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Ein OS ist nicht genug

"Power everywhere", so vollmundig titulierte in der vergangenen Woche der weltgrößte Computerkonzern IBM die Präsentation seiner neuen Prozessorlinie. Deren Name "Power-PC" steht indes nicht allein für "Kraft", sondern ist vielmehr ein Akronym für "Performance Optimization with Enhanced Risc" und darf durchaus sprichwörtlich genommen werden. Denn das Flaggschiff der Kraft-Chips soll gleich mehrere Betriebssysteme parallel bedienen.

Von Achim Killer |
    Power, das ist die Marketing trächtige Abkürzung für "Performance Optimization with enhanced RISC", oder etwas schlichter: IBMs hauseigener Prozessor, der in Workstations, Unternehmens-Servern und Supercomputern aus der Produktion des Konzerns taktet. Varianten davon werkeln in Apples Power-PC und in gängigen Spielekonsolen. Die neueste Power-Generation stellte IBM diese Woche in New York vor - den Power 5. Bemerkenswert daran: Er lässt sich partitionieren, also in logische Prozessoren aufteilen, und auf jedem dieser virtuellen Chips kann dann - gleichzeitig - ein anderes Betriebssystem laufen. Mit dem Unix-Derivat AIX, mit Linux und dem proprietären Betriebssystem OS/400 hat IBM das in New York erstmalig öffentlich demonstriert. An derartigem arbeitet Intel indes noch. Trotzdem geht es in der Branche natürlich darum, welche Prozessor-Hersteller jenseits von Intel noch im Geschäft bleiben können. IBM möchte das dadurch erreichen, dass das eigene Prozessordesign anderen Unternehmen zugänglich gemacht wird. So können Entwickler dann auf "Power"-Basis Chips entwickeln, die ihren speziellen Bedürfnissen entsprechen. Wie das geht, hat IBM selbst vorgemacht: "Deep Blue", der Schachcomputer, der vor einigen Jahren Gari Kasparov spektakulär geschlagen hat, und "Blue Gene", der Supercomputer, der einmal die Struktur der menschlichen Proteine berechnen soll, arbeiten mit angepassten Power-Chips. William Pulleyblank ist bei IBM für das Supercomputer-Projekt zuständig:

    Blue Gene ist ein gutes Beispiel dafür. Wir benötigten Chips einer bestimmen Charakteristik, die wir dadurch erhalten haben, dass wir die Power-Architektur neuartig implementiert haben.

    Entscheidend für IBM wird allerdings sein, inwieweit die vielen Chips, die entwickelt werden sollen, dann tatsächlich quasi eine Familie bilden, also ob auf allen die selben Programme laufen. Nur dann kann Power ein Gegengewicht zu Intel bilden. Für William Pulleyblank steht das außer Frage:

    Es geht darum, dass die meisten Zusatzfunktionen im Rahmen derselben Architektur hinzugefügt werden. Die Details der Implementierung können sich ändern. Wichtig aber ist, dass der Befehlssatz gleich bleibt, so dass alle Chips den gleichen Code verarbeiten können.

    Und noch eine Möglichkeit, Power-Prozessoren den eigenen Bedürfnissen anzupassen, will IBM in absehbarer Zeit offerieren. "Morphing Chips" nennt der Cheftechnologe des Konzerns, Berhard Meyerson, das: elektrische Verbindungen auf dem Bauelement werden durch den Anwender gezielt und Software gesteuert unterbrochen. Man kann sich das vorstellen, als würde eine Leitung durchbrennen.

    Um das klarzustellen, ich habe jahrelang ausschließlich daran gearbeitet, derartiges zu verhindern. Aber wenn man verstanden hat, wie es geht, dann kann man auch Bereiche auf dem Chip anlegen, in denen man systematisch und kontrollierbar die Metallisierung verändern und dadurch diesen Bereich abkoppeln kann.

    Keine der in der Branche so beliebten Visionen sei das, so Bernhard Meyerson, sondern eine existierende Technologie, die IBM bereits intern nutzt.

    Wir haben die Technik, um Chips nachträglich physikalisch zu verändern, bereits entwickelt. Wir setzen sie bei einigen Tricks ein, um unsere Systeme anzupassen.