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Eine Alternative zur herkömmlichen Müllverbrennung -

Keiner will sie in seiner Nähe haben und doch werden sie gebraucht und sind deshalb natürlich auch im Einsatz: Müllverbrennungsanlagen. Der Grund für die verhaltene Zustimmung ist, dass die Bürger den Abgasen nicht trauen und die Kommunalpolitiker fürchten ihre Kosten. Im hessischen Lahn-Dill-Kreis ist man deshalb einen neuen Weg gegangen. Dort wurde eine Anlage gebaut, die aus Restmüll einen neuen Brennstoff herstellt und der wird unter anderem in einer neuartigen Energieverwertungsanlage für Strom und Wärmegewinnung eingesetzt - eine Alternative zur konventionellen Müllverbrennung, so die Behauptung der Betreibergesellschaft. Heute wird die Anlage eingeweiht. Peter Gerst berichtet.

von: Peter Gerst |
    EVA wird sie genannt. Es ist die Abkürzung für Energetische Verwertungsanlage. Ein Name der schon andeutet, dass im hessischen Aßlar etwas anderes gemacht wird als einfach Müll verbrannt - obwohl die Verwertungsanlage EVA letztlich genau das macht. Der Unterschied ist aber: Der verwendete Brennstoff ist das patentrechtlich geschützte Material Trockenstabilat. Anlagenbauer Herhof gewinnt es aus den Haus- und Gewerbeabfällen, die im Lahn-Dill-Kreis gesammelt werden. Bei dem Verfahren wird der Müll nach einer biologischen Trocknung in brennbare Trockenstabilat-Ballen und verwertbare Materialien getrennt, wie Metalle, Glas oder Mineralienmischungen. Ohne Wasser und problemlos lagerfähig ist das Trockenstabilat ein entscheidender Vorteil im Vergleich der neuen Verwertungsanlage mit konventionellen Müllverbrennungsanlagen, sagt Reiner Haupt vom Betreiber:

    Reiner Haupt: Denn das Trockenstabilat hat einen doppelt so hohen Heizwert wie normaler Müll und wir können die Anlage durch das Trockenstabilat so fahren, dass wir den Strom produzieren, den wir brauchen. Gebraucht wird er in der Trockenstabilatanlage selbst. Dadurch nimmt die Energieverwertungsanlage EVA im Abfall-Gesamtkonzept des hessischen Lahn-Dill-Kreises eine zentrale Rolle ein. Und zwar ist sie ein wichtiges Standbein, in der Verwertung von Trockenstabilat. Wir verwerten über die EVA ein Viertel des gesamten Trockenstabilats, das wir in Aßlar produzieren. Weitere Verwertungen sind der Einsatz im Zementwerk und der Einsatz in Kraftwerken als Substitut für Kohle.

    Die EVA ist außerdem eine Art Referenzmodell. Bewusst als Kleinkraftwerk realisiert, soll sie zusätzlich ihre Eignung als Heiz- und Kraftwerk für Industriebetriebe beweisen. Diese könnten sich mit der EVA und mit eigenen Abfällen plus Trockenstabilat energetisch selbst versorgen. EVA und Trockenstabilat das rechnet sich, sagen die Betreiber. Bei der konventionellen Müllverbrennung kostet die Tonne 300 bis 600 Mark, bei der EVA aber weniger als 200 Mark. Darüber hinaus brauchen besorgte Bürger sich auch keine Angst um die Reinheit der Luft in ihrer Region machen. Das jedenfalls sagt Geschäftsführer Reiner Haupt nach der Planung und dem 12-monatigen Probebetrieb:

    Reiner Haupt: Wir konnten schon im Genehmigungsverfahren durch die theoretischen Werte diese Dinge widerlegen und jetzt, nach einem Jahr Betrieb der EVA können auch durch die realen Werte diese Bedenken entkräftet werden.

    Die offizielle Betriebsgenehmigung ist inzwischen jedenfalls da. Jetzt muss noch abgewartet werden, wie sich das Konzept weiter durchsetzt. Weitere Anlagen sind jedenfalls schon geplant - und zwar in Dresden und in Trier.