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Ein Typ mit weicher harter Schale

Er war ein Star, der mit vielen Berühmtheiten seines Fachs vor der Kamera und auf der Bühne stand. Am 13. März 1912 wurde der Schauspieler Carl Raddatz geboren.

Von Hartmut Krug |
    Der Vater war Bankbeamter, doch Carl Raddatz entdeckte früh seine Liebe zur Schauspielkunst. Noch als Schüler sprach er Willy Birgel, den damaligen Star des Theaters seiner Geburtsstadt Mannheim, auf der Straße an, und Birgel gab ihm Schauspielunterricht nach seinem Abitur 1931. Im selben Jahr debütierte der am 13. März 1912 geborene Raddatz in einer Dienerrolle am Mannheimer Theater. Es folgte der Weg über die Bühnen der Provinz.

    Sein Fach: jugendlicher Charakterdarsteller und Bonvivant. 1937 entdeckte ihn der Film. Raddatz übernahm im Propagandafilm "Urlaub auf Ehrenwort" die erste seiner zahlreichen Offiziersrollen. Etwa in "Wir tanzen um die Welt", in dem er, wie so oft, auch singt. Raddatz spielte in Filmen wie "Stukas", "Heimkehr", und, 1940, "Wunschkonzert". Hier findet er als zur Legion Condor abkommandierter Fliegerleutnant erst nach Jahren wieder mit seiner großen Liebe Inge zusammen.

    Der Film fand 20 Millionen Zuschauer und ist ein Paradebeispiel für die geschickte Verschmelzung von politischer Propaganda und gefühliger Unterhaltung. Doch Carl Raddatz behielt in diesen Filmen immer etwas Individuelles und sehr Eigenes. Er war ein Typ, direkt bis harsch, aber mit weicher harter Schale, wie in Helmut Käutners poetischer Schifferballade "Unter den Brücken", 1945 gedreht und erst 1950 uraufgeführt.

    Carl Raddatz hat in rund 50 Kino- und Fernsehfilmen gespielt. Doch nach einer Produktion mit Guilietta Masina gab es für den begeisterten Filmschauspieler bis zu Falladas "Jeder stirbt für sich allein" mit Hildegard Knef eine 16-jährige Filmpause, von 1959 bis 1975.

    "Ich liebe ja die Kamera, muss ich ehrlich sagen, ja mehr als die Bühne, mehr als die Bretter der Bühne, doch: ich lieb sie mehr."

    Doch gerade die Bühne wurde nach dem Krieg zum Ort seiner zweiten großen Karriere. Zunächst zwischen 1951 und 1955 am Deutschen Theater Göttingen. Hier traf Raddatz auf den Dramatiker, mit dessen Rollen er Erfolge feierte: Carl Zuckmayer. In Heinz Hilperts Uraufführung von "Ulla Winblad" spielte und sang Raddatz den schwedischen Liederdichter Carl Michael Bellmann. Zuckmayers Beschreibung des Dichters Bellmann wirkt wie eine Charakterisierung des Schauspielers Raddatz:

    "In seinem Aussehen mischt sich auf eine merkwürdige Weise das äußerst Männliche mit dem äußerst Sensiblen, er wirkt kraftvoll, aber nicht robust – je nachdem ebenso unverwüstlich wie anfällig."

    Ab 1958 wurde Raddatz an den Staatlichen Schauspielbühnen Berlins zu einem der Stars. Er konnte schnoddrig und direkt sein, er war oft strahlend männlich, dabei auch proletarisch erdgebunden, - und er hatte eine leicht raue, markante Stimme. Oft spielte er Männer, die einsam, resigniert, enttäuscht waren. So jedenfalls wirkte sein Narr in Fritz Kortners Inszenierung von Shakespeares "Was ihr wollt", aber auch sein Sklaventreiber Pozzo in Becketts eigener Inszenierung seines "Warten auf Godot". Legendär seine Darstellung des Hauptmanns von Köpenick in Zuckmayers Regie 1964, hier in einer Szene mit Eduard Wandrey als sein Schwager Friedrich:

    Voigt: "Wat hilft es mir denn, da werde ich noch lange kein Mensch von."

    Friedrich: "Mensch bist du überhaupt bloß, wenn du dich in 'ne menschliche Ordnung stellst. Leben tut auch ´ne Wanze."

    Voigt: "Richtig. Die lebt, Friedrich. Und weißt du auch, warum se lebt? Erst kommt de Wanze, und dann die Wanzenordnung."

    Mit dem modernen Theater war Raddatz nicht einverstanden, und als der neue Intendant Boy Gobert dem über 70-Jährigen 1986 kündigte, zog er sich zurück und trat bis zu seinem Tod im Jahr 2004 nur noch zu Lesungen vor das Publikum. Seine Stimme aber hört man noch heute oft: Carl Raddatz synchronisierte unter anderem Burt Lancaster, Humphrey Bogart, Kirk Douglas und Robert Mitchum.