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Ein Schüler an der Universität Bremen

Malte Ahrens ist ein Frühstudent, das heißt er hat schon als 16-Jähriger begonnen, an der Uni Bremen Mathematik zu studieren. Christina Selzer hat den Jungstudenten an die Hochschule begleitet.

Von Christina Selzer | 28.06.2008
    "Wenn ich in die Vorlesung gehe, dann wissen viele das nicht, dass ich Frühstudent bin, da falle ich nicht so groß auf. "

    Malte Ahrens fällt in der Tat nicht auf. Der 18-Jährige wirkt zwar jung, weil er nicht besonders groß ist. Aber mit seinem blauen Kapuzenpulli sieht er eben aus wie ein ganz normaler Jugendlicher. Jeden Dienstag ist er an der Uni: drei Vorlesungen hintereinander. Das geht zurzeit nicht anders. Da er nächstes Jahr sein Abitur macht, darf er im Moment im Unterricht nicht fehlen. Deshalb hat er alle Uni-Seminare auf einen Tag gepackt. Ein bisschen schade, findet Malte.

    "Die Semester davor war ich zwei Tage an der Uni, da kriegt man mehr vom Unileben mit. Am Anfang war es so, man hat mit den Studenten gegessen, ich bin mit denen Shoppen gegangen, mehr ringsherum."

    Malte ist nicht neu an der Uni. Schon als 16-Jähriger begann er Mathematik zu studieren, drei Semester. Mittlerweile ist er im vierten Semester und studiert Betriebswirtschaftslehre. In der Schule, dem Max-Planck-Gymnasium in Delmenhorst, übersprang er die 6. Klasse, weil er sich in Mathe furchtbar langweilte. Ein Wunderkind?

    "Mir gefällt das Wort Wunderkind nicht. Hochbegabt gefällt mir besser, jeder kann ja was am besten, der eine kann gut lesen, de andere ist gut Mathe."

    Sagt Malte bescheiden. Er weiß eben, was er kann, und es macht ihm Spaß.

    "Theorie der Unternehmungen" lautet die heutige Vorlesung. Eine Massenveranstaltung: Zirka 150 Studentinnen und Studenten sitzen in dem großen Hörsaal. Professor Freiling steht am Pult, er benutzt ein Mikrofon, und schreibt einige Fachbegriffe an die Tafel: Unternehmerisches Handeln, Risikokomponenten, Ressourcen. Ein Beamer wirft Schaubilder und Thesen an die Wand. Malte schreibt mit.

    "Bisschen trocken, man kann gut folgen. Aber man muss sich rein denken, nach der Vorlesung gucken, das baut ja alles aufeinander auf."

    Jörg Freiling wusste bisher noch gar nicht, wer sein Frühstudent ist. Er wusste nur, dass er einen hat. Jetzt, nach der Vorlesung sprechen die beiden zum ersten Mal miteinander:

    "Hallo, sie sind von welcher Schule?

    Vom Max-Planck-Gymnasium Delmenhorst.

    Aha."

    Freiling: "Er hat sich unauffällig verhalten, man muss dazu sagen, dass wir in einem Hörsaal sind, wo hunderte sind. Auch die Frühstudierenden haben dieselben Möglichkeiten wie die anderen. Sie sind eingeladen, um Dinge zu klären, oder kennenzulernen, sie haben die Möglichkeit in die Sprechstunde zu kommen."

    Aber, sagt er, normalerweise kommen Studierende nicht zum Professor, sondern fragen zuerst einmal die Kommilitonen. Malte kann das bestätigen. Er fragt auch lieber die Mitstudenten.

    Zum Beispiel die 21-jährige Katharina. Die beiden kennen sich vom Hockeyspielen. Als Malte eines Tages in der BWL-Vorlesung auftauchte, war sie zuerst überrascht, doch es wurde schnell zur Normalität.

    "Er ist mit den Leuten zusammen, mit denen ich zusammen bin. Ich schleppe ihn immer mit. Die sagen nichts Negatives, manchmal fragen sie: Mensch, warum machst Du das denn, freiwillig, so eine Belastung?"

    Malt grinst. Nein, er scheint das nicht als Last zu empfinden. Er sei gut ausgelastet, und das sei nicht immer so gewesen.

    "In der siebten, achten, neunten Klasse hat man nachmittags oft die Glotze angemacht und sich irgendeinen Blödsinn angeguckt. Das ist jetzt gar nicht mehr. "

    Jetzt noch eine halbe Stunde Pause, mit anderen quatschen, vielleicht noch schnell ein Brötchen essen, dann in die nächste Vorlesung. Internationales Management. Heute wird der Tag besonders lang, erzählt Malte. Nach der Uni muss er noch zum Hockeyspielen, und erst um halb elf wird er dann zuhause sein. Aber er genießt das. Seine vier Semester Frühstudium hat Malte jedenfalls noch keinen Tag bereut.

    "Frühstudium, ist ideal: kostet nix, keiner hat Erwartungen an einen, man kann reinschnuppern. Wenn man in die Oberstufe kommt, dann muss man wissen was man macht. Je früher desto besser."