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Eine neue Baumkrankheit in Mitteleuropa

Die rot- und weißblühenden Rosskastanien sind von einer neuen Krankheit bedroht, die noch nahezu unerforscht ist. Es handelt sich um eine Bakterieninfektion, an der die Bäume sterben können. In den Niederlanden wird die Krankheit schon seit 2002 beobachtet. Dort sind rund 40 Prozent der Rosskastanien befallen. In Deutschland trat die Bakterieninfektion zum ersten Mal im vorigen Jahr im Bundesland Nordrhein-Westfalen auf.

Mechthild Kevenhörster | 15.10.2007
    "Ja, ich mache mir schon Sorgen um unsere heimische Kastanie.

    Schrecklich, ich kann nichts dagegen tun. Ob überhaupt schon jemand was weiß, was man dagegen tun kann."

    Seit 2006 ist die Bakterieninfektion erstmals in Nordrhein-Westfalen bekannt. Betroffen sind vor allem Alleebäume wie in Gelsenkirchen oder in Jülich an der Ruhr, wo vermutlich über 50 Bäume erkrankt sind. Aber auch Einzelbäume sind betroffen. Die Bakterien können zum Absterben der Bäume führen. Franz Beckers von der Landwirtschaftskammer NRW in Bonn zu den Merkmalen der Bakterienerkrankung:

    " Auffällig sind die Symptome, von weitem schon zu sehen, dass es zu schütteren Kronen kommt in Kastanien. Bei näheren Hinschauen kann man an den Stämmen sogenannte Läsionen erkennen, dass sind Wunden die sich unterhalb der Rinde befinden. Sie sind feucht und wir können sogar von einem Bluten der Stämme sprechen, also permanenter Austritt von Feuchtigkeit. Diese Feuchtigkeit hat eine zähflüssige Konsistenz, weil diese Feuchtigkeit aus Bakterienschleim besteht. Dieser Bakterienschleim ist hochinfektiös und wird möglicherweise mit Wind und Regen über weitere Strecken verfrachtet."

    Die Verbreitung der Bakterien wurde durch das feuchtwarme Sommerwetter begünstigt. Zudem sind die Rosskastanien vielfach schon durch die Miniermotte gestresst und entsprechend geschwächt. In Köln beispielsweise gibt es rund 2500 Kastanien. Einige Bäume zeigen inzwischen auch die typischen Anzeichen der Bakterienerkrankung. Der definitive Befund steht allerdings noch aus, berichtet Hans-Peter Herrmann vom Amt für Landschaftspflege und Grünflächen in Köln. Wie es zu dieser neuen Krankheit kommt, mag er nur vermuten:

    "Vielleicht ist die Ursache eine übermäßige Trockenheit, dass ist aber alles Spekulation, weil niemand die Ursachen genau kennt. "

    Wenn Kastanien soweit erkrankt sind, dass Äste herunterzufallen drohen, werden die Bäume aus sicherheitstechnischen Gründen gefällt. Um eine Ausbreitung der Infektion zu vermeiden, wird das eingesetzte Werkzeug nach dem Fällen des Baumes desinfiziert und das Holz noch an Ort und Stelle verbrannt. Maßnahmen zur Heilung für erkrankte Bäume sind derzeit nicht in Sicht. Die Krankheit ist noch zu wenig erforscht.:

    " Maßnahmen in diesem Fall gegen ein solches Bakterium sind sicherlich ausgesprochen schwierig, aber ich könnte mir vorstellen, dass man Injektionen in den Stamm vielleicht einbringt, um zu versuchen, sie abzutöten. Hier ist die Forschung auf Hochtouren dabei zu versuchen, ein Mittel zu finden oder überhaupt einmal diese Krankheit zu durchleuchten."

    Im Labor der Landwirtschaftskammer NRW werden Rindenstückchen von Rosskastanien auf einen möglichen Bakterienbefall untersucht. Immer mehr besorgte Kastanienbesitzer wollen wissen, ob ihr Baum an der neuartigen Bakterieninfektion erkrankt ist, so die technische Assistentin Ingrid Adams.

    " Hier haben wir eine ganze Menge Rindenstücke aus Westfalen, mit typischen Symptomen für diesen Bakterienbefall und zwar sind das schwarze Flecken auf der Rinde und da es für den Laien sehr schwierig zu unterscheiden ist, ob es jetzt ein Pilzbefall oder ein Bakterienbefall ist, bekommen wir Proben zugeschickt für die entsprechende Untersuchung, die dann hier durchgeführt wird."

    Wer sicher sein möchte, ob die Kastanien im Garten einen Pilzbefall oder einen Bakterienbefall haben, der kann sich an die zuständige Landwirtschaftskammer wenden, erklärt Franz Beckers.

    " Der Laie hat die Möglichkeit ein Holzstück einzuschicken aus dem befallenen Bereich. Dieses Holzstück wird auf den Erreger hier im Speziallabor untersucht und der Fragensteller bekommt dann die Antwort, ob es sich tatsächlich um diese Krankheit handelt. Diese Untersuchung kostet circa 60 Euro."

    Bislang ist nur ein Bruchteil der Rosskastanienbestände von der neuartigen Bakterieninfektion betroffen. Die Experten gehen nicht davon aus, dass die gesamten Bestände der Krankheit zum Opfer fallen. Die Pflanzenschutzexperten setzen auf die Selbstheilungskraft der Bäume und hoffen auf weniger extreme Witterungslagen.