Ursula, eine junge ehrgeizige Musikerin, schwärmt für Hitler. Sie will ihm eine selbst komponierte Hymne überreichen, durchbricht die Absperrung der SA-Männer und fällt genau in dem Moment in Ohnmacht, als der Abgott der Deutschen in seiner offenen Limousine vorüberrauscht. War Hitler ein Popstar?
Die Berliner Regisseurin Jutta Brückner interessiert sich seit langem für die jubelnden Massen in den Wochenschaudokumenten der Nazis. Warum setzten sie solche Begeisterung und Ekstase vor allem bei den Frauen frei? In "Hitlerkantate", einer fiktiven Geschichte aus den dreißiger Jahren, geht Jutta Brückner dieser zwiespältigen, bis heute tabuisierten Gefühlslage auf den Grund. Es muss ein Potential von Sinnlichkeit und Faszination gegeben haben, das die Frauen jener Zeit als Versprechen empfanden und das die Nazis mit massiver Disziplinierung beantworteten.
Wie dieses Dilemma in die Lebensgeschichten eingriff, schildert der Film am Beispiel der glühenden jungen Frau, die einen skeptischen Musikprofessor dazu animieren soll, eine stramme Propaganda-Kantate zu Hitlers Geburtstag zu komponieren. Der Auftrag bedeutet ihr alles: die musikalische Herausforderung und die Bewährung vor einer Idee, die größer ist als sie. Ursula – von der Nachwuchsschauspielerin Lena Lauzemis in einer Mischung von sprödem Trotz und glühender Inbrunst verkörpert – macht ihr Weltbild zu einer Kampfansage:
Ursula: "Sie haben das komponiert? "
Broch: " Ja, vor einer Ewigkeit. Damals war ich noch ein Kerl. "
Ursula: "Der Chor wäre genau richtig für den dritten Satz. "
Broch: "Ja natürlich. Hoch das Land, hoch die SA, hoch die KZs!"
Ursula: "Herr Broch, die KZs sind Arbeitslager, da werden arbeitsscheue Elemente wieder an ein normales Arbeitsleben gewöhnt. Und wenn sie das wieder können, dann werden sie entlassen. Es ist nämlich so, Herr Broch, dass zum ersten Mal in Deutschland beides in einer Hand ist, die Macht und das Richtige, der Glaube und die Wahrheit und auch Menschlichkeit und Güte. Arbeiten, Kämpfen und Sterben für ein hohes Ziel.
Mit den Mitteln eines komplexen Kammerspiels schildert "Hitlerkantate", wie die junge Frau zur Gefangenen ihres pubertären Glaubens wird. Ursula reist mit dem Musikprofessor in ein einsames finnisches Haus, verliebt sich in die erotisch besetzte Vaterfigur, und wird am Ende fallen gelassen. Auch ihre Heirat mit einem SS-Karrieristen scheitert, weil sie ihre Abstammung nicht nach den Maßregeln der Rassegesetze klären kann.
Jutta Brückner hat einen in Kamera und Schnitt ambitionierten Film gedreht, der sich Zeit nimmt, ambivalente Gefühlswelten hinter den Nazi-Stereotypen aufzuspüren. Hilmar Thate spielt den alternden Komponisten als eitlen, politisch weitsichtigen aber auch opportunistischen Zyniker. Man hätte sich eine Spur weniger Theaterdonner in seinem Spiel gewünscht.
Jutta Brückners Film will in seinen mäandernden Nebengeschichten viele Fragen zum Thema Liebe und Sexualität in der Nazi-Zeit ansprechen, das erfordert mehr Aufmerksamkeit als in den Mainstream-Filmen, die in den letzten Jahren eine neue Welle der filmischen Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit in die Kinos brachten. "Der Untergang" und "Napola". erzählten aus der Täterperspektive, "Rosenstraße", "Sophie Scholl" und "Der neunte Tag" erinnerten an den Widerstand gegen die Nazis. "Hitlerkantante" ist ein sperriger kleiner Film, der die Schwärmerei und Hysterie seiner Figuren schildert, ohne sie zu denunzieren. Was bleibt, ist eine beunruhigende Geschichte der Gefühle, die von der viel zu wenig erforschten Modernität der Nazis zeugt. Wie sie Gefühle manipulierten, ist mit dem Ende Hitlers nicht aus der Welt verschwunden.
Die Berliner Regisseurin Jutta Brückner interessiert sich seit langem für die jubelnden Massen in den Wochenschaudokumenten der Nazis. Warum setzten sie solche Begeisterung und Ekstase vor allem bei den Frauen frei? In "Hitlerkantate", einer fiktiven Geschichte aus den dreißiger Jahren, geht Jutta Brückner dieser zwiespältigen, bis heute tabuisierten Gefühlslage auf den Grund. Es muss ein Potential von Sinnlichkeit und Faszination gegeben haben, das die Frauen jener Zeit als Versprechen empfanden und das die Nazis mit massiver Disziplinierung beantworteten.
Wie dieses Dilemma in die Lebensgeschichten eingriff, schildert der Film am Beispiel der glühenden jungen Frau, die einen skeptischen Musikprofessor dazu animieren soll, eine stramme Propaganda-Kantate zu Hitlers Geburtstag zu komponieren. Der Auftrag bedeutet ihr alles: die musikalische Herausforderung und die Bewährung vor einer Idee, die größer ist als sie. Ursula – von der Nachwuchsschauspielerin Lena Lauzemis in einer Mischung von sprödem Trotz und glühender Inbrunst verkörpert – macht ihr Weltbild zu einer Kampfansage:
Ursula: "Sie haben das komponiert? "
Broch: " Ja, vor einer Ewigkeit. Damals war ich noch ein Kerl. "
Ursula: "Der Chor wäre genau richtig für den dritten Satz. "
Broch: "Ja natürlich. Hoch das Land, hoch die SA, hoch die KZs!"
Ursula: "Herr Broch, die KZs sind Arbeitslager, da werden arbeitsscheue Elemente wieder an ein normales Arbeitsleben gewöhnt. Und wenn sie das wieder können, dann werden sie entlassen. Es ist nämlich so, Herr Broch, dass zum ersten Mal in Deutschland beides in einer Hand ist, die Macht und das Richtige, der Glaube und die Wahrheit und auch Menschlichkeit und Güte. Arbeiten, Kämpfen und Sterben für ein hohes Ziel.
Mit den Mitteln eines komplexen Kammerspiels schildert "Hitlerkantate", wie die junge Frau zur Gefangenen ihres pubertären Glaubens wird. Ursula reist mit dem Musikprofessor in ein einsames finnisches Haus, verliebt sich in die erotisch besetzte Vaterfigur, und wird am Ende fallen gelassen. Auch ihre Heirat mit einem SS-Karrieristen scheitert, weil sie ihre Abstammung nicht nach den Maßregeln der Rassegesetze klären kann.
Jutta Brückner hat einen in Kamera und Schnitt ambitionierten Film gedreht, der sich Zeit nimmt, ambivalente Gefühlswelten hinter den Nazi-Stereotypen aufzuspüren. Hilmar Thate spielt den alternden Komponisten als eitlen, politisch weitsichtigen aber auch opportunistischen Zyniker. Man hätte sich eine Spur weniger Theaterdonner in seinem Spiel gewünscht.
Jutta Brückners Film will in seinen mäandernden Nebengeschichten viele Fragen zum Thema Liebe und Sexualität in der Nazi-Zeit ansprechen, das erfordert mehr Aufmerksamkeit als in den Mainstream-Filmen, die in den letzten Jahren eine neue Welle der filmischen Auseinandersetzung mit der Nazi-Zeit in die Kinos brachten. "Der Untergang" und "Napola". erzählten aus der Täterperspektive, "Rosenstraße", "Sophie Scholl" und "Der neunte Tag" erinnerten an den Widerstand gegen die Nazis. "Hitlerkantante" ist ein sperriger kleiner Film, der die Schwärmerei und Hysterie seiner Figuren schildert, ohne sie zu denunzieren. Was bleibt, ist eine beunruhigende Geschichte der Gefühle, die von der viel zu wenig erforschten Modernität der Nazis zeugt. Wie sie Gefühle manipulierten, ist mit dem Ende Hitlers nicht aus der Welt verschwunden.