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Eine Auszeichnung für die ganze Universität

Einmal einem Politiker so richtig die Meinung sagen... Was sich vielleicht viele junge Menschen wünschen, passiert heute an der Uni Osnabrück: Bundespräsident Johannes Rau hat sich zum Gespräch mit Studierenden angesagt. Die Visite ist Teil der Sommerreise des Bundespräsidenten.

    Ein Beitrag von Hans Peter Fischer

    Seit 14.00 Uhr absolviert Bundespräsident Johannes Rau ein strammes Programm an der Uni Osnabrück: Die zweistündige Visite ist minutiös geplant, vom Empfang durch Bürgermeister und Unileitung bis hin zur Abreise. Kernpunkt der Visite ist jedoch kein symbolischer Auftritt, sondern eine politische Diskussion mit 16 Studierenden. Martin Georg Schröder ist einer von ihnen und möchte drei Themen ansprechen.

    Eine gewisse Parteiverdrossenheit, dass man ein bisschen das Gefühl hat, dass Probleme nicht immer adäquat angegangen werden. Das zweite wäre, dass es das geflügelte Wort eines Reformstaus gibt, man hört das seit zehn Jahren, aber es scheint sich auch nicht wirklich groß zu ändern und das bedingt dann natürlich eine bestimmte Verdrossenheit. Das dritte Thema fällt da auch ein wenig rein, es geht halt um die Parteipolitik und die Inszenierung von Politik anstelle von effizienter Problemlösung.

    Martin Georg Schröder und seine 15 Kommilitonen im Fach Europäische Studien möchten Johannes Rau ihre Sich der deutschen Politik vermitteln. Studentische Interessen sparen die Hochschüler jedoch aus. Schließlich geht Rau auf Sommerreise, um sich über politische Ansichten junger Menschen im allgemeinen zu informieren, meint Martin Georg Schröder. Beim Besuch an der Uni Osnabrück jedenfalls wird sich der Bundespräsident voll und ganz auf die 16 handverlesenen Studierenden konzentrieren: Die Gesprächsrunde in der Uni-Bibliothek ist weitestgehend von der Umwelt abgeschirmt. Diese Isolation ist Teil der Sicherheitsmaßnahmen, betroffen sind auch die Studierenden: Ihre Personalien wurden dem Bundeskriminalamt mitgeteilt, dort wurde u.a. ein möglicher terroristischer Hintergrund geprüft.

    Wir waren alle erst mal erstaunt, in welchem Maße für die Sicherheit des Präsidenten gesorgt werden muss und inwiefern das vielleicht auch das ganze einschränkt, nur der wesentliche Punkt ist, dass das Gespräch an sich, die Kommunikation zwischen ihm und uns stattfindet, dass ich da eben nicht das Gefühl habe, dass das ganze eingeschränkt ist.

    Das Bundespräsidialamt hält die Sicherheitsvorkehrungen für angemessen: Das ganze sei ein völlig normales Vorgehen Prof. Ralf Kleinfeld, Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften und auf Uniseite Organisator der Präsidentenvisite.

    Der Besuch ist nicht so zu verstehen, wie wenn ein Politiker einmal durch eine Einkaufsstraße geht während des Wahlkampfes. Hier geht es darum, dass gezielt ein Gespräch mit einem repräsentativen Ausschnitt aus der Bevölkerung, nämlich Jugendlichen geführt wird. Wenn man ein solches Gespräch ernst nimmt und nicht als eine Schauveranstaltung, dann muss man auch dafür sorgen, dass dieses Gespräch eben auch in einer relativ abgeschirmten Atmosphäre stattfinden kann, weil es sonst tatsächlich zu einer Art öffentlichen Inszenierung kommt.

    Eine politische Inszenierung soll das Gespräch auf keinen Fall werden. Ebenso wenig ist eine hitzige Debatte zu erwarten. Wahrscheinlich wird der Bundespräsident freundlich Fragen stellen und höflich den Ausführungen der Studierenden lauschen. Martin Georg Schröder ist sich im Klaren darüber, dass Johannes Rau nicht gerade in der Schaltzentrale Macht sitzt.

    Ich hoffe, dass es da einen stärkern informellen als formellen Einfluss gibt, sprich: Dass er sich vielleicht einfach mal mit Leuten zusammensetzt, vielleicht dem Bundeskanzler oder anderen Abgeordneten, und vielleicht einmal informell bespricht, ich hatte da die und die Gespräche und ich hatte das Gefühl, dass die und die Probleme artikuliert wurden, die vielleicht noch nicht unbedingt von der Politik wirklich erfasst werden.

    Links zum Thema:

    Die Universität Osnabrück zum Besuch von Bundespräsident Rau

    Zur Sommerreise des Bundespräsidenten