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Ein Trojanisches Pferd für den Mars

Raumfahrt. - Beide US-Präsidentschaftskandidaten haben bereits angekündigt, am Ziel eines bemannten Mars-Fluges festhalten zu wollen. Die einzelnen Bestandteile dieses Raumschiffs sollen verteilt auf mehrere Raketenstarts in den Erdorbit gebracht werden und dort aneinander docken. Um es im All zusammenzusetzen, bedarf es einer Art überdimensionalen Montagehalle. Europa könnte sich mit einer solchen Infrastruktur an den amerikanischen Mars-Plänen beteiligen.

Von Guido Meyer |
    Troja, im dreizehnten Jahrhundert vor Christus. Vierzig griechische Soldaten verstecken sich einem überdimensionalen Holzpferd, das die Trojaner ins Innere der Festung holen. Wegen der Übergröße des hölzernen Einhufers reißen sie dazu sogar ihre eigenen Stadtmauern teilweise ein. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Die Griechen sprangen nachts aus dem Pferd und bezwangen so die Festung.

    Mehr als 3000 Jahre später ist nicht Troja, sondern der Mars das Ziel. Und aus dem Pferd ist ein Raumschiff geworden. Es steht jedoch auch vor der historischen Schwierigkeit, seine Mission erfolgreich zu vollenden, da es ebenfalls zu groß ist. Alan Bond von der britischen Raumfahrtfirma Reaction Engines beschreibt das Problem:

    "Wir haben uns gefragt, ob es Bauteile eines Mars-Fahrzeugs gibt, die wir nicht an Bord eines Raumschiffs oder einer Rakete ins All transportieren können. Die Mannschaftsmodule, die Antriebseinheiten und die Rückkehrkapsel stellen kein Problem dar, aber Teile des Raumschiffs müssen durch die Mars-Atmosphäre fliegen und auf dem Roten Planeten landen. Dazu brauchen sie einen Hitzeschild von etwa elf Metern Durchmesser. Dieser würden in keine Rakete passen. Das führt zu der unweigerlichen Konsequenz, dass wir die Dinge im All zusammenbauen müssen."
    Fest steht: Das Schiff, mit dem die amerikanische Raumfahrtbehörde Menschen zum Mars fliegen will, wird auf dem Crew Exploration Vehicle aufbauen, dass die Nasa derzeit entwickelt. Troy ist der Arbeitsname eines solchen Raumschiffs, das um Wohn- und Antriebsmodule erweitert werden muss, wie Simon Feast erläutert, Ingenieur bei Reaction Engines:

    "Um Troy zusammenzubauen, brauchen die Transportraketen ein Ziel in der Umlaufbahn, wo sie ihre Fracht abliefern können. Eine entsprechende Montagehalle könnte als zusammengefaltete Struktur mit nur einem einzigen Start in den Orbit transportiert werden. Vorher müsste man einige Wohnmodule starten, in denen die Arbeiter leben, so wie in Wohncontainern auf Montage. Die Plattform würde die Astronauten einerseits vor Weltraumschrott schützen und andererseits dafür sorgen, dass es ausreichend künstliches Licht für die Arbeiten gibt."
    Die Wohneinheiten wären an den Wänden dieser tonnenförmigen orbitalen Basis-Station angebracht. Sie könnten nach Bau-Ende dort verbleiben oder als Aufenthaltsmodule für das Mars-Raumschiff selbst genutzt werden. Etwa zehn Milliarden Dollar würde allein der Bau dieser Werft im All kosten.

    "Es handelt sich dabei um einen nach beiden Seiten offenen Zylinder, der 100 Meter lang und 40 Meter im Durchmesser ist. In seinem Innern wird das Mars-Raumschiff Troy zusammengebaut. Je nach dessen Größe könnten wir den Hangar sogar noch größer auslegen. An seiner Außenseite sind vier Roboterarme befestigt, an den Innenwänden weitere 20. So könnten die Bauteile im gesamten Innenraum der Struktur hin- und herbewegt werden."
    Gleichzeitig würde dies den Einsatz der Astronauten im offenen Weltraum und damit die Zahl von Weltraumspaziergängen minimieren. Diese offene, zylindrische Montagehalle würde nach dem Abflug von Troy Richtung Mars in einer Erdumlaufbahn bleiben und wäre für die nächste Mission wiederverwendbar. Die Nasa hat noch nicht entschieden, ob sie auf dieses ambitionierte, europäische Konzept für den Bau ihres Mars-Raumschiffs zurückgreifen will.