Montag, 20. Mai 2024

Archiv


Ein Paar - zwei Karrieren

Bei rund 40 Prozent der jüngeren Paare machen laut einer Studie der Universität Dortmund beide Karriere. Trotzdem ist Deutschland in Sachen Doppelkarriere Entwicklungsland. Vor allem die Hochschulen tun sich schwer, wenn Forscher im Doppelpack kommen. Gerade Wissenschaftler müssen zu Beginn ihrer Karriere häufig den Beschäfitgungsort wechseln. Hilfe bei der Suche nach einer geeigneten Stelle auch für den Partner gibt es bisher selten - das Thema gilt im allgemeinen als Privatsache. Doppelkarrierepaare sind also auf ständiger Gratwanderung.

Von Andrea Lueg | 17.07.2004
    Mein Mann ist Professor in der Mineralogie in Kiel, ich bin Professorin in der Mineralogie in Heidelberg und wir pendeln.

    Ein Privatleben auf einige hundert Kilometer Distanz wie bei Dominique Lattard und ihrem Mann ist bei deutschen Wissenschaftlerpaaren gar nicht mal ungewöhnlich. Ein Forscher kommt heutzutage selten allein, schliesslich lernen sich Paare oft an der Uni kennen und haben daher sogar häufig das gleiche Fach studiert. Dass beide Partner aber später auch beruflich an einer Hochschule unterkommen, ist selten. Für Dominique Lattard bedeutet das nicht nur viel hin-und-her-Fahrerei.

    Wir haben keine Kinder, es wäre einfach nicht möglich gewesen, da mußten wir irgendwann einmal die Entscheidung treffen und stellten fest, das geht hier in Deutschland nicht. Und jetzt organisieren wir das so, dass wir jeweils ein Wochenende in Kiel und ein Wochenende in Heidelberg verbringen.

    Ein Paar, in dem beide Karriere machen, das war, als Dominique Lattard und Ihr Mann vor etwa zwanzig Jahren ihre beruflichen Laufbahnen angingen, für das Umfeld noch kaum vorstellbar.

    Nachdem mein Mann in Kiel seine Professur bekommen hat, da war die Reaktion des ganzen wissenschaftlichen Umfeldes, der Kollegen, jetzt könnte ich doch aufhören, jetzt hätte ich doch ausgesorgt und das war für mich aber undenkbar.

    Dominique Lattard machte Karriere, aber an dieselbe Hochschule wie ihr Mann kam sie nie. An deutschen Hochschulen gibt es wie im gesamten öffentlichen Dienst so genannte Anti-Nepotismus Regelungen, die Vetternwirtschaft verhindern sollen und die Einstellung von Partnern an der gleichen Uni schwer machen. Es gibt, anders als etwa in den USA, keine offiziellen Regeln für den Umgang mit Doppelkarrierepaaren, lediglich inoffizielle Lösungen, die wiederum die Planung für die Betroffenen ausgesprochen erschweren. Und: Nur die Begehrten können überhaupt in den Berufungsverfahren verhandeln. Geht es zum Beispiel "nur” um eine C3 Professur, dann hat man mit Sonderwünschen für den Partner praktisch keine Chance.

    Wenn man natürlich eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, dann ist alles viel einfacher, dann wird man persönliche Lösungen finden, es gibt aber wenig allgemein vorgesehene Lösungen.

    Immerhin haben Dominique Lattard und ihr Mann beide feste Stellen. Für Daniela Bailer Jones und ihren Mann Coryn noch ein weit entfernter Traum. Die Philosophin und Physikerin hat ihren Mann, einen Engländer, in der Promotionsphase in Cambridge kennengelernt. Seitdem versuchen die beiden Karriere zu machen. Nach einer gemeinsamen Zeit in den USA sind sie jetzt wieder in Deutschland, Daniela Bailer Jones in Bonn, ihr Mann am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg.

    Ein N gewisser Kompromiss ist immer dabei, und da versuchen wir uns natürlich abzuwechseln, um es für beide möglichst erträglich zu machen. Das Wort "Kompromiss" gilt natürlich in zwei Hinsichten: Also einmal, dass man nicht immer die tollste, attraktivste Stelle annimmt, aber Kompromiss auch in sofern, dass man die optimale Situation, dass man beide am gleichen Ort lebt eben nicht unbedingt erreichen kann.

    Obwohl Daniela Bailer Jones seit zwei Jahren aufgrund einer Erkrankung beinamputiert ist, findet sie die Pendelei gar nicht mal den schlimmsten Aspekt an der Doppelkarriere. Die Unsicherheit insgesamt macht den beiden Wissenschafltern, die inzwischen Anfang und Mitte dreissig sind, viel mehr zu schaffen.

    Also erstens mal hat man Stellen auf Zeit, also auch überhaupt ob es karrieremäßig weitergeht, wird immer weniger klar. Und dann natürlich: Für zwei verschärft sich das Problem, aber pragmatisch gesehen ist natürlich auch wichtig, dass man wenigstens eine Stelle hat.

    Beide haben sich schon um Professuren beworben. Sie müssen auch überlegen, ob sie den Absprung in die USA versuchen, wenn sich hier keine Perspektive für sie auftut. Im nächsten Jahr kommt der kleine Sohn der beiden in die Schule, dann wird ein gemeinsamer Wohnort noch einmal dringlicher. Und davon abgesehen:

    Ich denke, es ist auch eine Frage des Alters, einfach das man sieht, jetzt wärs dann irgendwann Zeit erwachsen zu werden, einfach in einer Position zu sein, irgendwie ein klarer Beruf, was dann auch den Charakter des Nützlichen hat.