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Eindrückliche Mission

Raumfahrt. - Morgen wird die indische Raumsonde Chandrayaan-1 ihr Ziel erreichen – den Mond. Gleich nach ihrer Ankunft steht am Wochenende ein erster Höhepunkt der Mission bevor: Eine Tochtersonde soll sich vom Mutterraumschiff lösen und auf der Mondoberfläche hart aufschlagen. Ob sie dieses Manöver überstehen wird, ist fraglich.

Von Guido Meyer |
    Alles lief glatt am 22. Oktober: Eine weiß-rot angemalte indische Trägerrakete startet vom Weltraumbahnhof Sriharikota aus Richtung Mond. Bereits am ersten Flugtag haben die Flüssigkeitstriebwerke an Bord die Umlaufbahn der Sonde stabilisiert. In elf Stunden flog sie einmal um die Erde. Letzte Woche dann war das Raumschiff so weit von der Erde entfernt, dass es sechs Tage benötigte, um den Heimatplaneten zu umrunden. Mittlerweile hat das Schwerefeld des Mondes die Anziehungskraft der Erde abgelöst und die Sonde eingefangen. Morgen wird sie in einen stabilen Orbit um den Mond eintreten und am Sonntag eine Abstiegssonde Richtung Oberfläche entlassen.

    "Wir werden den Impaktor an Bord am Sonntag aktivieren, sobald wir die Muttersonde in ihrer Umlaufbahn stabilisiert haben. Sie wird den Mond dann in 100 Kilometer Höhe über seinen Polen umkreisen. Die Tochtersonde soll sich dann lösen und mit eigenen Antrieben Richtung Mondoberfläche fliegen."

    Deviprasad Karnik von der indischen Weltraumforschungs-Organisation Isro. Bei dieser Abstiegssonde handelt es sich um einen rund 30 Kilogramm schweren Würfel von etwa einem halben Meter Kantenlänge. Einmal vom Mutterschiff gelöst fällt er – angezogen vom Mond – selbstständig und ungebremst auf ihn herab. Seine Bordtriebwerke können ihn während des Falls jedoch so drehen, dass er stets die Oberfläche im Visier hat.

    "Die Instrumente an Bord der Abstiegssonde beobachten den Mond während des Anfluges, bis zum Aufschlag und hoffentlich noch darüber hinaus. So wollen wir Daten erhalten, die die des Mutterraumschiffs in der Umlaufbahn ergänzen."

    MIP, Moon Impact Probe – also Mond-Einschlagssonde -, nennt sich dieser goldene Würfel, den die Nationalflagge Indiens ziert. Zwischen seiner Trennung von Chandrayaan-1 und dem Aufschlag auf dem Mond werden etwa 20 Minuten vergehen. An Bord dieses Impaktors befinden sich drei wissenschaftliche Instrumente. Eines davon ist eine Kamera, die den gesamten Abstieg filmen soll. Karnik:

    "Außerdem ist ein hochauflösender Höhenmesser an Bord, der uns stets Informationen über die Flughöhe der Sonde über der Mondoberfläche mitteilt. Schließlich verfügt die Sonde über ein Massen-Spektrometer, das nach dem Aufschlag die Zusammensetzung der Mond-Oberfläche untersuchen soll. Es wird seine Daten über die Muttersonde in der Umlaufbahn zur Erde schicken."

    Die Isro hofft, dass der Würfel den Fall auf den Mond als Ganzes übersteht und nach dem Aufprall weiterhin Daten sammeln und senden kann. Gelingt dieses Manöver, soll der Impaktor gleich die von ihm selbst durch seinen Aufschlag aufgeworfene Staubwolke analysieren. Karnik:

    "Die Sonde soll beim Auftreffen auf den Mond nicht zerstört werden, sondern weiterarbeiten. Es wird allerdings alles andere als eine weiche Landung werden. Wahrscheinlich wird der Würfel ein paar mal hin und her hüpfen, ehe er zum Stillstand kommt. Wir wollen ihn über einem der Pole des Mondes abwerfen und dann die dortige Oberflächenzusammensetzung analysieren."

    Vielleicht wird der Würfel auch Hinweise auf mögliches Wassereis in der Nähe der Mond-Pole bestätigen können. - Von den bisherigen Erfolgen angespornt, hat Indien in dieser Woche bereits den Start der Folgemission Chandrayaan-2 für nächstes oder übernächstes Jahr angekündigt, in deren Verlauf ein Rover auf dem Mond ausgesetzt werden soll.