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"Eine Ästhetik, die ist unbeschreiblich"

Seit 14 Jahren sagt er in Radio und Fernsehen das Wetter voraus: Sven Plöger ist der Überbringer guter und nicht so guter Nachrichten. Sein Klassiker entstammt aus einem frühen Kindheitserlebnis - die ihm zum heutigen Wetterfrosch gebracht haben.

Von Achim Hahn |
    Mein Name ist Sven Plöger, ich bin Diplommeteorologe oder auch schlicht und einfach ARD-Wetterfrosch.

    Schöne Guten Abend, herzlich Willkommen zum Wetter im Ersten.

    Und mein Klassiker ist der Cumulonimbus Capilatus Incus.

    Was ist das denn? Das ist die klassische hochaufragende, hochreichende Gewitterwolke.

    Das sind diese dunkelsten und unwetterigsten Wolken, die man sich so denken kann.

    Was passiert ist: Sonneneinstrahlung, der Boden erwärmt sich, Wasserdampf steigt auf, kühlt sich ab, kondensiert, die Wolkenbasis ist bestimmt und dann schießt diese Wolke in die Höhe und zwar bis zur Tropopause und das ist bei uns so zwölf, 13 Kilometer hoch. Also da, wo die Airliner fliegen.

    Und jetzt schauen wir eben nicht auf die Gefahren, sondern mal auf die Ästhetik eines solchen Unwetters. Schauen Sie mal: Das ist die Gewitterfront beim Anrücken in der Nähe von Ingolstadt gewesen. Hier hinten der regen, hier vorne die sog. Wallcloud, da gibt es dann die heftigsten Böen. Darüber die sogenannte Shelfclopud und darüber der sogenannte Amboss dieser Gewitterwolken.

    Und wenn diese Wolke dann in Bewegung kommt, wenn sie nach oben schießt, dann muss man einfach mal sich hinstellen mit einem Fernglas drauf halten und ‘ne Viertelstunde nichts anders tun als die Ränder zu beobachten. Dann kann man mal sehen, was in dieser kleinen, dünnen Atmosphäre da für unglaubliche Kräfte wirken und das ist faszinierend.

    Dann schaut man sich das an und guckt in die Randbereiche, dann sieht man richtig wie so Ballen Teile der Wolke in die Höhe schießen, und wenn man sich dann ein bisschen informiert und lernen kann, dass z. B. die Vertikalgeschwindigkeiten, also das Rauf und Runter in dieser Wolke durchaus mal in Extremfällen über 30 Meter pro Sekunde, teilweise hat man schon beobachtet bis 70 Meter pro Sekunde - das muss man mal immer mit 3,6 nehmen dann hat man Kilometer pro Stunde - und merkt unglaubliche Geschwindigkeiten, und das kann man sehen und dann entsteht eine Ästhetik, die ist unbeschreiblich.

    Cumulonimbus - Gewitterwolke, Capilatus - dieses faserige, was man am Rand der Wolke sieht, weil sie dort schon vereist ist und Incus - für Amboss, diese wunderbare Ambossform, weil die Wolke oben in der Tropopause ankommt, nicht höher kann, sich ausbreitet.

    Und genauso war das bei mir ein Kindheitserlebnis mit einem Cumulonimbus Capilatus Incus, dieses Kindheitserlebnis hat mich glaub ich zum heutigen Wetterfrosch gebracht, ja so war das 1976.