Pilze - vom Morgen bis zum Abend. Im Frühjahr 2001 ging Laima Muktupāvale nach Irland, um dort den Erfahrungen lettischer Gastarbeiter nachzuspüren. In ihrem tragikomischen Buch "Das Champignon-Vermächtnis" erzählt die Schriftstellerin anschaulich von der harten Knochenarbeit bei der Pilzernte:
"Ich kenne dieses Gefühl, wenn einem der Schweiß den Rücken hinunterläuft. Du siehst nur noch die Pilze in der Furche. Die musst du in deiner Schale sammeln. Heute weiß ich, wozu ich fähig bin. Mich kann nichts mehr aus der Ruhe bringen."
Im aufstrebenden Irland, dem einstigen Armenhaus Europas, werden die oft gut ausgebildeten Emigranten aus Lettland als billige und belastbare Arbeitskräfte geschätzt. Letten schuften auf dem Bau, als Telefonwerber und in der Landwirtschaft. Im Buch erzählt Muktupāvale von Gabriele. Die junge Frau verliert nach der Wende ihre Stelle in einem Kombinat für Nähmaschinen, bietet eine Zeit lang billige Strumpfhosen auf dem Markt feil und siedelt schließlich mit dem Mut der Verzweiflung nach Irland über:
"Sie ist eine Frau, die hier und jetzt leben und nicht auf bessere Zeiten warten will. Unsere Wirtschaftsflüchtlinge schaffen es einfach nicht, hier in Lettland genug für ihr Auskommen zu verdienen. So helfen sie dann, den Wohlstand anderer Länder aufzubauen. Und irgendwann verblasst die Sehnsucht nach Rückkehr. Die Leute holen ihre Kinder nach. Und die wachsen dann in der Fremde auf."
"Mit Emigration, Flucht und Vertreibung haben wir Letten Erfahrung",
seufzt die Patriotin Muktupāvale. Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts siedelten Bauern aus der Provinz Lettgalen als Pioniere in entfernten Winkeln des russischen Imperiums. In den beiden Weltkriegen wurde das Land zwischen den Großmächten zerrieben. Ganze Familien wurden deportiert oder in die Flucht getrieben.
Diesmal sind es Ärzte, Lehrer, Techniker, die ihre Heimat verlassen, um sich im Ausland eine gut bezahlte Arbeit zu suchen. Die Facharbeiter auf den vielen Baustellen in der Altstadt von Riga wiederum kommen zunehmend aus Russland, Weißrussland und der Ukraine. Die lettische Wirtschaft entwickelt sich in Atem beraubenden Tempo, seit 2005 sogar mit zweistelligen Wachstumsraten. Rasant angezogen haben auch die Preise für Lebensmittel, Gebrauchsgüter und Immobilien. Vom allgegenwärtigen Aufbruch profitieren vor allem junge Leute, die die Stagnation der Sowjetzeit allenfalls aus Geschichtsbüchern kennen. So wie die 19-jährige Jovita, die sich an diesem Vormittag zur Aufnahmeprüfung beim lettischen Ableger der Wirtschaftsakademie Stockholm School of Economics herausgeputzt hat:
"Ich erwarte mir eine gute Ausbildung in Wirtschaft und Finanzen, damit ich eine gute Arbeit bekomme und damit ich auch nützlich sein kann. Am liebsten würde ich zunächst in einer Bank oder in einem Unternehmen arbeiten. Und dann möchte ich meine eigene Firma gründen."
Anatolis ist Russe, Jahrgang 1985, seit drei Jahren berufstätig und gerade mit seiner Ausbildung fertig:
"Du musst ein klares Ziel vor Augen haben und unglaublich belastbar sein, sonst kommst du hier nicht weit. Ich habe nach dem ersten Studienjahr in einem litauischen Unternehmen für Finanzberatung angefangen. Ich wünsche mir reichlich Profit für die Firma und spannende Herausforderungen. Ans Fortgehen habe ich nie gedacht. Mir gefällt es hier."
Börsenmakler, Unternehmer, Ärzte und Dozenten – oft sind es blutjunge Leute, die die Schlüsselstellen in Wirtschaft und Gesellschaft übernommen haben. Um die Zukunft der jungen Letten macht sich die weit gereiste Schriftstellerin Laima Muktupāvale jedenfalls keine Sorgen. So oder so, schmunzelt sie:
"Wir Letten sind ein Volk im Aufbruch!"
"Ich kenne dieses Gefühl, wenn einem der Schweiß den Rücken hinunterläuft. Du siehst nur noch die Pilze in der Furche. Die musst du in deiner Schale sammeln. Heute weiß ich, wozu ich fähig bin. Mich kann nichts mehr aus der Ruhe bringen."
Im aufstrebenden Irland, dem einstigen Armenhaus Europas, werden die oft gut ausgebildeten Emigranten aus Lettland als billige und belastbare Arbeitskräfte geschätzt. Letten schuften auf dem Bau, als Telefonwerber und in der Landwirtschaft. Im Buch erzählt Muktupāvale von Gabriele. Die junge Frau verliert nach der Wende ihre Stelle in einem Kombinat für Nähmaschinen, bietet eine Zeit lang billige Strumpfhosen auf dem Markt feil und siedelt schließlich mit dem Mut der Verzweiflung nach Irland über:
"Sie ist eine Frau, die hier und jetzt leben und nicht auf bessere Zeiten warten will. Unsere Wirtschaftsflüchtlinge schaffen es einfach nicht, hier in Lettland genug für ihr Auskommen zu verdienen. So helfen sie dann, den Wohlstand anderer Länder aufzubauen. Und irgendwann verblasst die Sehnsucht nach Rückkehr. Die Leute holen ihre Kinder nach. Und die wachsen dann in der Fremde auf."
"Mit Emigration, Flucht und Vertreibung haben wir Letten Erfahrung",
seufzt die Patriotin Muktupāvale. Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts siedelten Bauern aus der Provinz Lettgalen als Pioniere in entfernten Winkeln des russischen Imperiums. In den beiden Weltkriegen wurde das Land zwischen den Großmächten zerrieben. Ganze Familien wurden deportiert oder in die Flucht getrieben.
Diesmal sind es Ärzte, Lehrer, Techniker, die ihre Heimat verlassen, um sich im Ausland eine gut bezahlte Arbeit zu suchen. Die Facharbeiter auf den vielen Baustellen in der Altstadt von Riga wiederum kommen zunehmend aus Russland, Weißrussland und der Ukraine. Die lettische Wirtschaft entwickelt sich in Atem beraubenden Tempo, seit 2005 sogar mit zweistelligen Wachstumsraten. Rasant angezogen haben auch die Preise für Lebensmittel, Gebrauchsgüter und Immobilien. Vom allgegenwärtigen Aufbruch profitieren vor allem junge Leute, die die Stagnation der Sowjetzeit allenfalls aus Geschichtsbüchern kennen. So wie die 19-jährige Jovita, die sich an diesem Vormittag zur Aufnahmeprüfung beim lettischen Ableger der Wirtschaftsakademie Stockholm School of Economics herausgeputzt hat:
"Ich erwarte mir eine gute Ausbildung in Wirtschaft und Finanzen, damit ich eine gute Arbeit bekomme und damit ich auch nützlich sein kann. Am liebsten würde ich zunächst in einer Bank oder in einem Unternehmen arbeiten. Und dann möchte ich meine eigene Firma gründen."
Anatolis ist Russe, Jahrgang 1985, seit drei Jahren berufstätig und gerade mit seiner Ausbildung fertig:
"Du musst ein klares Ziel vor Augen haben und unglaublich belastbar sein, sonst kommst du hier nicht weit. Ich habe nach dem ersten Studienjahr in einem litauischen Unternehmen für Finanzberatung angefangen. Ich wünsche mir reichlich Profit für die Firma und spannende Herausforderungen. Ans Fortgehen habe ich nie gedacht. Mir gefällt es hier."
Börsenmakler, Unternehmer, Ärzte und Dozenten – oft sind es blutjunge Leute, die die Schlüsselstellen in Wirtschaft und Gesellschaft übernommen haben. Um die Zukunft der jungen Letten macht sich die weit gereiste Schriftstellerin Laima Muktupāvale jedenfalls keine Sorgen. So oder so, schmunzelt sie:
"Wir Letten sind ein Volk im Aufbruch!"