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Ein Riesenflieger entsteht

Technik. - Sie wird das größte Verkehrsflugzeug der Welt sein - die A380 von Airbus. Auf zwei Stockwerken sollen 555 Passagiere Platz finden, das ist ein Drittel mehr als in einem Jumbojet. Anfang nächsten Jahres soll die A380 zu ihrem Jungfernflug starten. Am Freitag begann mit einem Festakt im französischen Toulouse die Endmontage des Riesenfliegers.

Von Frank Grotelüschen |
    Moderner Flugzeugbau - das bedeutet vor allem: Gewicht sparen, wo es nur geht. Denn jeder Zentner, den ein Flieger mehr wiegt, kostet Kerosin - und damit Geld. Also haben die A380-Ingenieure getüftelt und gerechnet, simuliert und getestet, um ihren doppelstöckigen und mehr als 70 Meter langen Supervogel so leicht wie möglich zu machen. Charles Champion, Vizechef des A380-Programms :

    Das Flugzeug sieht zwar konventionell aus. Aber wenn man genau hinschaut, findet man jede Menge neuer Materialien. Zum Beispiel extrem leichte Kohlefaser-Verbundwerkstoffe oder besondere Kunststoffe, die wir erstmals in Bereichen einsetzen, in denen sonst Metall dominiert hat.

    Als erstes Airbus-Flugzeug überhaupt bekommt die A380 einen Flügelmittelkasten nicht aus Aluminium, sondern aus Kohlefaser. Gewichtsersparnis: rund eineinhalb Tonnen. Auch Bauteile wie Leitwerkkasten, Ruder und Höhenflosse sind aus Kohlefaser. Neu in einem Passagierflugzeug ist GLARE: So heißt ein Laminat, eine Sandwichstruktur aus Aluminium und einem glasfaserverstärkten Kleber. Die obere Rumpfschale der A380 wird aus GLARE bestehen. Sie ist etwa zehn Prozent leichter als ein Aluminiumrumpf. Das spart 800 Kilogramm Gewicht. Alles in allem bestehen etwa 40 Prozent des Riesenjets aus modernen Verbundwerkstoffen und superleichten Metallwerkstoffen.

    Und noch etwas macht den Flieger schlank: eine Hydraulikanlage, die mit einen höheren Druck arbeitet als sonst. Bislang sind solche Hochdruckaggregate nur in Militärjets eingebaut. Der größere Druck hat zur Folge, dass man kleinere Rohrleitungen verwenden kann. Resultat: eine Tonne Gewichtsersparnis. Unterm Strich bringt die A380 etwa 240 Tonnen auf die Waage - immerhin 15 Tonnen weniger als ein gleich großes Flugzeug, das man auf der Basis der Jumbo-Jet-Technologie bauen würde.

    Und: 13 Prozent sparsamer als eine Boeing 747 soll der Riesenairbus sein, sagen seine Konstrukteure. Pro Passagier und 100 Kilometern soll die A380 weniger als drei Liter Treibstoff verbrauchen, nicht mehr als ein mit 2 Personen besetzter Kleinwagen. Doch bevor die A380 Anfang nächsten Jahres zu ihrem Jungfernflug startet, müssen die Ingenieure noch einiges erledigen. Champion:

    Wir werden die A380 ausgiebig testen. Gerade bei diesem riesigen Flugzeug wollen wir natürlich garantieren, dass es absolut sicher fliegt. Zwei Maschinen, die wir bauen, werden gar nicht fliegen, sondern in Versuchsständen auf ihre Statik überprüft: Die Tragflächen werden gebogen, der Rumpf wird bis an die Grenzen belastet, und so weiter und so fort. Dazu wird auch die allererste Maschine dienen, die Sie heute in unserer Montagehalle sehen.

    Stichwort Montage: Sie ist - wie bei Airbus üblich - ein europäisches Unterfangen. In Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Spanien werden Einzelteile vorgefertigt; endmontiert wird in Toulouse und in Hamburg. Der Transport der Teile, etwa der Rumpfsegmente und der Flügel, läuft aber nicht mehr wie bei den kleineren Airbus-Modellen per Frachtflugzeug, sondern mit Spezialschiffen auf dem Seeweg und mit Sattelschleppern auf der Straße. Die ersten Passagiere sollen in zwei Jahren mit der A380 reisen. Theoretisch haben mehr als 800 Fluggäste Platz, die Reichweite liegt bei knapp 15.000 Kilometern. Später soll eine Frachtversion folgen, sowie Varianten mit verlängertem und verkürztem Rumpf.