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Ein waches Auge im ärgsten Nebel

Technik. - Die Mikrowellen des Radar verschaffen Kapitänen seit langem selbst bei Nacht und in dichtem Nebel einen genauen Überblick, was alles die eigene Route kreuzen und möglicherweise zur Bedrohung werden könnte. Zwar haben sich die Geräte bewährt, dennoch verspricht ein neues System ein weiteres Plus an Sicherheit: AIS, das automatische Identifikationssystem, wurde vergangene Woche erstmals vom Bundesamt für Schifffahrt und Hydrographie (BSH) in der Praxis erprobt.

    "Die 70 Meter lange "Gauss" ist quasi das Flaggschiff des Bundesamtes und wird in der Meeresforschung sowie in der Erprobung neuer nautischer Systeme eingesetzt", berichtet Ralf Dieter Preuß vom BSH. Eine Woche lang befuhr der Experte und sein Team mit dem Schiff die Ostsee, um das neu entwickelte automatische Identifikationssystem, kurz AIS, ausgiebig zu testen. Das Gerät gibt sich äußerlich eher unscheinbar: Lediglich eine Ultrakurzwellenantenne in Form eines 1,5 Meter langen Stahlstabes ist davon zu sehen. Pausenlos sendet sie die wichtigsten Informationen über die "Gauss", darunter Position, Kurs, Geschwindigkeit und Schiffsidentität. Gleichzeit empfängt die Antenne entsprechende Kenndaten von anderen Seefahrzeugen. Vorrangiges Ziel des fortwährenden Datenaustausches ist die Vermeidungen von dramatischen Kollisionen.

    "Zwar zeigt das Radar andere Schiffe auf, doch erst AIS fügt weitere wichtige Informationen hinzu, wie etwa die Fahrtrichtung oder ob gerade ein Manöver eingeleitet wurde", erklärt der Ingenieur. Auch in Landstationen soll AIS zum Einsatz kommen: Als ferngelenkter Lotsendienst kann es etwa ortsfremde Kapitäne an Untiefen vorbei führen. Das elektronische Herz der Anlage ist dabei kaum größer als eine Zigarrenkiste und enthält Anschlüsse für die Sensoren des Schiffes, wie Kompass, Geschwindigkeits- und Positionsmesser. "Diese Einheit enthält dazu einen UKW-Sender, drei UKW-Empfänger sowie ein Rechner", so Preuß. Auf einem Monitor stellt AIS die empfangenen Angaben übersichtlich dar: Schiffe erscheinen als kleine Punkte, an denen unterschiedlich lange Vektorstriche Kurs und Geschwindigkeit verdeutlichen.

    Für den Praxistest stattete Ralf Dieter Preuß drei Landstationen sowie drei Schiffe mit AIS aus. Erstes Fazit: Das System arbeitet in einem Radius von bis zu 40 Seemeilen zuverlässig und auch die Geräte der unterschiedlichen Anbieter verstehen sich ohne Probleme untereinander. Zwar bestünden noch kleinere Detailprobleme, aber einer Zulassung bis zum kommenden Sommer stehe nichts mehr im Wege, unterstreicht Preuß. Die Zeit drängt, denn ab 1. Juli 2002 ist AIS Pflichtausstattung für alle Schiffsneubauten.

    [Quelle: Frank Grotelüschen]