor aber vorsichtig entwickeln, und man wird nicht mit jedem Buch besser. Ich glaube, der Trend augenblicklich geht dahin jungen Debütanten eine enorme Menge Geld zu geben, um damit einen Bestseller zu machen. Was natürlich sehr verlockend ist. Wenn ich von heute so zurückdenke: ich habe irgendwie acht, neun Romane veröffentlicht, ein journalistisches Buch, dabei eine gute Arbeitsdisziplin, ich wusste also, ich könnte soetwas jederzeit wieder stemmen - und ich hatte eine 'Backlist' zu verkaufen. Also, als mein letztes Buch erfolgreich war, kamen Leute in die Buchhandlungen und wollten andere Bücher, die ich geschrieben habe. Ja, in gewisser Weise hat es mich schon eine ziemlich lange Zeit gekostet dorthin zu kommen, wo ich jetzt bin. Ich bedaure das kein bischen, weil es für mich eine Gelegenheit war mein Handwerk zu lernen. Die Situation ist für mich deshalb weniger nervenaufreibend, als für jemanden, der seine erste Erzählung veröffentlicht und auf den dann hunderttausende Mark geschmissen werden, den jeder anglotzt, und jeder darauf hofft und wartet, dass er auf die Nase fällt. Es ist ziemlich kalt in dieser Position, und ich bin froh, dass soetwas nicht mit mir gemacht wurde. Früher wäre ich wohl selber erfreut gewesen, wenn jemand gesagt hätte: hier, nimm all das Geld. Aber wenn ich heute zurückblicke, dann danke ich dem Himmel, dass ich nicht über Nacht entdeckt wurde."
Dabei sähe sie doch aus, wie eine Axtmörderin, lacht sie. Was natürlich nicht stimmt. Allerdings stimmt es auch nicht, dass sie unentwegt Bier tränke - es ist Mineralwasser, in Köln, - und vor allem ist Val McDermit eine charmante, warmherzige Lady. Ihr Mythos als kalte, unnahbare "Mannfrau" begründet sich wohl in ihrem schriftstellerischen Interesse an den Delikten seelisch kranker Männer, und deren dunklen und befremdenden Seiten der Sexualität. Ansonten ist der Mythos wohl eine Folge der Fotos...
"Eines der Probleme, wenn du ein Krimiautor bist, ist, dass die Fotografen vorbeikommen und eine Menge Filme aufnehmen, - und die Redakteure später schmeissen all die weg, auf denen du lächelst. Weil diese Frau schliesslich eine Krimiautor ist. Sie ist dazu bestimmt ernst und böse auszusehen, wie eine Axtmörderin. Dabei haben sie nur ein Foto gefunden, in 36 Filmrollen, wo du aussiehst, wie ein Axtmörder, aber das werden sie immer nehmen. Du gewöhnst dich daran so kriminell wie möglich zu schauen. Aber ich bin nicht wirklich eine kriminelle Person."
Vielmehr ist die stets grimmig fotografierte Dame ursprünglich eine grimmig-professionelle Journalistin. Erst 1991 wagte sie den Absprung aus dem festangestellten Reaktionalltag in die Unsicherheit des freiberuflichen Arbeitens. Von Beginn an schuf sie Figuren, die auch einen Teil ihres Lebens widerspigelten. Folglich war auch Lindsay Gordon, die Heldin von Val MacDermits ersten Romanen, sowohl Journalistin, als auch lesbisch. Ende der 80er Jahre gab es keine frauenliebende Heldin, weder im Krimi-Buch, noch im Film. Zudem stammt Lindsay aus der Arbeiterklasse. In den ersten Büchern hat Lindsay eine Beziehung zu einer reichen Frau aus gutem Haus, was sie in Gewissenkonflikte bringt. Diese Herkunft aus der Arbeiterklasse ist für Val MacDermit unverändert prägend. Auch wenn es ein wenig bizarr wirken mag, darüber in einem der teuersten Hotels zu sprechen.
"Das ist für mich sehr wichtig. Das ist das, womit ich aufgewachsen bin, das formt die Identität, die ich bin. Du kannst das Mädchen aus seiner Umgebung reissen, aber nicht die Umgebung aus dem Mädchen. Das Leben, das ich heute lebe, ist einzustufen als Mittelklasse-Lebensstil. Ich will das nicht verurteilen, es war hart genug dort hin zu kommen. Und unverändert glaube ich, daß jedermann die gleichen Rechte haben soll das haben, was ich habe, wenn er dafür arbeitet. Es klingt ein bischen altmodisch, alt- sozialdemokratisch, aber ich glaube sehr stark an diese Dinge. Wir alle verdienen ein anständiges Leben."
Das neue Buch von Val Macdermit ist genauso anständig, erwartungsgemäss, ein Krimi - allerdings einer ohne Blut. In einer frostigen Dezembernacht 1963 verschwindet aus dem nordenglischen Scardale - einem düsteren 20-Seelendorf, ein 13jähriges Mädchen, die Stieftochter des Grossgrundbesitzers. Der junge Polizeiinspektor stösst auf eine Mauer des Schweigens. Trotzdem wird ein Täter gefunden. Jahrzehnte später nun entschliesst sich eben dieser Polizeiinspektor seine Geschichte einer Journalistin zu erzählen. Kurz bevor deren Manuskript druckfertig geschrieben ist, bekommt der Inspektor telefonisch neue Informationen... Und die Journalistin, Catherin, rollt den Fall neu auf. MacDermit:
"Ich denke, nach meinem letzten Buch erwarteten die Leute irgendetwas blutiges, möglichst anschaulich dazu, aber ich glaube nicht, dass es notwendig ist, diese Gewaltspirale in Büchern weiter hoch zu schrauben. Nur um die Leser noch mehr zu schocken. Ich habe Gewalt immer nur zu sehr speziellen Zwecken benützt, in sehr ausgesuchten Zusammenhängen. Das Ziel war dabei den Leser abzuschrecken, und ihn auf seine Reaktionen aufmerksam zu machen. Genau so in diesem speziellen Buch: Dinge, die den Leser hocken, sind keine Angelegenheiten von körperlicher Gewalt. Da fliesst kein Blut, da gibt es keine ausführlichen Beschreibungen des Mordens, weil es nicht notwendig ist. Für einen Autor, also für mich als Autor, ist es wichtig sich zu entwickeln, sich zu ändern, zu wachsen, und verschiedene Techniken auszuprobieren, Effekte zu erzeugen. Es war immer meine Überzeugung: wenn es nur darum geht immer ekelhafter zu werden, - dann kommt da ein Punkt, wo der Leser sehr schnell unempfindlich wird und aufschreit: jaja, ich weiss, da ist ein weiterer zerstückelter Körper, und da noch einer, sexuell missbraucht, okay, aber was kommt als nächstes? Wenn ich also diese Form der Gewalt verwende, dann benutze ich sie sehr reduziert, immer darauf gerichtet, dass es den wünschenswerten Effekt haben möge, dass der Leser sich daran erinnert, um es zu verhindern. Und die Leser erinnern sich sehr lebhaft daran."
Dabei erhielt sie 1995 gerade für einen brutalen Serienkillerroman - "Das Lied der Sirenen" - den angesehenen "Gold Dagger Award" der britischen Krimikritiker. Dieser Preis bedeutete gleichzeitig den Durchbruch für sie als Autorin. Inzwischen sind ihre Bücher in 15 Ländern erhältlich, und werden von den besten Übersetzern umgearbeitet. Mit teilweise erstaunlichen Ergebnissen:
"In Frankreich habe ich vor einigen Jahren einen Preis gewonnen, und ich dachte, Französisch sei eine der drei europäischen Sprachen, die ich gut genug beherrsche, um ein Buch zu lesen. Ich dachte, ich les das Buch um dem Überstzer einige Komplimente zu machen, wenn wir uns treffen Also las ich die Übersetzung: Oh, hier fehlt eine Pointe. Meine besten Jokes. So ist es überall, wenn der Übersetzer einen Gag nicht versteht, dann lässt er ihn weg. Das ist unglaublich. Überall, wo ein Witz nicht zündet. Es ist blödsinnig, diesen Umstand auf nationale Unterschiede zu schieben, - aber es ist so. Unterschiedliche Nationalitäten verhalten sich ihrem mentalen Charakter entsprechend. Die Skandinavier beispielsweise sind sehr aufrichtig in ihren Übersetzungen. Sie schicken mir lange e-mails über kulture Unterschiede, über den Aufbau der schwarzen Bevölkerung undsoweiter. Die Japaner schicken mir lange Faxe über Redewendungen, meine deutschen Übersetzer wollen Auskünfte über soziale Fragen, was hier abgeht, was sich verändert hat. Ich denke, es ist ziemlich lustig, denn man bekommt dabei eine Einblick in nationale Befindlichkeiten."
Was sie dabei nie vergessen hat ist ihre anfängliche Erfolglosigkeit. Vermutlich rührt daher auch ihre heutige Lässigkeit und angenehme Zurückhaltung. Denn heute ist sie zwar ein Star in der Krimilandschaft und auf dem besten Weg "historisch" zu werden- aber das alles kam erst 1995. Jaja, über Nacht ein Star, wie man im Werbejargon zu sagen pflegt:
"Es dauerte eine lange Zeit, um jetzt ein Star über Nacht geworden zu sein. Wirklich. Aber für einen Autor ist das gar keine schlechte Sache. Erfolg bringt nur eine Menge an Druck mit sich. Der Verleger investiert eine Menge Geld in das Buch, also entsteht eine Menge Druck, dass es ein erfolgreiches Buch werden soll. Dann hast du eine hohe Erwartungshaltung deiner Leser. Sie erwarten, jedes Buch hat gefällgst besser zu sein als das vorhergehende. Man macht sich damit auch noch selber Druck. Man muss sich als Autor aber vorsichtig entwickeln, und man wird nicht mit jedem Buch besser. Ich glaube, der Trend augenblicklich geht dahin jungen Debütanten eine enorme Menge Geld zu geben, um damit einen Bestseller zu machen. Was natürlich sehr verlockend ist. Wenn ich von heute so zurückdenke: ich habe irgendwie acht, neun Romane veröffentlicht, ein journalistisches Buch, dabei eine gute Arbeitsdisziplin, ich wusste also, ich könnte soetwas jederzeit wieder stemmen - und ich hatte eine 'Backlist' zu verkaufen. Also, als mein letztes Buch erfolgreich war, kamen Leute in die Buchhandlungen und wollten andere Bücher, die ich geschrieben habe. Ja, in gewisser Weise hat es mich schon eine ziemlich lange Zeit gekostet dorthin zu kommen, wo ich jetzt bin. Ich bedaure das kein bischen, weil es für mich eine Gelegenheit war mein Handwerk zu lernen. Die Situation ist für mich deshalb weniger nervenaufreibend, als für jemanden, der seine erste Erzählung veröffentlicht und auf den dann hunderttausende Mark geschmissen werden, den jeder anglotzt, und jeder darauf hofft und wartet, dass er auf die Nase fällt. Es ist ziemlich kalt in dieser Position, und ich bin froh, dass soetwas nicht mit mir gemacht wurde. Früher wäre ich wohl selber erfreut gewesen, wenn jemand gesagt hätte: hier, nimm all das Geld. Aber wenn ich heute zurückblicke, dann danke ich dem Himmel, dass ich nicht über Nacht entdeckt wurde."