Hat Gardiner das Oratorium sehr expressiv und dramatisch angelegt, so ist McCreeshs Interpretation weniger emphatisch, weniger ausgetüftelt in Dynamik und Phrasierung aber insgesamt flotter. Für McCreesh hat dieses Werk "die größte Kinomäßige und farbige Partitur - da gibt es schon Wagnerianische Opulenz , die von Händels Wunsch errührt, die Klangwelt des Alten Testamentes nachzuzeichnen." Einer der Gründe, warum die Geschichte sofort zugänglich sei, liege in der "ungeheuren Farbenpracht, die sie von Anfang bis zum Ende auszeichnet." Zwar gelingt es ihm, dies alles in seiner Einspielung umzusetzen, doch fragt man sich, warum manch dramatische Szene nicht mehr ausgekostet wird.
So bleibt zum Beispiel schwer nachvollziehbar, warum der empörte Eingangschor des 2. Aktes, der mit den Worten beginnt "Neid, du Erstgeburt der Hölle/Nicht länger hause du in Menschenbrust" so leicht und harmlos gesungen wird. Da mag Gardiners Einspielung im Ganzen vielleicht eher authentisch erscheinen, doch letztlich bleibt es vielleicht auch eine Frage des Geschmacks. Dennoch ist auch McCreeshs Aufnahme überaus beeindruckend.
So verfügen die Gabrieli Players über einen makellosen Klang und ein perfektes Zusammenspiel, das Gabrieli Consort über eine beeindruckende Chorkultur. Auch die Solisten überzeugen in ihren jeweiligen Rollen. Wenn auch Neal Davies in der Titelpartie nicht ganz an den sonoren Bass von Alaistair Miles heranreicht und zuweilen ein etwas starkes Vibrato stört, so vermag er doch die seelische Zerrüttung des alttestamentarischen Herrschers überzeugend darzustellen.
Ein großes Plus der Aufnahme von McCreesh ist die Besetzung des David mit dem Countertenor Andreas Scholl. Scholls makellose Stimme, die nur zuweilen in den Höhen an ihre Grenzen kommt, bezaubert in ihrer Darstellung des edelmütigen und auf Gottvertrauen setzenden jugendlichen Goliath-Bezwinger. Der Tenor Mark Padmore überzeugt als lyrischer und jugendlicher Jonathan und die silbern-helle Stimme von Nancy Argenta als Michal steht in schönen Gegensatz zu der wandlungsfähigen Stimme von Susan Gritton als der immer neurotischer werdenden Merab.
Hier Rezitativ David und Duett David/Michal aus dem 2. Akt "Thy father is as cruel", "Dein Vater ist so grausam und so falsch", "At persecution I can laugh", "Nachstellungen verlache ich,/Furcht rührt mir nicht die Seele".
• Musikbeispiel: Georg Friedrich Händel - 2. Akt , Rez. David "Thy father is as cruel"/Duett David/Michal "At persecution I can laugh" aus: "Saul", HWV 53
"Saul" ist Händels viertes Oratorium und wurde 1738 fertiggestellt, zu einer Zeit, als er sich zwar noch mit italienischen Opern beschäftigte, aber sich längst dafür kein Publikum mehr fand. An Umfang ist es sein üppigstes englisches Oratorium und laut McCreesh, "ohne Zweifel eines der großartigsten Stücke des 18. Jahrhunderts". Die Fertigstellung der Partitur nach einem Text von Charles Jennens brachte ihn an den Rand der totalen Erschöpfung und kein anderes seiner Manuskripte weist so viele Fassungen und Änderungen auf.
Paul McCreesh hat sich bei seiner Einspielung eine eigene Partitur zusammengestellt, die zum Beispiel auch die Partien des hohen Priesters enthält - hier gesungen von Paul Agnew-, die Händel letztlich dann doch verworfen hatte. Einen besonderen Schwerpunkt hatte Händel in diesem Stück, dessen Titelpartie erstmals mit einem Bass besetzt ist, auf die Charakterbeschreibung der Protagonisten gelegt. Das zentrale Thema ist die vernichtende Kraft der Eifersucht, die schließlich zum Ende einer Dynastie und der Niederwerfung einer ganzen Nation führt. König Saul kann es nicht ertragen, dass David, dem jugendlichen Bezwinger Goliaths die ganze Zuneigung des Volkes zuteil wird und dass auch sein Sohn Jonathan die Freundesliebe über die Vaterliebe geht. Er trachtet dem Konkurrenten mehrmals nach dem Leben, geht aber schließlich selbst daran zugrunde. Angelegt ist Saul als dominanter, grüblerischer Charakter , aber die eigentliche Hauptrolle kommt dem Chor, dem Volk Gottes zu.
Die Orchesterpartitur ist überaus vielgestaltig und in keinem anderen Werk hat Händel so viele verschiedene, auch exotische Instrumente eingesetzt. So hatte der Komponist für seine Aufführung eine neue Orgel kommen lassen und ein "Tubalkain", ein mit Tasten spielbares Glockenspiel bestellt, mit dem Saul in den Wahnsinn getrieben werden sollte. Dieses Stück ist das Willkommenslied der Frauen, das Sauls verheerend zerstörerische Eifersucht entflammt. Händel, der sich stets um Authentizität bemühte, hatte sich hier an der entsprechenden Bibelstelle orientiert, in der von einem solchen Instrument berichtet wird.
• Musikbeispiel: Georg Friedrich Händel - Willkommensszene 1. Akt aus: "Saul". HWV53
Dies war die Willkommensszene des 1. Aktes aus Händels Oratorium "Saul", in der die Eifersucht des ersten Königs der Hebräer angestachelt wird und sich der beginnende Wahnsinn des Protagonisten offenbart: "Vor Wut will ich bersten, wenn ich ihn rühmen höre!/ Wie hasse ich den Burschen, wie fürchte ich ihn!/ Welcher Sterbliche duldet Rivalen im Ruhm?"
Paul McCreesh hat mit "Saul" nach "Theodora", "Solomon" und dem "Messias" sein viertes Händel-Oratorium bei der Deutschen Grammophon eingespielt, dem noch weitere folgen werden. Es ist eine künstlerisch wie klanglich durchweg überzeugende Einspielung, der es vielleicht nur zuweilen etwas an Dramatik fehlt. Aber solch innige Szenen wie die folgende, in der David und der Chor den Tod Sauls und die Niederlage der Hebräer betrauern, mögen das wieder ausgleichen.
"O fatal day", "O Unglückstag! Wie tief sind die Helden gefallen!/ Wohin, Israel, ist dein Ruhm entschwunden?"
• Musikbeispiel: Georg Friedrich Händel - Solo David and Chorus "O fatal day!" aus: "Saul", HWV 53
Titel: "Saul”, HWV 53
Ensemble: Gabrieli Consort & Players
Leitung: Paul McCreesh
Label: Archiv-Produktion
Labelcode: LC 0113
Bestell-Nr.: 474 510-2
So bleibt zum Beispiel schwer nachvollziehbar, warum der empörte Eingangschor des 2. Aktes, der mit den Worten beginnt "Neid, du Erstgeburt der Hölle/Nicht länger hause du in Menschenbrust" so leicht und harmlos gesungen wird. Da mag Gardiners Einspielung im Ganzen vielleicht eher authentisch erscheinen, doch letztlich bleibt es vielleicht auch eine Frage des Geschmacks. Dennoch ist auch McCreeshs Aufnahme überaus beeindruckend.
So verfügen die Gabrieli Players über einen makellosen Klang und ein perfektes Zusammenspiel, das Gabrieli Consort über eine beeindruckende Chorkultur. Auch die Solisten überzeugen in ihren jeweiligen Rollen. Wenn auch Neal Davies in der Titelpartie nicht ganz an den sonoren Bass von Alaistair Miles heranreicht und zuweilen ein etwas starkes Vibrato stört, so vermag er doch die seelische Zerrüttung des alttestamentarischen Herrschers überzeugend darzustellen.
Ein großes Plus der Aufnahme von McCreesh ist die Besetzung des David mit dem Countertenor Andreas Scholl. Scholls makellose Stimme, die nur zuweilen in den Höhen an ihre Grenzen kommt, bezaubert in ihrer Darstellung des edelmütigen und auf Gottvertrauen setzenden jugendlichen Goliath-Bezwinger. Der Tenor Mark Padmore überzeugt als lyrischer und jugendlicher Jonathan und die silbern-helle Stimme von Nancy Argenta als Michal steht in schönen Gegensatz zu der wandlungsfähigen Stimme von Susan Gritton als der immer neurotischer werdenden Merab.
Hier Rezitativ David und Duett David/Michal aus dem 2. Akt "Thy father is as cruel", "Dein Vater ist so grausam und so falsch", "At persecution I can laugh", "Nachstellungen verlache ich,/Furcht rührt mir nicht die Seele".
• Musikbeispiel: Georg Friedrich Händel - 2. Akt , Rez. David "Thy father is as cruel"/Duett David/Michal "At persecution I can laugh" aus: "Saul", HWV 53
"Saul" ist Händels viertes Oratorium und wurde 1738 fertiggestellt, zu einer Zeit, als er sich zwar noch mit italienischen Opern beschäftigte, aber sich längst dafür kein Publikum mehr fand. An Umfang ist es sein üppigstes englisches Oratorium und laut McCreesh, "ohne Zweifel eines der großartigsten Stücke des 18. Jahrhunderts". Die Fertigstellung der Partitur nach einem Text von Charles Jennens brachte ihn an den Rand der totalen Erschöpfung und kein anderes seiner Manuskripte weist so viele Fassungen und Änderungen auf.
Paul McCreesh hat sich bei seiner Einspielung eine eigene Partitur zusammengestellt, die zum Beispiel auch die Partien des hohen Priesters enthält - hier gesungen von Paul Agnew-, die Händel letztlich dann doch verworfen hatte. Einen besonderen Schwerpunkt hatte Händel in diesem Stück, dessen Titelpartie erstmals mit einem Bass besetzt ist, auf die Charakterbeschreibung der Protagonisten gelegt. Das zentrale Thema ist die vernichtende Kraft der Eifersucht, die schließlich zum Ende einer Dynastie und der Niederwerfung einer ganzen Nation führt. König Saul kann es nicht ertragen, dass David, dem jugendlichen Bezwinger Goliaths die ganze Zuneigung des Volkes zuteil wird und dass auch sein Sohn Jonathan die Freundesliebe über die Vaterliebe geht. Er trachtet dem Konkurrenten mehrmals nach dem Leben, geht aber schließlich selbst daran zugrunde. Angelegt ist Saul als dominanter, grüblerischer Charakter , aber die eigentliche Hauptrolle kommt dem Chor, dem Volk Gottes zu.
Die Orchesterpartitur ist überaus vielgestaltig und in keinem anderen Werk hat Händel so viele verschiedene, auch exotische Instrumente eingesetzt. So hatte der Komponist für seine Aufführung eine neue Orgel kommen lassen und ein "Tubalkain", ein mit Tasten spielbares Glockenspiel bestellt, mit dem Saul in den Wahnsinn getrieben werden sollte. Dieses Stück ist das Willkommenslied der Frauen, das Sauls verheerend zerstörerische Eifersucht entflammt. Händel, der sich stets um Authentizität bemühte, hatte sich hier an der entsprechenden Bibelstelle orientiert, in der von einem solchen Instrument berichtet wird.
• Musikbeispiel: Georg Friedrich Händel - Willkommensszene 1. Akt aus: "Saul". HWV53
Dies war die Willkommensszene des 1. Aktes aus Händels Oratorium "Saul", in der die Eifersucht des ersten Königs der Hebräer angestachelt wird und sich der beginnende Wahnsinn des Protagonisten offenbart: "Vor Wut will ich bersten, wenn ich ihn rühmen höre!/ Wie hasse ich den Burschen, wie fürchte ich ihn!/ Welcher Sterbliche duldet Rivalen im Ruhm?"
Paul McCreesh hat mit "Saul" nach "Theodora", "Solomon" und dem "Messias" sein viertes Händel-Oratorium bei der Deutschen Grammophon eingespielt, dem noch weitere folgen werden. Es ist eine künstlerisch wie klanglich durchweg überzeugende Einspielung, der es vielleicht nur zuweilen etwas an Dramatik fehlt. Aber solch innige Szenen wie die folgende, in der David und der Chor den Tod Sauls und die Niederlage der Hebräer betrauern, mögen das wieder ausgleichen.
"O fatal day", "O Unglückstag! Wie tief sind die Helden gefallen!/ Wohin, Israel, ist dein Ruhm entschwunden?"
• Musikbeispiel: Georg Friedrich Händel - Solo David and Chorus "O fatal day!" aus: "Saul", HWV 53
Titel: "Saul”, HWV 53
Ensemble: Gabrieli Consort & Players
Leitung: Paul McCreesh
Label: Archiv-Produktion
Labelcode: LC 0113
Bestell-Nr.: 474 510-2