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"Ein Testament muss nicht angepasst werden"

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass homosexuelle Lebenspartner bei der Erbschaftssteuer gegenüber Ehepartnern nicht benachteiligt werden dürfen. Was das Urteil für den einzelnen bedeutet, erklärt Jörg Schwenker von der Bundessteuerberaterkammer.

Jörg Schwenker im Gespräch mit Susanne Kuhlmann |
    Susanne Kuhlmann: Homosexuelle Lebenspartner dürfen bei der Erbschaftssteuer gegenüber Ehepartnern nicht benachteiligt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem heute veröffentlichten Grundsatzbeschluss entschieden. Am Telefon in Berlin ist Jörg Schwenker, Geschäftsführer der Bundessteuerberaterkammer. Guten Tag!

    Jörg Schwenker: Guten Tag, Frau Kuhlmann.

    Kuhlmann: Herr Schwenker, wie begründet das Bundesverfassungsgericht dieses Urteil?

    Schwenker: Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem heutigen Urteil festgestellt, dass eine Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft mit Artikel 3 unvereinbar ist. Das heißt, es liegt aus seiner Sicht ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor.

    Kuhlmann: Gilt diese Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehe ab sofort, oder müssen dafür erst Gesetze geändert werden?

    Schwenker: Betroffen sind erst mal die Fälle von dem Urteil vor der Erbschaftssteuerreform, also bis zum Ende des Jahres 2008, und die Entscheidung gilt sowohl für Erbschaften, als auch für Schenkungen, weil die Erbschafts- und Schenkungssteuer eingesetzt ist und beide Sachverhalte betrifft. Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt den Gesetzgeber aufgefordert, für diese Altfälle bis 2008 eine Neuregelung bis zum Jahresende zu finden, und das betrifft die Altfälle wie gesagt für den Zeitraum 2001 bis 2008. Nach der Erbschaftssteuerreform ab 2009 ist schon teilweise die Ungleichbehandlung aufgehoben worden. Eine vollständige Gleichstellung soll erst durch das Jahressteuergesetz 2010 erfolgen.

    Kuhlmann: Was müssen vor diesem Hintergrund Homosexuelle, die in einer Lebenspartnerschaft zusammen sind, jetzt beachten? Müssen sie zum Beispiel ein Testament anpassen?

    Schwenker: Nein, ein Testament muss nicht angepasst werden. Grundvoraussetzung ist ja die eingetragene Lebenspartnerschaft. Entscheidend ist jetzt: habe ich einen Steuerbescheid, der den Zeitraum vor der Erbschaftssteuerreform betrifft, sollte ich ihn auf jeden Fall offen halten, und dazu ist im Zweifel soweit möglich Einspruch einzulegen. Im Einzelfall sollte man den Rat eines Steuerberaters hinzuziehen. Da die vollständige Angleichung des neuen Rechts noch nicht erfolgt ist, sollte auch bis zu dieser vollständigen Angleichung ein Bescheid nach der Erbschaftssteuerreform offen gehalten werden. Also auch hier ist im Zweifel Einspruch einzulegen und auf das Urteil vom heutigen Tage zu verweisen.

    Kuhlmann: Das heißt also, wie lange wird es dauern, bis das alles so umgesetzt ist, dass man nicht mehr gucken muss, ob man unter die alte oder die neue Regelung fällt?

    Schwenker: Wenn das Jahressteuergesetz bis zum Jahresende wie vorausgeplant verabschiedet wird und gleichzeitig auch die Regelung für die Altfälle bis zum Jahresende ja erfolgt, so wie die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, müsste eigentlich im neuen Jahr, ab nächstes Jahr dann, sowohl für Altfälle, als auch für neue Fälle eine Neuregelung im Gesetz drinstehen.

    Kuhlmann: Keine Benachteiligung homosexueller Lebenspartner gegenüber Ehepartnern. Was das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bedeutet, erklärte Jörg Schwenker von der Bundessteuerberaterkammer. Danke schön nach Berlin!