Archiv


Eincremen mit Licht

Medizin. - Rotlichtlampen spenden warmes Infrarot-Licht und helfen so gegen Entzündungen und Verspannungen. Mit einem Trick lässt sich das sogar noch verbessern - durch einen pfiffigen Filtervorsatz.

Von William Vorsatz |
    Ich sitze als Testperson in einem Laborraum der Berliner Charité. Über mir hängt ein Strahler. Er sieht aus wie ein Bühnenscheinwerfer. Doch vor der Lampe befindet sich ein besonderer Filter: ein fünf Zentimeter dicker Zylinder aus Glas, in dessen Innerem sich eine dünne Schicht mit destilliertem Wasser befindet. Gleich wird sich zeigen, wie das wassergefilterte Infrarot-Licht auf meine Haut wirkt. Die Forscher wollen wissen, ob das bestrahlte Areal bestimmte Cremes besser aufnehmen kann. Assistentin Sabine Schanzer greift meinen Unterarm:

    "Die Creme wird hier aufgetragen, und dann kann man diese bestrahlen, mit der Lampe. Also erstmal nach einer bestimmten Einwirkzeit der Creme wird dann die Lampe eingeschaltet. 30 Minuten in dem Fall. Und der Abstand ist etwa 30 Zentimeter von der Hautoberfläche."

    Rotes Licht fällt auf meinen Arm und verbreitet ein wohliges Gefühl. Der Lichtstrahl erwärmt meine Haut um etwa sechs Grad, erklärt der Dermatologe Professor Jürgen Lademann. Das wassergefilterte Infrarotlicht dringt wegen seiner speziellen Wellenlänge tiefer als normales Infrarot-Licht in das Gewebe ein. Das Team der Charité will wissen, ob ich die Test-Creme dadurch besser aufgenommen habe. Nach der Bestrahlung drückt Lademann deshalb einen Klebefilm auf den Unterarm und zieht ihn dann mit einem kurzen Ruck wieder ab.

    "Wir haben den Abriss jetzt entnommen, und man sieht schon, wenn man ihn jetzt gegen das Licht hält, dass er Zelllagen enthält. Wir legen ihn jetzt mal unters Mikroskop, stellen die Schärfe ein, und erkennen die Zellstruktur der ersten Zelllage unserer Hornzellen auf diesem Abriss."

    Diese Hornzellen bilden normalerweise eine schützende Barriere zwischen der äußeren Umgebung und den tiefer liegenden Gewebeschichten. Wenn Fremdkörper diese Barriere durchdringen, werden sie vom Körper aufgenommen. Manchmal ist das medizinisch gewollt. Um festzustellen, wie viel Creme bei dem Versuch mit dem wassergefilterten Infrarot-Licht bereits in die Hornzellen eingedrungen ist, wird der Klebefilm präpariert und in ein Spektrometer gelegt. Der Bildschirm zeigt nun die Konzentration der Fremdkörper an. Lademann und sein Team haben bereits die Haut von 20 weiteren Probanden auf diese Weise untersucht:

    "Es zeigte sich tatsächlich, dass speziell bei den so genannten hydrophilen Substanzen, das sind also Substanzen, die sich gut in Wasser lösen lassen, dass diese, wenn man eine Bestrahlung vornimmt, besonders gut durch die Haut gelangen und eindringen. Das ist für verschiedene Fragen der Behandlung auf dem Gebiet der Dermatologie von großer Bedeutung, wo man ja Cremes, Salben, Lotionen auf die Hautoberfläche gibt, und diese dann tief in die Haut hinein bringen möchte, sie dort speichern möchte, damit sie dann im Bereich der lebenden Zellen wirken."

    Die wassergefilterte so genannte Infrarot-A-Strahlung wirkt sie ähnlich wie die Wärmestrahlung der Sonne in gemäßigten Breiten. Die Haut beginnt zu schwitzen, die Poren öffnen sich und nehmen wasserlösliche Substanzen besonders gut auf: Eine gute Alternative zu anderen Verfahren, mit denen die Haut durchlässiger gemacht wird. Die neue Wärmestrahlung kann beispielsweise mechanische oder chemische Reizungen der Haut umgehen, um sie aufnahmefähiger zu machen. Oder statt so genannter Okklusivverbände angewendet werden, bei denen sonst das Hautareal mit luft- und wasserdichtem Material abgedeckt wird, um die Haut zum schwitzen zu bringen. Das neuartige Licht ist schonender, weil es die Struktur der Haut nicht angreift. Aber es kann noch breiter angewendet werden:

    "Ursache hierfür ist die verstärkte Durchblutung, und das führt wiederum dazu, dass Wunden besser, schneller heilen können."

    Wassergefiltertes Infrarotlicht wirkt außerdem schmerzlindernd, entzündungshemmend und scheint das Immunsystem sanft anzuregen. Deshalb glauben die Experten, dass es künftig in vielen Bereichen von Medizin und Wellness angewendet wird.