Um die Weihnachtszeit des Jahres 1907 kam Rosi Frölich-Wolfstein in Kontakt mit der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung. Sie war 20 Jahre alt und arbeitete als Bürofachkraft in einem kleinen Betrieb in Hagen. Eines Tages betrat sie das örtliche Parteibüro der SPD und fragte,
"ob ich die Sozialdemokratie (...) unterstützen könnte, und ob ich der Partei beitreten könnte. Und da sagte mir der Sekretär (...), er sagte: 'Unterstützen können Sie die Partei schon, aber beitreten können Sie nicht, denn die Frauen können sich nicht politisch organisieren. (Lachen beim Publikum im Hintergrund.) Das, das ist das Gesetz.'"
Damals war es den Frauen in Preußen verboten, politischen Vereinen beizutreten. Nicht einmal die Versammlungen und Sitzungen durften sie besuchen. So bestimmte es das preußische Vereinsgesetz aus dem Jahre 1850, das die meisten deutschen Staaten weitgehend übernommen hatten.
Zwar hatte die Märzrevolution in Deutschland 1848 den Frauen schon einmal das Vereins- und Versammlungsrecht gebracht. Doch mit der Niederlage der demokratischen Bewegung fielen diese Errungenschaften wenig später der sogenannten Reaktion zum Opfer.
Erst 1902 erlaubte das preußische Abgeordnetenhaus den Frauen wenigstens, an politischen Versammlungen teilzunehmen. Allerdings mussten sie sich im Versammlungsraum in ein sogenanntes Segment begeben, was von der fortschrittlichen Presse im In- und Ausland höhnisch kommentiert wurde. Das Segment war ein mit einer Kordel abgetrennter Bereich. Nur dort durften die Frauen sich aufhalten, erklärt Kerstin Wolff vom Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel:
"Allerdings hatten sie in diesem Segment kein Rederecht, und sie durften auch mit keinerlei Gemütsäußerung kundtun, was sie von dem politischen Gegenstand hielten, der nun gerade in der Versammlung debattiert wurde."
Erst am 15. Mai 1908 hob ein neues Gesetz, das sogenannte Reichsvereinsgesetz, diese Verbote für Frauen auf. Nun endlich konnten sie in ganz Deutschland politischen Vereinen oder Parteien beitreten und auch das Wort ergreifen, erinnerte sich viele Jahre später Rosi Frölich-Wolfstein:
"Denn die Überzeugung, dass die Frauen sich auch politisch organisieren dürfen, hat doch weitere Kreise auch erfasst, und es ist eine genügende Mehrheit im Reichstag da, um ein neues Vereinsgesetz zu schaffen, das den Frauen (...) das Recht gibt, sich zu vereinigen."
Rosi Frölich-Wolfstein nutzte diese Möglichkeit und schloss sich sofort der Sozialdemokratischen Partei an. Erst der engagierte Kampf der Frauenbewegung hatte die politische Mehrheit für das neue Vereinsgesetz in ganz Deutschland auf den Weg gebracht. Seit 1895 hatten sich bürgerliche und proletarische Frauen immer wieder in dieser Sache engagiert, etwa Minna Cauer, Anita Augspurg, Hedwig Dohm, Helene Lange, Marie Juchacz oder Clara Zetkin.
In den Zeitschriften der Frauenbewegung prangerten sie in Leitartikeln, Aufsätzen und Kommentaren beharrlich die Diskriminierung von Frauen an. Und um 1900 setzten sich bürgerliche und proletarische Frauen in Petitionen an den Reichstag sogar gemeinsam dafür ein, die den Frauen auferlegten Verbote abzuschaffen. Zwar gab das neue Vereinsgesetz den Frauen nun endlich das Recht, sich politischen Parteien anzuschließen, doch wählen durften sie in Deutschland bis 1918 noch immer nicht.
"Eigentlich eine sehr groteske Situation: Sie dürfen in etwas Mitglied werden, was sie selber aber nicht bestimmen können, da sie weder das aktive noch passive Wahlrecht haben,"
sagt die Historikerin Kerstin Wolff. Dennoch markiert das Reichsvereinsgesetz von 1908 einen sehr wichtigen Schritt im Kampf um die Gleichberechtigung der Frau in Deutschland:
"Auch wenn es am Anfang schwierig scheint, zu verstehen, was das Spezifische und das Besondere 1908 war: Aber 1908 war der Beginn der staatsbürgerlichen Gleichberechtigung der Frau, weil zum ersten Mal diese Trennung aufgehoben wurde, die besagt, nur der Mann kann oder soll sich mit politischen Themen beschäftigen. Das ist 1908 tatsächlich aufgehoben worden. Und damit ist anerkannt worden, dass die Frau ein politisches Wesen wie der Mann ist, die genauso wie er mitbestimmen möchte, was in dieser Gesellschaft passiert."
"ob ich die Sozialdemokratie (...) unterstützen könnte, und ob ich der Partei beitreten könnte. Und da sagte mir der Sekretär (...), er sagte: 'Unterstützen können Sie die Partei schon, aber beitreten können Sie nicht, denn die Frauen können sich nicht politisch organisieren. (Lachen beim Publikum im Hintergrund.) Das, das ist das Gesetz.'"
Damals war es den Frauen in Preußen verboten, politischen Vereinen beizutreten. Nicht einmal die Versammlungen und Sitzungen durften sie besuchen. So bestimmte es das preußische Vereinsgesetz aus dem Jahre 1850, das die meisten deutschen Staaten weitgehend übernommen hatten.
Zwar hatte die Märzrevolution in Deutschland 1848 den Frauen schon einmal das Vereins- und Versammlungsrecht gebracht. Doch mit der Niederlage der demokratischen Bewegung fielen diese Errungenschaften wenig später der sogenannten Reaktion zum Opfer.
Erst 1902 erlaubte das preußische Abgeordnetenhaus den Frauen wenigstens, an politischen Versammlungen teilzunehmen. Allerdings mussten sie sich im Versammlungsraum in ein sogenanntes Segment begeben, was von der fortschrittlichen Presse im In- und Ausland höhnisch kommentiert wurde. Das Segment war ein mit einer Kordel abgetrennter Bereich. Nur dort durften die Frauen sich aufhalten, erklärt Kerstin Wolff vom Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel:
"Allerdings hatten sie in diesem Segment kein Rederecht, und sie durften auch mit keinerlei Gemütsäußerung kundtun, was sie von dem politischen Gegenstand hielten, der nun gerade in der Versammlung debattiert wurde."
Erst am 15. Mai 1908 hob ein neues Gesetz, das sogenannte Reichsvereinsgesetz, diese Verbote für Frauen auf. Nun endlich konnten sie in ganz Deutschland politischen Vereinen oder Parteien beitreten und auch das Wort ergreifen, erinnerte sich viele Jahre später Rosi Frölich-Wolfstein:
"Denn die Überzeugung, dass die Frauen sich auch politisch organisieren dürfen, hat doch weitere Kreise auch erfasst, und es ist eine genügende Mehrheit im Reichstag da, um ein neues Vereinsgesetz zu schaffen, das den Frauen (...) das Recht gibt, sich zu vereinigen."
Rosi Frölich-Wolfstein nutzte diese Möglichkeit und schloss sich sofort der Sozialdemokratischen Partei an. Erst der engagierte Kampf der Frauenbewegung hatte die politische Mehrheit für das neue Vereinsgesetz in ganz Deutschland auf den Weg gebracht. Seit 1895 hatten sich bürgerliche und proletarische Frauen immer wieder in dieser Sache engagiert, etwa Minna Cauer, Anita Augspurg, Hedwig Dohm, Helene Lange, Marie Juchacz oder Clara Zetkin.
In den Zeitschriften der Frauenbewegung prangerten sie in Leitartikeln, Aufsätzen und Kommentaren beharrlich die Diskriminierung von Frauen an. Und um 1900 setzten sich bürgerliche und proletarische Frauen in Petitionen an den Reichstag sogar gemeinsam dafür ein, die den Frauen auferlegten Verbote abzuschaffen. Zwar gab das neue Vereinsgesetz den Frauen nun endlich das Recht, sich politischen Parteien anzuschließen, doch wählen durften sie in Deutschland bis 1918 noch immer nicht.
"Eigentlich eine sehr groteske Situation: Sie dürfen in etwas Mitglied werden, was sie selber aber nicht bestimmen können, da sie weder das aktive noch passive Wahlrecht haben,"
sagt die Historikerin Kerstin Wolff. Dennoch markiert das Reichsvereinsgesetz von 1908 einen sehr wichtigen Schritt im Kampf um die Gleichberechtigung der Frau in Deutschland:
"Auch wenn es am Anfang schwierig scheint, zu verstehen, was das Spezifische und das Besondere 1908 war: Aber 1908 war der Beginn der staatsbürgerlichen Gleichberechtigung der Frau, weil zum ersten Mal diese Trennung aufgehoben wurde, die besagt, nur der Mann kann oder soll sich mit politischen Themen beschäftigen. Das ist 1908 tatsächlich aufgehoben worden. Und damit ist anerkannt worden, dass die Frau ein politisches Wesen wie der Mann ist, die genauso wie er mitbestimmen möchte, was in dieser Gesellschaft passiert."