Archiv


Ein Pferd und eine Säge?

Die Bewirtschaftung mit zum Teil über vierzig Tonnen schweren Forstmaschinen kann ein gewichtiger Grund sein für das verbreitet beobachtete Eichensterben in den Wäldern. Diese These vertreten Forstwissenschaftler auf der , einem internationalen Treffen von Bodenkundlern an der Uni Freiburg. Grund ist die durch die Maschinen verursachte Verdichtung des Bodens.

Von Günter Jentsch |
    Thorsten Gaertig, Forstexperte an der Fachhochschule in Göttingen spricht darüber, was passiert, wenn schwere Maschinen den Boden befahren:

    Der Boden ist ja nicht nur Dreck sondern ein strukturiertes Medium. Wir haben viele Poren, Kanäle in dem Boden drin. Wenn Landmaschinen über diesen Boden drüber fahren, werden diese Kanäle zerstört, dass Sauerstoff aus der Atmosphäre nicht mehr an die Wurzeln kann und diese in Atemnot kommen und diese dann nicht mehr wachsen können, also leben können, wie es eigentlich sein müsste.

    Eine neue Studie scheint diese Theorie zu untermauern. Freiburger Wissenschaftler haben die Gasdurchlässigkeit in vierzig Eichenwäldern gemessen, in denen die Baumbestände unterschiedlich stark erkrankt waren. Das Ergebnis: In Eichenwäldern, in denen die Durchlüftung des Bodens gut funktioniert, haben die Bäume die doppelte Menge der so genannten Feinwurzeln, also die Wurzeln, welche maßgeblich am Stoffwechsel beteiligt sind, als in Wäldern mit besonders schlecht durchlüfteten Böden. Zudem konnten sie zeigen, dass Wälder mit einem hohen Anteil kranker Bäume auf Böden stehen, bei denen der Gasaustausch gestört ist. Bis zu achtzig Prozent der Eichenbestände, so Gaertig, sind heute von Forstmaschinen befahren. Kann also alles in allem die maschinelle Forstbewirtschaftung für das seit geraumer Zeit beobachtete Waldsterben mitverantwortlich gemacht werden? Thorsten Gaertig:

    Waldsterben hat sehr viele Faktoren. Wir wissen jetzt, dass Bodenverdichtungen sehr kritisch zu beurteilen sind in Hinblick auf die Wurzeln. Wenn sie heute Bäume haben, die schlecht durchwurzelt sind und haben zusätzliche Störfaktoren: Sei es der saure Regen, sei es mal Insektenfraß. Diese Bäume reagieren besonders sensitiv auf neue Faktoren, so dass eine Widerstandskraft, die vorher da ist, nicht mehr da ist und die geht verloren durch solche Verdichtungen.

    Durch die Verdichtungen wird nicht nur der Gasaustausch lahm gelegt, es wird auch den im Boden lebenden Tieren der Lebensraum entzogen. Ein Beispiel ist der für den Waldboden wichtige Regenwurm. Er stellt eigentlich sicher, dass der Boden seine Poren, also seine Atmungsorgane behält. Immerhin fünf Tonnen Erdreich pro Hektar Wald und Jahr transportieren diese Tiere nach oben. Damit wirken sie natürlichen Bodenverdichtungen entgegen, wie sie zum Beispiel durch Regen entstehen. Ein Gleichgewicht, das durch den Einsatz der Forstmaschinen gestört wird.

    Ein Regenwurm dringt mit seinem Kopf ein, presst dann mit seiner Muskelmasse den Boden auseinander. Das hat irgendwo einen kritischen Widerstand, das kennen Sie selber, wenn sie irgendwo mit dem Finger in den Boden eindringen wollen. Sie drücken in gut strukturierten Boden, Sie kommen rein. Sobald es dichter wird, reicht Ihre Kraft nicht mehr aus. Der Boden bietet einen Widerstand, den er nicht mehr durchdringen kann.

    Eine nach wirtschaftlichen Kriterien benötigt die technischen Einrichtungen: Sieht Gaertig einen Ausweg aus dem Dilemma?

    Der Maschineneinsatz ist heute notwendig, weil wir mit der Hand heute nicht mehr arbeiten können, die Kosten sind einfach zu hoch. Das heißt es muss ein Netz geschafft werden, ein Netz, das ich im Wald anlege, das den Maschinen zur Verfügung steht, auf dem sie dauerhaft und immer fahren, das heißt es muss der restliche Boden unangetastet sein. Es darf nicht sein, dass eine einzige Maschine in den Bestand fährt und auch nur eine einzige Fahrspur da rein bringt. Das wichtigste ist, eine Gasse anlegen und immer darauf bleiben.

    Das heißt also nur noch wenige Wege nutzen, die sowieso schon kaputt sind. Damit sich der restliche Boden wieder besser regenerieren kann sollten auch die Regenwürmer nicht vergessen werden. Für sie ist es wichtig, vor allem im Umfeld der geschädigten Flächen passende Lebensbedingungen zu schaffen.