Kurt Biedenkopf: Schönen guten Morgen.
Thoma: Sie leben noch im Dresden, sind im Moment dort. Was werden Sie an diesem Wochenende machen?
Biedenkopf: Ich werde in Dresden sein, genau wie die anderen auch.
Thoma: Gehen Sie denn auf die Straße und wollen Sie ein Zeichen setzen gegen die Neonazis?
Biedenkopf: Ich werde zunächst mal ein Zeichen setzen für die Erinnerung und Trauer. Ich finde, dass diese Neonazigeschichte weit übertrieben wird, mit den Demonstrationen wird die Polizei fertig. Die Menschen werden in erster Linie an das denken, was vor 60 Jahren passiert ist, wie ihr Leben dann doch weitergegangen ist, wie sie die Kraft hatten, diese Stadt zu retten und nicht abreißen zu lassen und sie werden sich in Dankbarkeit daran freuen, dass die Frauenkirche, die am 14. oder 15. Februar 1945 zusammengebrochen ist, jetzt wieder steht, eine Kirche, die nicht nur Ausdruck einer großen Solidarität ist, sondern auch einer großen Sehnsucht nach Versöhnung, und diese werden wir Dresdner und nicht durch Randgruppen zerstören oder beeinträchtigen lassen, die eine Aufmerksamkeit auf sich ziehen können, die weit über das hinausgeht, was sie tatsächlich bedeuten.
Thoma: In den Fernsehbildern, vor allem im Ausland, wird man vor allem wieder die NPD-Demonstranten sehen.
Biedenkopf: Das können wir nicht ändern.
Thoma: Der Ruf der Stadt Dresden ist wahrscheinlich auch schon so, dass er Schaden nimmt.
Biedenkopf: Die Stadt Dresden nimmt keinen Schaden. Ich habe noch niemanden getroffen, der gesagt hat, er käme nicht mehr nach Dresden, weil wir hier eine rechtsextreme Randgruppe haben, die jetzt in Anspruchnahme der Freiheit, die die Menschen hier vor 15 Jahren wiedergewonnen haben, das Andenken an die Toten von Dresden missbraucht.
Thoma: Manche haben aber schon den Eindruck, dass die NPD Dresden ein wenig zur Aktionsbasis aufbaut. Im Landtag zum einen, wo die Abgeordneten ja durchaus auch mal drei Sätze geradeaus reden können und jetzt auch auf den Straßen, wo die auch vorne mit dabei sind. Ist die Gefahr nicht da?
Biedenkopf: Wissen Sie, Sie versuchen jetzt die ganze Zeit diese Gruppe - und das finde ich ärgerlich - in den Mittelpunkt eines großen Tages des Gedenkens zu stellen und genau das ist es, was diese Gruppen erreichen wollen. Die wären marginär und würden nicht weiter zur Kenntnis genommen, weil sie politisch nichts zu sagen haben, wenn wir nicht im Blick auf den Nationalsozialismus jetzt gewissermaßen die Menschen 60 Jahre nach der Zerstörung Dresdens, die ja dem durch Hitler ausgelösten Krieg und den Verbrechen, die damit verbunden waren, geschuldet wird, wenn sie jetzt nicht wieder durch wenige tausend Leute zurückversetzt würden gewissermaßen in diese Zeit.
Thoma: Heißt das auch, dass die Politik eigentlich gar nichts tun muss?
Biedenkopf: Das habe ich nicht gesagt, aber sie muss anders handeln und, auch die Medien müssen anders handeln. Warum kommen jetzt plötzlich viele Fernsehkameras nach Dresden? Nicht um an diesem Fest der Erinnerung, am Gedenken der Erinnerung dun Versöhnung teilzunehmen, sondern weil sich da zwei- bis dreitausend Leute, die Gott sei Dank nicht ihre Insignien mit sich rumschleppen können und die Parolen schreien, sich in Dresden versammeln. Weder Dresden noch Sachsen hat diese Art von verzerrter Aufmerksamkeit verdient.
Thoma: Aber die Menschen machen sich außerhalb Sachsens und Dresdens schon Sorgen, dass fast jeder Zehnte in Sachsen die NPD gewählt hat, dass im Landtag solche Eklats passieren, dass sogar Abgeordnete on anderen Parteien mit der NPD stimmen.
Biedenkopf: Das ist nicht wahr! Als in Baden-Württemberg elf Prozent Republikaner in den Landtag zogen, hat man sich auch Sorgen gemacht, aber doch keine Sorgen im Sinne einer Beschädigung oder Zerstörung oder jedenfalls einer Gefährdung der deutschen Demokratie. Das ist doch ohne jedes Verhältnis der Proportionen, was wir jetzt hier miteinander reden.
Thoma: Halten Sie denn das, was gestern beschlossen worden ist…
Biedenkopf: Nein, die Polizei macht das richtig!
Thoma: Ich meine jetzt auch, das Versammlungsrecht zu ändern, dass man dort schärfere Maßnahmen anbringt?
Biedenkopf: Nein, ich finde, jetzt sollten wir Deutschen nicht gleich anfangen, nach Gerichten und Gesetzgebern zu rufen, sondern wir sollten uns mit dem politischen Problem auseinander setzen und uns dazu etwas einfallen lassen.
Thoma: Da wird Ihrem Nachfolger Georg Milbradt schon vorgeworfen, er würde zu wenig tun, zu spät reagieren und sollte sich diesem Kampf mit den Neonazis dann auch aussetzen.
Biedenkopf: Das sind Vorwürfe, die von Leuten kommen, die nicht hier sind, die Menschen hier nicht kennen, und hier sind die Menschen in Sorge, dass sie jetzt durch diese Kampagnen in ein solches Licht gezogen werden
Thoma: Das heißt, Sie hätten auch ganz genau so gehandelt, wie das Georg Milbradt jetzt getan hat?
Biedenkopf: Ja, selbstverständlich. Er ruft die Menschen auf, zeigt, dass ihr mit diesen Randgruppen nichts zu tun haben wollt und setzt ihnen euren Willen für Frieden und Versöhnung entgegen, und genau so wird es auch werden und ich wünsche mir, dass darüber berichtet wird.
Thoma: Es sind ja nicht nur die Medien, sondern auch die Politiker, die ganz viel darüber reden und Konferenzen machen, auch Edmund Stoiber in Bayern zum Beispiel. Ist er vielleicht dann auch ein bisschen mit Schuld daran, dass die NPD so stark wird, weil er darüber redet, eine Verbindung zur Weimarer Republik herstellt und fünf Millionen Arbeitslose?
Biedenkopf: Ich möchte gerne über Dresden reden. Morgen ist hier ein sehr wichtiger Gedenktag für diese Stadt und ich werde es als Altministerpräsident nicht zulassen, auch nicht in einem Gespräch mit DeutschlandRadio oder anderen Stationen, dass dieser ganze Gedenktag wegen zwei- oder dreitausend Leuten, die sich hier zu einer völlig unpolitischen, nur provokativen Versammlung zusammenfinden, dass dieser Gedenktag vor diesem Hintergrund in Vergessenheit gerät oder verdrängt wird. Das haben die Menschen hier nicht verdient.
Thoma: Sie glaube auch, dass Sie das Stadtbild dann morgen in Dresden bestimmen werden mit dem Gedenken und dass Sie auch tatsächlich dazu kommen werden, zu gedenken?
Biedenkopf: Aber selbstverständlich kommen die dazu. Ich bitte Sie, was sind denn dreitausend Leute? Die Polizei wird dafür Sorge tragen, dass hier nichts passiert und wenn die Linksautonomen meinen, die ja angezogen werden wie die Motten vom Licht durch die Rechtsextremen, wenn die meinen, dass diese extremistischen winzigen kleinen Gruppen in Deutschland einen solchen Tag beschädigen oder zerstören könnten, dann kennen sie die Sachsen nicht.
Thoma: Was ist für Sie das Wichtigste an dem Gedenken an diesem 60. Jahrestag?
Biedenkopf: Die Versöhnung. Bedenken Sie: Vor zehn Jahren, am 50. Jahrestag war ein Repräsentant der britischen Königin (die Briten haben ja eine ganze Menge zur Frauenkirche beigetragen) hier und wir haben abends in der Kreuzkirche einen gemeinsamen Gottesdienst gehabt und das Evangelium war die Bergpredigt und der Duke of Kent hat den ersten Teil der Bergpredigt in Deutsch vorgetragen und ich den zweiten in Englisch und morgens waren die Oberkommandierenden der amerikanische, deutschen und britischen Truppen gemeinsam am Friedhof und haben gemeinsam einen Kranz neidergelegt. Das ist der Geist dieses Tages, nicht die Neonazis.
Thoma: Sie leben noch im Dresden, sind im Moment dort. Was werden Sie an diesem Wochenende machen?
Biedenkopf: Ich werde in Dresden sein, genau wie die anderen auch.
Thoma: Gehen Sie denn auf die Straße und wollen Sie ein Zeichen setzen gegen die Neonazis?
Biedenkopf: Ich werde zunächst mal ein Zeichen setzen für die Erinnerung und Trauer. Ich finde, dass diese Neonazigeschichte weit übertrieben wird, mit den Demonstrationen wird die Polizei fertig. Die Menschen werden in erster Linie an das denken, was vor 60 Jahren passiert ist, wie ihr Leben dann doch weitergegangen ist, wie sie die Kraft hatten, diese Stadt zu retten und nicht abreißen zu lassen und sie werden sich in Dankbarkeit daran freuen, dass die Frauenkirche, die am 14. oder 15. Februar 1945 zusammengebrochen ist, jetzt wieder steht, eine Kirche, die nicht nur Ausdruck einer großen Solidarität ist, sondern auch einer großen Sehnsucht nach Versöhnung, und diese werden wir Dresdner und nicht durch Randgruppen zerstören oder beeinträchtigen lassen, die eine Aufmerksamkeit auf sich ziehen können, die weit über das hinausgeht, was sie tatsächlich bedeuten.
Thoma: In den Fernsehbildern, vor allem im Ausland, wird man vor allem wieder die NPD-Demonstranten sehen.
Biedenkopf: Das können wir nicht ändern.
Thoma: Der Ruf der Stadt Dresden ist wahrscheinlich auch schon so, dass er Schaden nimmt.
Biedenkopf: Die Stadt Dresden nimmt keinen Schaden. Ich habe noch niemanden getroffen, der gesagt hat, er käme nicht mehr nach Dresden, weil wir hier eine rechtsextreme Randgruppe haben, die jetzt in Anspruchnahme der Freiheit, die die Menschen hier vor 15 Jahren wiedergewonnen haben, das Andenken an die Toten von Dresden missbraucht.
Thoma: Manche haben aber schon den Eindruck, dass die NPD Dresden ein wenig zur Aktionsbasis aufbaut. Im Landtag zum einen, wo die Abgeordneten ja durchaus auch mal drei Sätze geradeaus reden können und jetzt auch auf den Straßen, wo die auch vorne mit dabei sind. Ist die Gefahr nicht da?
Biedenkopf: Wissen Sie, Sie versuchen jetzt die ganze Zeit diese Gruppe - und das finde ich ärgerlich - in den Mittelpunkt eines großen Tages des Gedenkens zu stellen und genau das ist es, was diese Gruppen erreichen wollen. Die wären marginär und würden nicht weiter zur Kenntnis genommen, weil sie politisch nichts zu sagen haben, wenn wir nicht im Blick auf den Nationalsozialismus jetzt gewissermaßen die Menschen 60 Jahre nach der Zerstörung Dresdens, die ja dem durch Hitler ausgelösten Krieg und den Verbrechen, die damit verbunden waren, geschuldet wird, wenn sie jetzt nicht wieder durch wenige tausend Leute zurückversetzt würden gewissermaßen in diese Zeit.
Thoma: Heißt das auch, dass die Politik eigentlich gar nichts tun muss?
Biedenkopf: Das habe ich nicht gesagt, aber sie muss anders handeln und, auch die Medien müssen anders handeln. Warum kommen jetzt plötzlich viele Fernsehkameras nach Dresden? Nicht um an diesem Fest der Erinnerung, am Gedenken der Erinnerung dun Versöhnung teilzunehmen, sondern weil sich da zwei- bis dreitausend Leute, die Gott sei Dank nicht ihre Insignien mit sich rumschleppen können und die Parolen schreien, sich in Dresden versammeln. Weder Dresden noch Sachsen hat diese Art von verzerrter Aufmerksamkeit verdient.
Thoma: Aber die Menschen machen sich außerhalb Sachsens und Dresdens schon Sorgen, dass fast jeder Zehnte in Sachsen die NPD gewählt hat, dass im Landtag solche Eklats passieren, dass sogar Abgeordnete on anderen Parteien mit der NPD stimmen.
Biedenkopf: Das ist nicht wahr! Als in Baden-Württemberg elf Prozent Republikaner in den Landtag zogen, hat man sich auch Sorgen gemacht, aber doch keine Sorgen im Sinne einer Beschädigung oder Zerstörung oder jedenfalls einer Gefährdung der deutschen Demokratie. Das ist doch ohne jedes Verhältnis der Proportionen, was wir jetzt hier miteinander reden.
Thoma: Halten Sie denn das, was gestern beschlossen worden ist…
Biedenkopf: Nein, die Polizei macht das richtig!
Thoma: Ich meine jetzt auch, das Versammlungsrecht zu ändern, dass man dort schärfere Maßnahmen anbringt?
Biedenkopf: Nein, ich finde, jetzt sollten wir Deutschen nicht gleich anfangen, nach Gerichten und Gesetzgebern zu rufen, sondern wir sollten uns mit dem politischen Problem auseinander setzen und uns dazu etwas einfallen lassen.
Thoma: Da wird Ihrem Nachfolger Georg Milbradt schon vorgeworfen, er würde zu wenig tun, zu spät reagieren und sollte sich diesem Kampf mit den Neonazis dann auch aussetzen.
Biedenkopf: Das sind Vorwürfe, die von Leuten kommen, die nicht hier sind, die Menschen hier nicht kennen, und hier sind die Menschen in Sorge, dass sie jetzt durch diese Kampagnen in ein solches Licht gezogen werden
Thoma: Das heißt, Sie hätten auch ganz genau so gehandelt, wie das Georg Milbradt jetzt getan hat?
Biedenkopf: Ja, selbstverständlich. Er ruft die Menschen auf, zeigt, dass ihr mit diesen Randgruppen nichts zu tun haben wollt und setzt ihnen euren Willen für Frieden und Versöhnung entgegen, und genau so wird es auch werden und ich wünsche mir, dass darüber berichtet wird.
Thoma: Es sind ja nicht nur die Medien, sondern auch die Politiker, die ganz viel darüber reden und Konferenzen machen, auch Edmund Stoiber in Bayern zum Beispiel. Ist er vielleicht dann auch ein bisschen mit Schuld daran, dass die NPD so stark wird, weil er darüber redet, eine Verbindung zur Weimarer Republik herstellt und fünf Millionen Arbeitslose?
Biedenkopf: Ich möchte gerne über Dresden reden. Morgen ist hier ein sehr wichtiger Gedenktag für diese Stadt und ich werde es als Altministerpräsident nicht zulassen, auch nicht in einem Gespräch mit DeutschlandRadio oder anderen Stationen, dass dieser ganze Gedenktag wegen zwei- oder dreitausend Leuten, die sich hier zu einer völlig unpolitischen, nur provokativen Versammlung zusammenfinden, dass dieser Gedenktag vor diesem Hintergrund in Vergessenheit gerät oder verdrängt wird. Das haben die Menschen hier nicht verdient.
Thoma: Sie glaube auch, dass Sie das Stadtbild dann morgen in Dresden bestimmen werden mit dem Gedenken und dass Sie auch tatsächlich dazu kommen werden, zu gedenken?
Biedenkopf: Aber selbstverständlich kommen die dazu. Ich bitte Sie, was sind denn dreitausend Leute? Die Polizei wird dafür Sorge tragen, dass hier nichts passiert und wenn die Linksautonomen meinen, die ja angezogen werden wie die Motten vom Licht durch die Rechtsextremen, wenn die meinen, dass diese extremistischen winzigen kleinen Gruppen in Deutschland einen solchen Tag beschädigen oder zerstören könnten, dann kennen sie die Sachsen nicht.
Thoma: Was ist für Sie das Wichtigste an dem Gedenken an diesem 60. Jahrestag?
Biedenkopf: Die Versöhnung. Bedenken Sie: Vor zehn Jahren, am 50. Jahrestag war ein Repräsentant der britischen Königin (die Briten haben ja eine ganze Menge zur Frauenkirche beigetragen) hier und wir haben abends in der Kreuzkirche einen gemeinsamen Gottesdienst gehabt und das Evangelium war die Bergpredigt und der Duke of Kent hat den ersten Teil der Bergpredigt in Deutsch vorgetragen und ich den zweiten in Englisch und morgens waren die Oberkommandierenden der amerikanische, deutschen und britischen Truppen gemeinsam am Friedhof und haben gemeinsam einen Kranz neidergelegt. Das ist der Geist dieses Tages, nicht die Neonazis.