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Eine Frage der Finanzierung

Die Bundesregierung setzt in ihrem Energiekonzept auf die Sanierung alter Häuser. Bezahlt werden soll dies durch die Erleichterung von Mieterhöhungen. Doch was will sie selbst dazu beitragen? Nicht viel, so die Kritik von Umweltschützern.

Von Philip Banse | 22.10.2010
    Die Ziele sind ehrgeizig: In ihrem Energiekonzept hat die Bundesregierung festgelegt, dass jedes Jahr doppelt so viele Häuser saniert werden sollen, wie bisher. Kritiker sagen: Das Ziel ist richtig, doch die Gesetze, mit denen das Energiekonzept jetzt umgesetzt werden soll, werden die Gebäudesanierung nicht fördern, sondern bremsen. Wie geht die Argumentation? Zentrales Instrument, um die Gebäudesanierung in Deutschland zu fördern, ist das Gebäudesanierungsprogramm, das bisher unbestritten erfolgreich war. Bauherren bekommen hier verbilligte Kredite für energetische Sanierungen. Zur Förderung dieser Kredite stehen im nächsten Jahr 936 Millionen Euro zur Verfügung. Das geht aus dem Gesetz hervor über den Energie- und Klimafonds, das kommenden Donnerstag verabschiedet werden soll. 936 Millionen Euro für das Jahr 2011.

    "Das ist bei Weitem zu wenig, das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit lässt sich die Herkulesaufgabe der energetischen Gebäudesanierung nicht in den Griff bekommen",

    sagt Tobias Krug von der Klimaschutz-Organisation WWF. Um so viele Gebäude zu sanieren, wie von der Bundesregierung angestrebt, wären mindesten 5 Milliarden nötig, also fünf Mal soviel wie jetzt geplant, sagen die Verbraucherschutzverbände. Selbst der Staatssekretär des zuständigen Bauministers Ramsauer, Jan Mücke, FDP, hatte mal drei Milliarden Euro jährlich gefordert für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm. Jetzt seien knapp eine Milliarde ausreichend, weil die einst ehrgeizigen Ziele des Energiekonzepts entschärft wurden:

    "Wenn dieses sehr, sehr anspruchsvolle Ziel hätte umgesetzt werden müssen, wären drei Milliarden Euro sicher die korrekte Forderung gewesen. Diese Ziele haben sich geändert, es ist ein größerer Realismus eingezogen. Wir haben jetzt festgelegt, dass wir 80 Prozent der Primärenergie einsparen wollen. Dadurch macht sich auch geringerer Förderanteil notwendig als der, der ursprünglich in Rede stand."

    Erster Kritikpunkt also: Zu wenig Geld für 2011. Der zweite Kritikpunkt: Wie die Sanierung von Gebäuden nach 2011 gefördert wird, ist völlig offen. Auch Bau-Staatssekretär Mücke sagt, fest steht bisher nur die Fördersumme fürs nächste Jahr:

    "Das hat nichts damit zu tun, wie die Kreditzusagen im Jahr 2012, 2013 oder 2014 und so weiter sein werden. Das kann heute noch keiner sagen."

    Ob ein Bauherr, der 2012 beschließt, sein Haus zu sanieren, überhaupt noch einen verbilligten Kredit bekommt, weiß also bis heute niemand. Und da passen Theorie und Praxis einfach nicht zusammen, sagen Kritiker wie Tobias Krug vom WWF: Die Bundesregierung könne nicht sagen: In den nächsten 40 Jahren sollen Millionen Häuser saniert werden und das wohl wichtigste Förderinstrument nur fürs nächste Jahr mit Geld ausstatten. Dazu muss man wissen, dass das Gebäudesanierungsprogramm jetzt aus zwei Töpfen finanziert wird: knapp die Hälfte kommt aus dem Haushalt, der Rest kommt aus dem neuen Energie- und Klimafonds, in den auch Geld aus der Verlängerung der AKW-Laufzeiten fließt. Ob und mit wie viel Geld das Gebäudesanierungsprogramm also auch nach 2011 noch existiert, hängt von zwei Faktoren ab: Bekommt das Bauministerium genug Steuergelder aus dem Haushalt? Und bekommt es für die Gebäudesanierung genug Geld aus dem Klimafonds, mit dem ja auch noch Energieforschung und Windparks finanziert werden? Das weiß auch Bau-Staatssekretär Mücke nicht:

    "Das kann man nicht sagen. Wir arbeiten daran, dass wir diese 500 Millionen aus dem Energie- und Klimafonds auch 2012 bekommen, aber keiner weiß, wie die Steuereinnahmen sich entwickeln werden, wie der Haushalt 2012 aussehen wird und wie sich der Energie- und Klimafonds sich speisen wird."

    Tobias Krug vom WWF bezweifelt, dass in den nächsten Jahren Steuergelder in das Gebäudesanierungsprogramm fließen werden:

    "Uns beim WWF fehlt der Glaube, dass noch zusätzliche Haushaltsmittel für das Gebäudesanierungsprogramm zur Verfügung gestellt werden. Momentan sehen wir nicht, wo die herkommen sollten. Das ist traurig. Die Gebäudesanierung ist eine der zentralen Baustellen im Rahmen des Energiekonzepts. Diese nun praktisch gar nicht mehr zu fördern, ist aus unserer Sicht ein Trauerspiel."

    Das hängt auch damit zusammen, wie das Gebäudesanierungsprogramm finanziert wird.

    Mehr dazu bei dradio.de:
    Bundesregierung kürzt Gebäudesanierungsprogramme