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Eine kurze Geschichte des Usenet

IT-Technologie.- Alles fing damit an, dass zwei Studenten vor 30 Jahren zwei Unix-Rechner über eine Telefonleitung miteinander verbanden. Daraus entwickelte sich später das weltweite Unix User Network, das Usenet.

Von Achim Killer | 28.11.2009
    Vieles, was das Internet heute ausmacht, ist in einem Netz angekündigt worden, das eigentlich als Alternative dazu gedacht war, im Usenet. The Poor Man’s Arpanet, das Internet des armen Mannes, nannte es dessen Erfinder Tom Truscott. Mit seinem Kommilitonen Jim Ellis verknüpfte er 1979 zwei Unix-Rechner über eine Telefonverbindung, woraus sich dann das weltweite Unix User Network entwickelte oder kurz: das Usenet. Sein Zweck ist der Austausch von Diskussionsbeiträgen. Die verschiedenen Foren werden dazu auf Server in aller Welt gespiegelt, von wo sie die Nutzer schließlich abonnieren können, die Beiträge lesen und eigene schreiben. In einem vom 6. August 1991 etwa heißt es:

    "Hintergrund des Projekts ist die Philosophie, dass wissenschaftliche Information für jeden frei zugänglich sein sollte. Ziel ist, dass international verteilte Gruppen Informationen austauschen können."

    Tim Berners-Lee hatte das gepostet. Es war die Geburtsstunde des World Wide Web. Und 1983 schrieb Richard Stallman:

    "Ich werde ein vollständig Unix-kompatibles Software-System schreiben: GNU - das steht für GNU ist nicht Unix - und es jedem, der es nutzen kann, gratis überlassen."

    Dieses Projekt ist allerdings auch ein Vierteljahrhundert später immer noch nicht abgeschlossen. Marc Andreessen kündigte den Browser Mosaic im Usenet an. Und dass der erste Crawler das Web durchsucht, wurde dort bekannt gegeben. Im Usenet wurde aber auch der Spam erfunden. Weil E-Mail bis in die 90er-Jahre hinein kaum verbreitet war, posteten Spammer als Nachrichten getarnte Werbebotschaften, immer die gleichen, auf allen möglichen Foren und ohne irgendwelchen Bezug zu deren Thematik.

    "Die Verlosung von Green Cards 1994 könnte die letzte sein. Die Registrierung beginnt bald. 55.000 Aufenthaltsgenehmigungen werden an diejenigen vergeben, die sich korrekt registrieren. Kostenlose Information: Anwaltskanzlei Canter & Siegel, Phoenix, Arizona, Telefon: (602)661-3911."

    Für den Zugriff aufs Usenet wird üblicher Weise ein spezielles Stück Software verwendet, ein Newsreader, zum Beispiel der MicroPlanet Gravity. Newsreader sind aber auch in Mail-Programme integriert, beispielsweise den Thunderbird von der Mozilla Foundation oder in Opera Mail. Damit lassen sich die Newsgroups, für die man sich interessiert, abonnieren. Jene sind in Kategorien wie "comp" für Computer oder "sci" für Wissenschaft aufgeteilt. Von Bedeutung ist auch die Kategorie "alt" für Alternative und dort alt.binaries. Hier werden Nachrichten mit Dateianhängen gepostet, oft einschlägige Filmchen oder illegale Software-Kopien.

    Mittlerweile ist das Usenet in das Internet integriert. Das Unix-to-Unix-Copy-Protokoll der Anfangsjahre ist durch eines ersetzt worden, das über TCP/IP läuft. Und weite Teile des Usenet sind heute fest in Googles Hand. Google Groups ist ein Web-Interface für Newsgroups, so dass man ohne speziellen Newsreader lesen und posten kann. Außerdem hat der Konzern den Datenbestand der Firma Deja News aufgekauft, die Usenet-Beiträge archiviert hatte, darunter auch viele historisch wertvolle, beispielsweise den eines finnischen Informatik-Studenten, der 1991 schrieb:

    "Ich arbeite an einem freien Betriebssystem. Es ist nur ein Hobby, das ganze soll nicht so groß und professionell werden wie GNU."

    Es ist dann aber doch noch größer und bedeutender geworden, nachdem Linus Torvalds sein Betriebssystem Linux im Usenet angekündigt hatte, in der Newsgroup comp.os.inix.