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Ein Weltraumteleskop mit Matroschka-Prinzip

Nicht vom Boden, sondern aus der Luft, genauer gesagt von einem Flugzeug aus, das zwischen Hawaii und Australien seine Kreise zieht, startet die NASA heute ihr Teleskop NuSTAR. Das neuartige Instrument soll Röntgenquellen in der Milchstraße und in benachbarten Galaxien aufspüren. Zu voller Größe ausfahren wird das Fernrohr jedoch erst vor Ort, in der Umlaufbahn.

Von Guido Meyer |
    So beeindruckend der Sternenhimmel in einer klaren Nacht auch ist - wir sehen doch nur einen Teil dessen, was von all den Sonnen, Galaxien und Supernovae aus den Tiefen des Alls zu uns gelangt. Denn das menschliche Auge kann nur das optische Licht wahrnehmen. Andere Bereiche des Spektrums wie Infrarot oder Ultraviolett bleiben uns verborgen. Und auch die Röntgenstrahlung kann der Mensch nicht sehen. Schade eigentlich, wie Fiona Harrison von California Institute of Technology in Pasadena findet.

    "Wenn Sie des Nachts in den Himmel schauen und Ihre Augen Röntgenstrahlung sehen würden, würden Sie das Glühen Hunderter Schwarzer Löcher wahrnehmen, die über das gesamte Firmament verteilt sind. Im Gegensatz zu uns können Röntgenteleskope dieses Licht zwar sehen, aber auch die besten unter ihnen vermögen es nicht, dieses Glimmen aufzulösen. NuSTAR wird in der Lage sein, dieses Licht einzelnen Objekten zuzuordnen."

    NuSTAR steht für Nuclear Spectroscopic Telescope Array. Dahinter verbirgt sich ein neues Röntgenteleskop der US-Raumfahrtbehörde NASA. Es soll die Erde in fünf-hundert-fünfzig Kilometer Höhe umkreisen. Von dort aus wird es sich auf die Suche nach Röntgenquellen in den Tiefen des Alls aufmachen, wie Paul Hertz erläutert, der Direktor der Abteilung Astrophysik beim Hauptquartier der NASA in Washington, D. C.

    "Die NASA schickt Teleskope auf Beobachtungsposten ins All, weil wir nur dort Röntgenquellen untersuchen können. Licht aus diesem Spektrum, ausgesandt von Sternen, Gasnebeln und Schwarzen Löchern, gelangt nicht bis zu uns auf die Erd-Oberfläche. NuSTAR aber wird es mit seiner Digitalkamera einfangen und die Bilder hinunter auf die Erde schicken zur wissenschaftlichen Auswertung."

    Auf seine Beobachtungsposition gelangt NuSTAR mit einer kleinen Pegasus-Rakete, die von unterhalb eines Flugzeugs aus Richtung Weltraum startet - was bei den Ausmaßen des Teleskops ungewöhnlich anmutet.

    "Man mag sich fragen, wie ein Teleskop von der Länge eines Schulbusses in eine Rakete von nur etwa einem Meter Durchmesser passt. Des Rätsels Lösung ist die gitterartige Struktur in der Mitte des Fernrohrs. Ungefähr eine Woche, nachdem NuSTAR seine Umlaufbahn erreicht hat, wird dieser Mast binnen zwanzig Minuten zu seiner vollen Länge von zehn Metern ausfahren. Diese Länge ist notwendig, um die eintreffenden Strahlen auf einen Punkt auf den Detektoren am anderen Ende des Teleskops zu bündeln."

    Der Mast zwischen den Instrumenten, die das Licht einfangen, und denen, die es abbilden und speichern, ist nicht die einzige Besonderheit von NuSTAR, das so gar nicht wie ein übliches Weltraumteleskop aussehe, findet Fiona Harrison:

    "Optisches Licht wird von Spiegeln aus allen einfallenden Winkeln reflektiert. Röntgenlicht hingegen wird nur zurückgeworfen, wenn es unter ganz bestimmten Winkeln einfällt, in unserem Fall unter einem sehr stumpfen. Deswegen sind unsere Spiegel fast parallel zu den einfallenden Röntgenstrahlen angebracht, damit diese überhaupt reflektiert werden. Der innere Aufbau des Teleskops ähnelt russischen Matroschka-Puppen: Wir haben 132 nur fingernageldicke Spiegel ineinander verschachtelt, um so einen Großteil der einfallen Röntgenstrahlen einfangen zu können."

    NuSTAR ist das erste Weltraum-Fernrohr seiner Art, das sich ausschließend auf Röntgenquellen konzentriert. Dazu gehören explodierende Sterne genauso wie Schwarze Löcher. Das von ihnen auf Nimmerwiedersehen eingesogene Gas wird während seines Sturzes ins Zentrum des Schwarzen Lochs aufgeheizt und beginnt, im Röntenbereich zu leuchten. Dieses letzte Aufbäumen von Materie soll das neue Weltraumteleskop abbilden.
    Das Teleskop NuSTAR im All (Zeichnung)
    Das Teleskop NuSTAR im All (Zeichnung) (NASA)