Arndt Reuning: Herr Professor Nogge, Sie sind ehemaliger Direktor des Kölner Zoos und Vorreiter der artgerechten Tierhaltung. Hat es während Ihrer Laufbahn einmal einen ähnlichen Fall gegeben, dass ein Tierkind von den Eltern nicht angenommen wurde?
Gunther Nogge: Das kommt immer wieder vor, das ist nicht nur im Kölner Zoo, und wie jetzt im Berliner Zoo, vorgekommen, sondern das kommt eigentlich ständig vor, dass Mütter ihre Kinder nicht annehmen, dass sie meist keine Milch haben, und dass man sich dann entschließt, sie mit der Flasche großzuziehen. Das heißt, es sind also schon tausende, wenn nicht zigtausende von Tierkindern in den Zoos so aufgezogen worden.
Reuning: Das heißt, solche Tiere einzuschläfern, dafür sehen Sie keine Notwendigkeit?
Nogge: Also, ich wundere mich ehrlich gesagt ein bisschen. Das ist ein bisschen hoch aufgebauscht. Das ist ein Herr Frank Albrecht, so wie ich in den Medien gelesen habe, der also sagt, das wäre artgerecht, man solle den kleinen Eisbären einschläfern - derselbe Mann, der den Kölner Zoo vor kurzem angezeigt hat, weil hier zwei Rindviecher geschlachtet worden sind. Also das ist alles ein bisschen widersprüchlich.
Reuning: Wenn Tiere im Zoo von Menschen aufgezogen werden, worauf müssen die Pfleger denn dann besonders achten?
Nogge: Es kommt natürlich darauf an, dass die Tiere nicht auf den Menschen geprägt werden, nicht zu sehr auch auf ihn fixiert werden, sondern dass sie rechtzeitig an ihre Artgenossen gewöhnt werden, dass sie ihre arteigenen Verhaltensweisen erlernen können, sodass sie später dann auch einen normalen sozialen Umgang mit den Artgenossen aufnehmen können. Aber das gelingt, wir haben ja sehr viel Erfahrung von Bären bis Menschenaffen, von Antilopen bis weiß ich nicht, was für Tierarten, die alle schon erfolgreich mit der Flasche aufgezogen worden sind und die später integriert worden sind, die sozialisiert sind und die sich dann auch fortgepflanzt haben und ihre Jungen sogar selber aufgezogen haben.
Reuning: Das heißt mittlerweile gibt es im Zoo auch so eine Art natürlichen Raum, wo das Verhalten wie in der Natur erlernt werden kann?
Nogge: Das lernen die Flaschenkinder natürlich von ihren Artgenossen, wenn sie dann in die Gruppe hinein kommen, also in dem Fall von Knut wird er irgendwann ausgewachsen sein, vermutlich geht er in einen anderen Zoo, wird da verpaart werden und dann werden wir sehen, ob es funktioniert.
Reuning: Der natürliche Lebensraum von Eisbären ist ja von dem Klimawandel bedroht. Ist das ein besonders starker Grund, die Tiere mit der Flasche aufzuziehen?
Nogge: Natürlich stellen Tierbestände in den Zoos grundsätzlich auch eine Reserve dar für die Natur. Und gerade bei solchen Tierarten wie dem Eisbär, der im Moment sehr stark gefährdet ist, hat man jetzt einen Antrag gestellt, den Eisbären wieder – obwohl er sich erholt hatte von knapp 10.000 Exemplaren in der Natur auf heute 20 bis 25.000 – angesichts der Klimaerwärmung und der drohenden Polschmelze wieder als gefährdet einzustufen. Ob die Eisbären, die in Zoos leben und gezüchtet werden, irgendwann eine Rolle spielen als Reservepopulation in dem Sinn, dass sie eines Tages wieder ausgewildert werden, das kann ich nicht voraussagen. Aber auf jeden Fall sind sie doch hier im Zoo Botschafter ihrer bedrohten Tierart und können also die Menschen aufmerksam machen auf den Zustand der Natur, in dem Fall sogar auf den Klimawandel und welche Konsequenzen das alles haben kann - Zoos müssen es ihren Besuchern nur erklären.
Reuning: Aus Ihrer Sicht: was hat sich getan in den vergangenen Jahrzehnten in den Zoos, was die artgerechte Haltung angeht?
Nogge: Unsere Kenntnisse über das Leben von Tieren in der Natur durch viele Freilandstudien, durch Langzeitstudien auch an den Tieren, haben ja auch enorm zugenommen. Und es ist die Aufgabe des Tiergärtners, die im Freiland gewonnenen Erkenntnisse und natürlich auch die eigenen Erfahrungen, die man im Zoo gemacht hat, so umzusetzen, dass die Tiere hier ein natürliches, normales Leben führen können. Da hat sich im Laufe der letzten 25, 30 Jahre doch sehr viel getan. Wir halten heute Tiere ohne Probleme, wir züchten auch Tiere ohne Probleme, von denen man vor 30 Jahren nur geträumt hat.
Gunther Nogge: Das kommt immer wieder vor, das ist nicht nur im Kölner Zoo, und wie jetzt im Berliner Zoo, vorgekommen, sondern das kommt eigentlich ständig vor, dass Mütter ihre Kinder nicht annehmen, dass sie meist keine Milch haben, und dass man sich dann entschließt, sie mit der Flasche großzuziehen. Das heißt, es sind also schon tausende, wenn nicht zigtausende von Tierkindern in den Zoos so aufgezogen worden.
Reuning: Das heißt, solche Tiere einzuschläfern, dafür sehen Sie keine Notwendigkeit?
Nogge: Also, ich wundere mich ehrlich gesagt ein bisschen. Das ist ein bisschen hoch aufgebauscht. Das ist ein Herr Frank Albrecht, so wie ich in den Medien gelesen habe, der also sagt, das wäre artgerecht, man solle den kleinen Eisbären einschläfern - derselbe Mann, der den Kölner Zoo vor kurzem angezeigt hat, weil hier zwei Rindviecher geschlachtet worden sind. Also das ist alles ein bisschen widersprüchlich.
Reuning: Wenn Tiere im Zoo von Menschen aufgezogen werden, worauf müssen die Pfleger denn dann besonders achten?
Nogge: Es kommt natürlich darauf an, dass die Tiere nicht auf den Menschen geprägt werden, nicht zu sehr auch auf ihn fixiert werden, sondern dass sie rechtzeitig an ihre Artgenossen gewöhnt werden, dass sie ihre arteigenen Verhaltensweisen erlernen können, sodass sie später dann auch einen normalen sozialen Umgang mit den Artgenossen aufnehmen können. Aber das gelingt, wir haben ja sehr viel Erfahrung von Bären bis Menschenaffen, von Antilopen bis weiß ich nicht, was für Tierarten, die alle schon erfolgreich mit der Flasche aufgezogen worden sind und die später integriert worden sind, die sozialisiert sind und die sich dann auch fortgepflanzt haben und ihre Jungen sogar selber aufgezogen haben.
Reuning: Das heißt mittlerweile gibt es im Zoo auch so eine Art natürlichen Raum, wo das Verhalten wie in der Natur erlernt werden kann?
Nogge: Das lernen die Flaschenkinder natürlich von ihren Artgenossen, wenn sie dann in die Gruppe hinein kommen, also in dem Fall von Knut wird er irgendwann ausgewachsen sein, vermutlich geht er in einen anderen Zoo, wird da verpaart werden und dann werden wir sehen, ob es funktioniert.
Reuning: Der natürliche Lebensraum von Eisbären ist ja von dem Klimawandel bedroht. Ist das ein besonders starker Grund, die Tiere mit der Flasche aufzuziehen?
Nogge: Natürlich stellen Tierbestände in den Zoos grundsätzlich auch eine Reserve dar für die Natur. Und gerade bei solchen Tierarten wie dem Eisbär, der im Moment sehr stark gefährdet ist, hat man jetzt einen Antrag gestellt, den Eisbären wieder – obwohl er sich erholt hatte von knapp 10.000 Exemplaren in der Natur auf heute 20 bis 25.000 – angesichts der Klimaerwärmung und der drohenden Polschmelze wieder als gefährdet einzustufen. Ob die Eisbären, die in Zoos leben und gezüchtet werden, irgendwann eine Rolle spielen als Reservepopulation in dem Sinn, dass sie eines Tages wieder ausgewildert werden, das kann ich nicht voraussagen. Aber auf jeden Fall sind sie doch hier im Zoo Botschafter ihrer bedrohten Tierart und können also die Menschen aufmerksam machen auf den Zustand der Natur, in dem Fall sogar auf den Klimawandel und welche Konsequenzen das alles haben kann - Zoos müssen es ihren Besuchern nur erklären.
Reuning: Aus Ihrer Sicht: was hat sich getan in den vergangenen Jahrzehnten in den Zoos, was die artgerechte Haltung angeht?
Nogge: Unsere Kenntnisse über das Leben von Tieren in der Natur durch viele Freilandstudien, durch Langzeitstudien auch an den Tieren, haben ja auch enorm zugenommen. Und es ist die Aufgabe des Tiergärtners, die im Freiland gewonnenen Erkenntnisse und natürlich auch die eigenen Erfahrungen, die man im Zoo gemacht hat, so umzusetzen, dass die Tiere hier ein natürliches, normales Leben führen können. Da hat sich im Laufe der letzten 25, 30 Jahre doch sehr viel getan. Wir halten heute Tiere ohne Probleme, wir züchten auch Tiere ohne Probleme, von denen man vor 30 Jahren nur geträumt hat.