Manfred Kloiber: Die Auseinandersetzungen um WikiLeaks haben die Diskussion um die künftige Internetverwaltung in dieser Woche noch einmal angeheizt. Auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen haben die UN-Botschafter verschiedener Länder Südamerikas, Afrikas und auch einiger asiatischer Staaten, gefordert, die Internetverwaltung ICANN stärker zu internationalisieren. Wie stehen denn die Chancen, die Rootzone und damit das Kernelement des Domain Name Systems unter internationale Aufsicht zu bekommen, Peter Welchering?
Peter Welchering: Also langfristig gesehen standen die Chancen noch nie so gut, aber das wird wirklich ein langer, sehr, sehr langer Weg sein. Und ein ganz ein ganz wichtiger Schritt auf diesem Weg wurde tatsächlich am letzten Dienstag, am vergangenen Dienstag von Brasilien, von Indien und von Südafrika sozusagen in einer Art Gemeinschaftsaktion getan. Denn deren UN-Botschafter haben in der Generalversammlung der Vereinten Nationen den Vorschlag unterbreitet, eine UN-Arbeitsgruppe für internationale Netzpolitik einzurichten. Beim Streit um WikiLeaks, so haben sie argumentiert, habe sich ja gezeigt, dass die Kontrolle des Internet durch einzelne Staaten verhindert werden müsse. Und deshalb sei es eben an der Zeit, eine entsprechende Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen einzurichten, die Maßnahmen entwickeln soll, aber auch diese Maßnahmen der Generalversammlung vorliegt, um genau eine solche Kontrolle des Internet durch einzelne Staaten dann zu verhindern.
Kloiber: Und wie haben die Vereinigten Staaten, die USA, darauf reagiert?
Welchering: Die haben sofort eine solche Arbeitsgruppe abgelehnt. Und dass die USA weiterhin die Oberaufsicht über die Rootzone, also damit auch über das gesamte Domain Name System behalten müssten, das stünde doch völlig außer Frage. Und entsprechend würde man den Vertrag mit der Internetverwaltung ICANN über den Betrieb dieser Rootzone, also sozusagen der zentralen Datenbank mit den Toplevel-Domains im Jahr 2011 auch wieder abschließen. Das war schon eine klare Festlegung. Das wiederum aber rief den Widerstand vieler Länder in der Generalversammlung in New York auf den Plan. Und so war dann plötzlich zu hören: Bevor im nächsten Jahr ein neuer Vertrag der amerikanischen Regierung mit der Internetverwaltung ICANN über die IANA, also über den Betrieb der Rootzone – die heißt dann eben Internet Assigned Numbers Authority, weil sie diese Rootzone verwaltet – bevor ein solcher Vertrag abgeschlossen werde, da müssten doch bitteschön die Vereinten Nationen erst einmal die Bedingungen für einen solchen Vertrag beraten.
Kloiber: Wie schätzen denn die europäischen Staaten diesen ganzen Vorgang ein?
Welchering: Die sind erstaunlicher Weise größtenteils noch vollkommen unentschieden. Lediglich die Briten haben sich sofort gegen die geforderte UN-Arbeitsgruppe zur internationalen Netzpolitik ausgesprochen. Die Franzosen sind zwar dagegen – das haben sie so am Rande der Generalversammlung verlauten lassen –, aber die haben noch kein offizielles Votum abgegeben. Und von Deutschland hatten eigentlich alle erwartet, dass eine solche Arbeitsgruppe von Deutschland unterstützt würde, zumal das ja auch in Tunis auf dem Weltinformationsgipfel 2005 passiert ist. Aber die Bundesregierung schweigt zu dieser Frage bisher. Und vor allen Dingen aus den sogenannten sich entwickelnden Ländern wird weiterhin auch in der UN sehr starker Druck aufgebaut, eben eine solche Arbeitsgruppe einzurichten. Und diese Arbeitsgruppe soll dann sogar langfristig nach dem Willen dieser Länder die Aufgaben des Internet Government Forum übernehmen.
Kloiber: ... das ja so eine Art Zwischen-Diskussionsforum war, bevor man eben halt diesen Schritt geht, die Internetverwaltung zu internationalisieren, das stand ja immer in Frage. Mit der Zukunft des Internet Government Forum hat sich ja auch die Generalversammlung befasst. Gab es da weitreichende Beschlüsse?
Welchering: Ja, immerhin hat das IGF, also dieses Internet Government Forum, ein neues Mandat bekommen. Aber es wurden auch von den vereinten Nationen deutliche Reformen angemahnt. Damit hat sich in der Generalversammlung eine deutliche Mehrheit der Länder eben gegen den Beschluss des UN-Rates für Wirtschaft und Soziales, also den Ecosoc ausgesprochen. Die wollten nämlich eigentlich haben, dass die Reformen dieses Internet Government Forum ausschließlich von den Regierungsvertretern beraten werden – und da haben die Leute in der Generalversammlung ganz klar gesagt, zivilgesellschaftliche Gruppen und andere müssen da miteinbezogen werden.
Kloiber: Peter Welchering über den Versuch, die Internetverwaltung ICANN zu internationalisieren. Vielen Dank.
Peter Welchering: Also langfristig gesehen standen die Chancen noch nie so gut, aber das wird wirklich ein langer, sehr, sehr langer Weg sein. Und ein ganz ein ganz wichtiger Schritt auf diesem Weg wurde tatsächlich am letzten Dienstag, am vergangenen Dienstag von Brasilien, von Indien und von Südafrika sozusagen in einer Art Gemeinschaftsaktion getan. Denn deren UN-Botschafter haben in der Generalversammlung der Vereinten Nationen den Vorschlag unterbreitet, eine UN-Arbeitsgruppe für internationale Netzpolitik einzurichten. Beim Streit um WikiLeaks, so haben sie argumentiert, habe sich ja gezeigt, dass die Kontrolle des Internet durch einzelne Staaten verhindert werden müsse. Und deshalb sei es eben an der Zeit, eine entsprechende Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen einzurichten, die Maßnahmen entwickeln soll, aber auch diese Maßnahmen der Generalversammlung vorliegt, um genau eine solche Kontrolle des Internet durch einzelne Staaten dann zu verhindern.
Kloiber: Und wie haben die Vereinigten Staaten, die USA, darauf reagiert?
Welchering: Die haben sofort eine solche Arbeitsgruppe abgelehnt. Und dass die USA weiterhin die Oberaufsicht über die Rootzone, also damit auch über das gesamte Domain Name System behalten müssten, das stünde doch völlig außer Frage. Und entsprechend würde man den Vertrag mit der Internetverwaltung ICANN über den Betrieb dieser Rootzone, also sozusagen der zentralen Datenbank mit den Toplevel-Domains im Jahr 2011 auch wieder abschließen. Das war schon eine klare Festlegung. Das wiederum aber rief den Widerstand vieler Länder in der Generalversammlung in New York auf den Plan. Und so war dann plötzlich zu hören: Bevor im nächsten Jahr ein neuer Vertrag der amerikanischen Regierung mit der Internetverwaltung ICANN über die IANA, also über den Betrieb der Rootzone – die heißt dann eben Internet Assigned Numbers Authority, weil sie diese Rootzone verwaltet – bevor ein solcher Vertrag abgeschlossen werde, da müssten doch bitteschön die Vereinten Nationen erst einmal die Bedingungen für einen solchen Vertrag beraten.
Kloiber: Wie schätzen denn die europäischen Staaten diesen ganzen Vorgang ein?
Welchering: Die sind erstaunlicher Weise größtenteils noch vollkommen unentschieden. Lediglich die Briten haben sich sofort gegen die geforderte UN-Arbeitsgruppe zur internationalen Netzpolitik ausgesprochen. Die Franzosen sind zwar dagegen – das haben sie so am Rande der Generalversammlung verlauten lassen –, aber die haben noch kein offizielles Votum abgegeben. Und von Deutschland hatten eigentlich alle erwartet, dass eine solche Arbeitsgruppe von Deutschland unterstützt würde, zumal das ja auch in Tunis auf dem Weltinformationsgipfel 2005 passiert ist. Aber die Bundesregierung schweigt zu dieser Frage bisher. Und vor allen Dingen aus den sogenannten sich entwickelnden Ländern wird weiterhin auch in der UN sehr starker Druck aufgebaut, eben eine solche Arbeitsgruppe einzurichten. Und diese Arbeitsgruppe soll dann sogar langfristig nach dem Willen dieser Länder die Aufgaben des Internet Government Forum übernehmen.
Kloiber: ... das ja so eine Art Zwischen-Diskussionsforum war, bevor man eben halt diesen Schritt geht, die Internetverwaltung zu internationalisieren, das stand ja immer in Frage. Mit der Zukunft des Internet Government Forum hat sich ja auch die Generalversammlung befasst. Gab es da weitreichende Beschlüsse?
Welchering: Ja, immerhin hat das IGF, also dieses Internet Government Forum, ein neues Mandat bekommen. Aber es wurden auch von den vereinten Nationen deutliche Reformen angemahnt. Damit hat sich in der Generalversammlung eine deutliche Mehrheit der Länder eben gegen den Beschluss des UN-Rates für Wirtschaft und Soziales, also den Ecosoc ausgesprochen. Die wollten nämlich eigentlich haben, dass die Reformen dieses Internet Government Forum ausschließlich von den Regierungsvertretern beraten werden – und da haben die Leute in der Generalversammlung ganz klar gesagt, zivilgesellschaftliche Gruppen und andere müssen da miteinbezogen werden.
Kloiber: Peter Welchering über den Versuch, die Internetverwaltung ICANN zu internationalisieren. Vielen Dank.