Archiv


Ein unaufgeregter Abenteuerfilm

Aufrechte politische Haltung und journalistisches Ethos stehen im Zentrum des Films "good night, and good luck" von Regisseur George Clooney. Zwar spielt der Streifen in der amerikanischen Fernsehbranche der 50er Jahre, doch die Parallelen zur gegenwärtigen amerikanischen Politik sind unverkennbar.

Von Josef Schnelle |
    "Good Night, and Good Luck" - cool, knapp und mit funkelnden Augen in die Kamera gesprochen, das ist die rituelle Abschiedsformel des stets kettenrauchenden Fernsehmoderators Edward R. Murrow, der für seine brillanten politischen Kommentare in der CBS-Sendung "See it Now" gefürchtet ist. Wir befinden uns in den 50er Jahren in der hermetisch geschlossenen Innenwelt eines amerikanischen Fernsehsenders, der noch mit Politik zu punkten versucht. Doch das Fernsehen beginnt schon seine endgültige Gestalt als Zitronenpresse für den kleinsten gemeinsamen Nenner des niedrigsten Geschmacks anzunehmen. Im amerikanischen Privatfernsehen geht es schon damals um die Quote, das macht der Studiochef seinem besten Mann klar. Und er hat Angst. Angst vor der Politik. Angst vor Senator McCarthy und seinen Senatsausschuss gegen unamerikanische Umtriebe:

    Studiochef: "Jetzt wissen wir, wie die gegen uns vorgehen. Jemand wird untergehen. Bewegen sie sich auf sicherem Terrain?"
    Friendly: "Bill, es ist an der Zeit. Zeigen wir unsere Karten!"
    Studiochef: "Meine Karten!"

    Doch das Spiel um Macht und Einfluss wird nicht in den Fluren der Chefetagen entschieden. Edward R. Murrow, kongenial verkörpert durch David Strathairn, fordert live vor der Kamera den mächtigen Senator McCarthy heraus und läutet mit einer legendären Sendung dessen politisches Ende ein. Wie entsteht politische Paranoia?

    Murrow: "Die Handlungen des Senators aus Wisconsin lösten bei unseren Verbündeten Besorgnis und Bestürzung aus und haben unsere Feinde in Beträchtlichem Maße begünstigt. Und wessen Schuld ist das? - seine eigentlich nicht. Die Atmosphäre der Angst wurde nicht von Ihm geschaffen. Er hat sie nur ausgebeutet. Und das ziemlich erfolgreich. Cassius hatte Recht. Der Fehler, lieber Brutus, liegt nicht in unseren Sternen sondern in uns selbst. Gute Nacht und viel Glück."

    Regisseur George Clooney hat mit einem kühlem filmischen Stil einen eleganten Film gedreht, in dem die aufrechte politische Haltung und das journalistische Ethos im Zentrum des Dramas stehen. Clooney selbst spielt den besten Freund des Helden und manche sagen, dass die Figur von Ed Murrow ein wenig seinem eigenen Vater, einem bekannten liberalen Zeitungsjournalisten der 50er Jahre, nachgebildet ist. Und so ist es bis in die Details ein sehr liebevoller Journalistenfilm geworden. Im engen Studio tummelt sich eine andere Art "Rat-Pack", eine ebenso verschworene Gemeinschaft wie die Sängerfamilie um Frank Sinatra. Doch hier geht es nicht um Gags und Songs, sondern darum, die Wahrheit jeden Tag wieder neu - live - auf dem Sender zu bringen. Journalisten in grauen Anzügen und mit Krawatte auf der Suche nach Wahrheit und Integrität. Nicht nur mit der Jazzmusik weht durch diesen Film ein leiser Hauch der Nostalgie. Vorbei, verweht. Eine Hommage an eine seriöse Variante des politischen Journalismus, die sehr fern scheint.

    Clooneys unaufgeregter Abenteuerfilm in kargem Schwarz-Weiß hängt die Fahne des unerschrockenen investigativen Journalismus hoch und endet mit einer Philippika gegen das am Horizont heraufdämmernde Unterhaltungsfernsehen. George Clooney will es nicht einfach dabei belassen. Der Zeitbezug ist schließlich trotz historischer Kulisse sehr deutlich.

    "Es gab Journalisten, die zum Set kamen und sagten: Da geht es ja um heute - um Guantanamo Bay und um das Recht seinem Ankläger ins Gesicht zu schauen. Es gibt natürlich unglaubliche Parallelen, aber es geht auch allgemein um die Verantwortung des Journalismus."

    Ernstes Thema, aber die Sache scheint entschieden Spaß gemacht zu haben. Allen Beteiligten. Einen Film machen, das ist schließlich wie ein Ding drehen. Man muss sich mit Komplizen umgeben.