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"Eine enorme Herausforderung"

Für Autos in der EU sollen künftig neue CO2-Obergrenzen gelten. Wenn ein Autobauer in Elektroautos investiert, kann er das künftig gegen seine Spritschlucker aufrechnen. Umweltschützer kritisieren diese Rechnung. Auch die Autobauer sind mit der Regelung nicht zufrieden.

Von Michael Braun | 25.06.2013
    Sie drücken sich, sie stöhnen vernehmlich wegen der Auflagen und sie spekulieren auf Umgehung der Grenzwerte - das sind die ersten Reaktionen, die bekommt, wer die Autohersteller nach ihrer Meinung zu den zugegeben: noch nicht final beschlossenen neuen Grenzwerten befragt. Die Hersteller selbst sagen unisono gar nichts. Sie verweisen auf ihre Lobby, auf den Verband der Automobilindustrie in Berlin. Von dort kann vermeldet werden: Die neuen Klimaschutzvorgaben der EU stellten eine "enorme Herausforderung" dar, teilte Verbandspräsident Matthias Wissmann mit. Das Ziel, dass Neuwagen 2020 nur noch 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen, sei weltweit der schärfste Grenzwert.

    Immerhin kommen die 95 Gramm ja nicht wie "Kai aus der Kiste". Der Grenzwert war in der Brüsseler Debatte schon einmal ambitionierter, also: niedriger. Und die ausländischen Hersteller auf dem deutschen Markt deuten an, sie kämen damit zurecht. Die Hersteller aus Italien, Frankreich, Japan, Korea und so weiter haben sich im Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller zusammengeschlossen. Für den kommentiert Thomas Böhm die Brüsseler Grenzwerte so:

    "Der in Brüssel beschlossene Wert ist ja nicht neu und kann erreicht werden."

    Dazu muss man wissen, dass die ausländischen Hersteller ja nicht nur für die seit Jahren eingeführten Hybridfahrzeuge von Toyota stehen, nicht nur für die Elektroautos von Renault und bald für den ersten serienmäßigen Wagen mit Brennstoffzellenantrieb aus der Fabrik von Hyundai. Sie stehen vor allem für deutlich kleinere und leichtere Autos als die, die die deutschen Hersteller anbieten. Dass ein Fiat Cinquecento weniger verbraucht als ein 5er-BMW, liegt am Gewicht, an der Luftverdrängung, an den Gesetzen der Physik.

    Doch weil bei großen Autos auch die Margen meist größer sind, will niemand von diesem Angebot lassen. Die deutschen Hersteller pochen daher darauf, dass die sogenannten "Supercredits" erhalten bleiben. Das sind Hybrid- oder Elektrofahrzeuge, jedenfalls Autos mit weniger als 50 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer. Die zählen bisher mehrfach und drücken damit rechnerisch den Ausstoß der ganzen Flotte. Der BMW i 3, der rein elektrisch fährt und Ende des Jahres auf den Markt kommt, ist solch ein "Supercredit." Umweltschützer beschimpfen sie allerdings als Schlupflöcher. Greenpeace spricht von einer "Subventionierung deutscher Spritschlucker".

    Und dann kommt im Gespräch mit der Branche immer wieder hoch, dass ja bald auch die Normen zur Verbrauchsmessung geändert werden. Schließlich ärgert sich jeder Kunde über die bisherigen Normverbräuche, die mit der Realität nichts zu tun haben. Die neuen Werte werden also höher liegen. Dann müssen auch die Grenzwerte angepasst werden: Eine neue Chance für jede Lobby, wieder aktiv zu werden.