"... ich fühle mich wie Werther, ich erleide einen zweifachen Kummer, mein Stolz ist verletzt worden und meine Empfindsamkeit leidet, was höchst quälend ist, weil man mit sich sehr unzufrieden ist, will man mehr sein als nur empfindsam."
Die Schriftstellerin Germaine de Staël am 30. September 1810 in einem Brief an die Salonnière Madame Récamier:
"Ich habe so sehr auf die Wirkung meines Buches gezählt, es sollte die Krönung meiner Arbeiten sein. Jetzt aber sind sechs Jahre Mühen, sechs Jahre Reisen und Studien vergebens gewesen ...",
klagt die 1766 als einzige Tochter des Genfer Bankiers Jacques Necker geborene Schriftstellerin. Jenes Buch, auf dessen Wirkung Germaine de Staël so sehr zählte, sollte eines der bedeutendsten und umstrittensten Bücher des 19. Jahrhunderts werden. Sein Titel: "De l'Allemagne, Über Deutschland". Die viel gereiste Kosmopolitin wollte den Franzosen zeigen, dass Deutschland, dieses politisch rückständige, zersplitterte Land, eine vielfältige reiche Kultur vorzuweisen hatte und deutsche Literatur und Philosophie vorbildlich seien. Sie unternahm mehrere Reisen nach Weimar und Berlin, wo sie mit Goethe und Schiller zusammentraf. Begleitet wurde sie von dem Gelehrten August Wilhelm Schlegel, der ihr Sekretär und zugleich der Hauslehrer ihrer Kinder war. Soviel Germanophilie indessen rief den französischen Zensor auf den Plan:
"Es ist mir vorgekommen, als ob Ihnen die Luft unseres Landes nicht mehr bekäme; mit uns ist es aber noch nicht so weit gekommen, dass wir Vorbilder unter den Völkern suchen sollten, die Sie bewundern",
befand General Savary, Herzog von Rovigo und Polizeiminister Napoléons in einer Verfügung am 24. September 1810.
"Ihr letztes Werk ist kein französisches, ich habe dessen Druck verhindert. Ich bedauere den dadurch für den Verleger entstandenen Verlust, aber alles verbietet mir es zuzulassen, dass dieses Werk veröffentlicht wird."
Auf Anweisung von Napoléon hatte der Polizeiminister alle bereits gedruckten Exemplare von "De l'Allemagne" samt Manuskript vernichten lassen. Binnen 24 Stunden habe Madame de Staël Frankreich zu verlassen, forderte er. Schon lange bestand eine tiefe Feindschaft zwischen dem selbstherrlichen Diktator und der tonangebenden Pariser Intellektuellen. Genie hat kein Geschlecht, war Madame de Staël überzeugt. Sie war hochgebildet und führte ein unabhängiges Leben. Von ihrem Mann, dem schwedischen Botschafter in Paris, hatte sie sich nach 14-jähriger Ehe getrennt. Napoléon, seit 1804 Kaiser von eigenen Gnaden, mochte keine gebildeten unabhängigen Frauen, und noch mehr fürchtete er den Einfluss einer scharfsinnigen Kritikerin, in deren Salon sich bekannte Geistesgrößen trafen.
"Literatur, sonst nichts? Darauf falle ich nicht herein. Man kann Politik machen, indem man über Literatur, Moral, Kunst und irgendetwas spricht. Frauen sollten beim Stricken bleiben."
So der Kaiser. Napoléon hatte allen Grund, den Einfluss der Tochter von Jacques Necker zu fürchten. Necker war unter Ludwig XVI. anti-absolutistischer Minister gewesen und Germaine de Staël vertrat offen liberale Ansichten; schon früh hatte sie in Napoléon den Despoten erkannt.
In Deutschland erwartete man das Buch der prominenten Französin mit großer Spannung. Umso enttäuschter zeigten sich namhafte Leser von der allzu klischeehaften Darstellung. Karl August Varnhagen von Ense etwa, der im September 1810 auf geheimen Wegen einen Vorabdruck erhalten hatte, schrieb am 12. Oktober an seine Frau, die Berliner Salonnière Rahel:
"Es ist übrigens ein sehr lächerliches, abgeschmacktes Buch voller Karikatur, spricht uns unter anderem den militärischen Geist ab (...) macht uns zu Engeln an Tugend und Zartgefühl ... "
Als "De l'Allemagne" offiziell wenige Monate vor der Niederlage Napoléons 1813 im Londoner Exil erschien, war es innerhalb von drei Tagen vergriffen. In wenigen Wochen wurden in ganz Europa etwa 70.000 Exemplare verkauft. Französische Leser waren begeistert: Dieses Buch hat wie kein anderes für lange Zeit das romantisch verklärte Bild von Deutschland geprägt.
Die Schriftstellerin Germaine de Staël am 30. September 1810 in einem Brief an die Salonnière Madame Récamier:
"Ich habe so sehr auf die Wirkung meines Buches gezählt, es sollte die Krönung meiner Arbeiten sein. Jetzt aber sind sechs Jahre Mühen, sechs Jahre Reisen und Studien vergebens gewesen ...",
klagt die 1766 als einzige Tochter des Genfer Bankiers Jacques Necker geborene Schriftstellerin. Jenes Buch, auf dessen Wirkung Germaine de Staël so sehr zählte, sollte eines der bedeutendsten und umstrittensten Bücher des 19. Jahrhunderts werden. Sein Titel: "De l'Allemagne, Über Deutschland". Die viel gereiste Kosmopolitin wollte den Franzosen zeigen, dass Deutschland, dieses politisch rückständige, zersplitterte Land, eine vielfältige reiche Kultur vorzuweisen hatte und deutsche Literatur und Philosophie vorbildlich seien. Sie unternahm mehrere Reisen nach Weimar und Berlin, wo sie mit Goethe und Schiller zusammentraf. Begleitet wurde sie von dem Gelehrten August Wilhelm Schlegel, der ihr Sekretär und zugleich der Hauslehrer ihrer Kinder war. Soviel Germanophilie indessen rief den französischen Zensor auf den Plan:
"Es ist mir vorgekommen, als ob Ihnen die Luft unseres Landes nicht mehr bekäme; mit uns ist es aber noch nicht so weit gekommen, dass wir Vorbilder unter den Völkern suchen sollten, die Sie bewundern",
befand General Savary, Herzog von Rovigo und Polizeiminister Napoléons in einer Verfügung am 24. September 1810.
"Ihr letztes Werk ist kein französisches, ich habe dessen Druck verhindert. Ich bedauere den dadurch für den Verleger entstandenen Verlust, aber alles verbietet mir es zuzulassen, dass dieses Werk veröffentlicht wird."
Auf Anweisung von Napoléon hatte der Polizeiminister alle bereits gedruckten Exemplare von "De l'Allemagne" samt Manuskript vernichten lassen. Binnen 24 Stunden habe Madame de Staël Frankreich zu verlassen, forderte er. Schon lange bestand eine tiefe Feindschaft zwischen dem selbstherrlichen Diktator und der tonangebenden Pariser Intellektuellen. Genie hat kein Geschlecht, war Madame de Staël überzeugt. Sie war hochgebildet und führte ein unabhängiges Leben. Von ihrem Mann, dem schwedischen Botschafter in Paris, hatte sie sich nach 14-jähriger Ehe getrennt. Napoléon, seit 1804 Kaiser von eigenen Gnaden, mochte keine gebildeten unabhängigen Frauen, und noch mehr fürchtete er den Einfluss einer scharfsinnigen Kritikerin, in deren Salon sich bekannte Geistesgrößen trafen.
"Literatur, sonst nichts? Darauf falle ich nicht herein. Man kann Politik machen, indem man über Literatur, Moral, Kunst und irgendetwas spricht. Frauen sollten beim Stricken bleiben."
So der Kaiser. Napoléon hatte allen Grund, den Einfluss der Tochter von Jacques Necker zu fürchten. Necker war unter Ludwig XVI. anti-absolutistischer Minister gewesen und Germaine de Staël vertrat offen liberale Ansichten; schon früh hatte sie in Napoléon den Despoten erkannt.
In Deutschland erwartete man das Buch der prominenten Französin mit großer Spannung. Umso enttäuschter zeigten sich namhafte Leser von der allzu klischeehaften Darstellung. Karl August Varnhagen von Ense etwa, der im September 1810 auf geheimen Wegen einen Vorabdruck erhalten hatte, schrieb am 12. Oktober an seine Frau, die Berliner Salonnière Rahel:
"Es ist übrigens ein sehr lächerliches, abgeschmacktes Buch voller Karikatur, spricht uns unter anderem den militärischen Geist ab (...) macht uns zu Engeln an Tugend und Zartgefühl ... "
Als "De l'Allemagne" offiziell wenige Monate vor der Niederlage Napoléons 1813 im Londoner Exil erschien, war es innerhalb von drei Tagen vergriffen. In wenigen Wochen wurden in ganz Europa etwa 70.000 Exemplare verkauft. Französische Leser waren begeistert: Dieses Buch hat wie kein anderes für lange Zeit das romantisch verklärte Bild von Deutschland geprägt.