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Ein Professor zum Mieten

Die Universität Jena ist eine von mehreren Hochschulen in Deutschland, die unter dem Titel "Rent a Prof" anbietet, ihre Professoren an Schulen zu schicken. Dort sollen sie interessante Vorträge halten und so bei den Schülern das Interesse für das Studium wecken.

Von Solveig Grahl |
    Halb zehn am Morgen in der Aula des Pestalozzi-Gymnasiums Stadtroda. Rund 50 Schüler aus der zehnten, elften und zwölften Klasse rutschen auf ihren Stühlen hin und her und warten darauf, dass ihr "Mietprofessor" loslegt. Die Schule hat sich Kai-Uwe Totsche ausgeliehen. Er ist Professor für Hydrogeologie an der Universität Jena und zugleich Direktor des Instituts für Geowissenschaften:

    "Mein Problem ist natürlich, dass ich normalerweise vor Studierenden rede. Es kann sein, dass ich Sie ab und zu mal überfordere, Sie sind aber herzlich eingeladen, Fragen zu stellen, wenn was unklar ist."

    Kai-Uwe Totsche will über den Boden sprechen, die "dünne Haut der Erde", wie er seine Vorlesung genannt hat. Ein faszinierender Kosmos sei das, schwärmt der Universitätsprofessor, und seine dunklen Augen blitzen. Ein Kosmos voller Vielfalt und verborgener Schönheit:

    "Was denken Sie. Wie viele Organismen haben Sie da drin? Schätzen Sie mal. Eine Handvoll Boden, 50 Gramm? Hm? Eine Million haben wir da! Eine Million Regenwürmer in einer Handvoll Boden?! Acht Milliarden? Supergut! Es sind zwischen einer und zehn Milliarden unterschiedlicher Organismen. Das muss man sich mal vorstellen. So viel unterschiedliche Lebewesen. Handvoll Boden!"

    Die Schüler lauschen gespannt dem Professor, schauen auf die Folien der Powerpoint-Präsentation an der Wand, manche machen sich Notizen. Kai-Uwe Totsche spricht über die Entstehung von Böden, ihre Zusammensetzung, ihre Bedeutung für ein funktionierendes Ökosystem – immer möglichst so, dass die 15- bis 18-jährigen ihn verstehen:

    "Wer von Ihnen hat schon mal einen Staubsaugerbeutel gewechselt? Warum? Weil er voll war! Wären im Staubsaugerbeutel eine Vielzahl von Mikroorganismen, die all das, was sie einsaugen, abbauen können in CO2 und H2O umwandeln würden, dann bräuchten Sie die Filtertüte nicht zu wechseln. Wenn also ein Boden nur die mechanische Filterfunktion hätte, dann wäre der dicht. Also muss der Boden noch was anderes tun. Und dieses andere, das ist die Transformation. Das tut er, weil er lebt. Ihr Staubsaugerbeutel lebt auch irgendwann mal, aber – wie auch immer."

    Die Schüler haben sichtlich Spaß an ihrer ersten Vorlesung, wenn es auch recht anders ist als im Unterricht, sagen Luise und Christoph, die beide im kommenden Jahr ihr Abitur machen:

    "Viel mehr Details, als man so im Unterricht mitbekommt, andere Aspekte, die man sonst nicht so beleuchten kann, weil die Zeit einfach fehlt.
    Man hat auch mal einen Einblick bekommen, wie es an der Uni abläuft. Man konnte eben viel mitbekommen und viele neue Sachen kennenlernen. Zum Beispiel, dass die Hälfte von dem Boden eben Luft ist, oder dass sich da Wasser drin befindet. Das sind interessante Informationen, die man im Unterricht manchmal nicht bekommt."

    Auch andere Geowissenschaftler der Uni Jena lassen sich kostenlos mieten. Sie sprechen über die Entstehung von Vulkanen, Ursachen von Erdbeben oder den globalen Klimawandel. Und auch an anderen Hochschulen gibt es das Rent-a-Prof-Programm, so zum Beispiel an der Universität Münster oder der Technischen Universität Berlin. Kai-Uwe Totsche will die Schüler mit seiner Vorlesung sensibilisieren für die Bedeutung der Böden und ihre Empfindlichkeit. Und er will sie natürlich auch neugierig machen auf die Universität:

    "Geowissenschaften sind auch ein hochinteressantes Studienfach. Geowissenschaften sollten viel stärker in der Gesellschaft verankert sein. Also es ist schon Werbung auch für den Fachbereich."

    Nach knapp zwei Stunden Vorlesung gehen die Schüler wieder in ihre Klassen zurück – mit einem ersten Eindruck, wie es an der Universität abläuft. Und vielleicht denkt der eine oder andere wirklich darüber nach, sich nach der Schule am Institut für Geowissenschaften einzuschreiben.