Montag, 13. Mai 2024

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Ein W für ein C

Der Präsident des Deutschen Hochschulverband, Bernhard Kempen, hat sich gegen die so genannte W-Besoldung von deutschen Nachwuchsprofessoren ausgesprochen. Grundsätzlich habe er nichts gegen leistungsbezogene Bezahlung, in dem vorliegenden Modell sei aber die Grundbesoldung zu niedrig und sollte zuungunsten der Leistungszulagen aufgestockt werden, so Kempen.

Moderation: Sandra Pfister | 14.12.2005
    Pfister: W-Tarif, W wie Wissenschaft. So heißt der neue Tarif, nach dem alle Bundesländer außer Sachsen neuerdings ihre Professoren bezahlen. Der Tarif sieht vor, dass ein Teil des Professorengehaltes nach Leistung vergeben wird und das Grundgehalt dafür relativ niedrig ist. Gegen diese als unangemessen niedrig empfundene Sockelbesoldung klagt jetzt der Deutsche Hochschulverband, die größte und mächtigste Interessenvertretung der Professoren. Er hat die Klage in Bayern eingereicht, erwartet aber, dass sie Modelcharakter für alle Bundesländer haben könnte. Was ist so schlecht an der W-Besoldung? Das wollen wir wissen von Bernhard Kempen, dem Präsidenten des Deutschen Hochschulverbandes. Herr Kempen, was haben Sie denn gegen Leistung?

    !Kempen: Wir haben überhaupt nichts gegen Leistung, sondern wir haben uns ganz im Gegenteil immer sehr stark gemacht für eine leistungsgerechte Besoldung, aber dann muss es auch wirklich gerecht zugehen, und das sehen wir im Augenblick nicht gewährleistet. Die W-Besoldung gibt ein ganz falsches Signal an diejenigen, die Leistung erzwingen wollen. Sie bekommen nämlich eine Grundbesoldung, und nur die ist garantiert, sie liegt unter den Gehältern der Professoren, die schon länger ein Amt inne haben, und die leistungsbezogenen Bestandteile sind nicht garantiert, das heißt, bei einer sich verändernden Haushaltslage haben Sie keinen Anspruch darauf, dass Leistungszulagen wirklich geleistet werden, und das bedeutet im Klartext, dass Professoren ein deutlich geringeres Lebenseinkommen haben werden unter der W-Besoldung.

    Pfister: Aber wer gut ist, kann doch hinzuverdienen, diese Möglichkeit gibt es auch weiterhin.

    !Kempen:
    Theoretisch ja, er kann hinzuverdienen, aber die Sache ist die, dass die Töpfe nach oben gedeckelt sind. Das bedeutet, es wird einen Zulagentopf geben, der wird zu verteilen sein, und das heißt, wenn eine Fakultät jetzt mehrere Spitzenkräfte gewonnen hat und Leistungszulagen ausgekehrt hat, dann wird es auch Verlierer geben, das heißt, dann wird bei einer weiteren Berufung ein Kollege oder Kollegin unter Umständen in die Röhre schauen, weil schlichtweg nichts mehr im Topf ist.

    Pfister: Grundsätzlich finden Sie aber doch gut, dass das Gehalt der Professoren nicht mehr einfach mit dem Alter ansteigt?

    !Kempen: Das finden wir generell richtig. Wir sind schon dafür, dass hier Leistung honoriert wird, aber dann muss das System auch schon so sein, dass derjenige, der keine Leistungszulagen bekommt, trotzdem sein Amt nach bestem Wissen und Gewissen und in voller Leistungskraft ausführt, dass der eine Grundbesoldung hat, die ihm garantiert ist, mit der er rechnen kann und die sicherstellt, dass er auch wirklich amtsangemessen bezahlt wird.

    Pfister: Wir machen es jetzt noch mal klar: Ein Juniorprofessor verdient nach der neuen Regelung 3.400 Euro ungefähr Grundgehalt, die nächst höhere Stufe etwa 500 Euro mehr und ein Ordinarius, also die höchste Besoldungsstufe, erhält ein Grundgehalt von etwas mehr als 4.700 Euro. Was wäre denn Ihrer Meinung nach angemessen?

    !Kempen:
    Es ist schwierig, hier eine genaue Zahl zu sagen, aber wir müssen sehen, dass im Quervergleich mit anderen Berufsgruppen im öffentlichen Dienst, die eine ähnliche Verantwortung, aber auch Qualifikation besitzen, wir doch mit den Professorengrundgehältern deutlich hinterherhinken. Ich möchte mal sagen, dass wir ungefähr in der Größenklasse von 500 Euro hinter den Gehältern herhinken die etwa Richter, die eine ähnliche Verantwortung haben, erhalten. Ich meine, es müsste hier nachgebessert werden, wir sollten beim System der leistungsgerechten Besoldung bleiben, aber wir müssen die Grundgehälter nach oben zonen. Das kann durchaus kostenneutral geschehen, indem entsprechend die Marge der Leistungszulagen abgeschmolzen wird, die Grundgehälter entsprechend aufgezont werden.

    Pfister: Haben Sie einen Überblick, wie hoch die durchschnittlichen Gehälter mit allen Komponenten, mit Zulagen denn im Moment sind?

    !Kempen: Da gibt es noch keine verlässlichen Auskünfte, kann ich Ihnen leider nicht geben, weil das neue Besoldungssystem ja erst seit 2005 greift. Das betrifft – und das möchte ich noch mal an dieser Stelle besonders deutlich machen – das, was wir als wissenschaftlichen Nachwuchs bezeichnen. Sie müssen sich vorstellen, dass wir in einzelnen Fächern jetzt bereits erhebliche Schwierigkeiten haben, Spitzenkräfte als Professoren zu gewinnen, weil wir dann darauf hingewiesen werden, dass das, was wir in der W-Besoldung an garantiertem Lohn bezahlen können, dass das schlichtweg nicht marktfähig ist. Wir sind hier nicht mehr wettbewerbsfähig, sowohl was die Wirtschaft angeht als auch was Spitzenpositionen in der Wissenschaft etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika oder in der Schweiz angeht.

    Pfister: Sie erwähnten das gerade, die Vereinigten Staaten, mit denen vergleichen Sie natürlich gerne die Gehälter. Sie vergleichen sie auch gerne mit der Schweiz. Dabei darf man aber nicht vergessen, in anderen westeuropäischen Ländern, beispielsweise in Italien, Frankreich, Spanien, verdienen Professoren eher weniger als in Deutschland. Müssten Sie sich dann redlicherweise nicht auch mal nach unten vergleichen?

    !Kempen:
    Das ist schon richtig. Nur, wissen Sie, wenn wir vergleichen, müssen wir schon einheitlich vergleichen. Einerseits kommt eine Exzellenzoffensive mit dem Ziel, dass wir mit den Vereinigten Staaten von Amerika gleichauf ziehen, und uns wird vorgehalten Harvard, das MIT und andere Einrichtungen, dann muss es aber auch erlaubt sind, dass wir, was die Besoldung angeht, einen ähnlichen Vergleich anstellen.