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Eine neue Stimme für Basel

Basel hat eine neue Zeitung: "Die TagesWoche". "Endlich!", sagen viele Basler, die genug haben von der Monopolstellung der "Basler Zeitung". Denn seit Anfang des Jahres ist diese immer weiter in die Nähe der rechtskonservativen Partei SVP gerückt ist.

Von Dorothee Adrian | 29.10.2011
    Donnerstagabend. Im Kaffeehaus im "Unternehmen Mitte" in Basel wird "Die TagesWoche" gefeiert. Mehrere Hundert Menschen kommen, stoßen auf die neue Zeitung an, begutachten sie.

    "Ich finde, sie ist ziemlich frisch in der Erscheinung, sie hat ziemlich viel Weißraum, sie hat gute Bilder, ich finde, sie ist vom Layout her ziemlich modern – also, mir gefällts!"
    "Ich habe eigentlich eine Zeitung erwartet – ich denke, es ist eher ein Magazin geworden!"'"

    ""Ich denk, es ist schon mal was ganz neues, was ganz anderes, vom ganzen Konzept her, und das gefällt mir sehr. Es ist einfach viel offener, größere Bilder, keine Spalten, und viel moderner – auf den ersten Blick!"

    "Irgendwie einfach überraschend, Bilder, die mal als ganzes Bild für sich sprechen dürfen. Das ist doch toll!"

    Die Entstehungsgeschichte der "TagesWoche" ist eng mit den Entwicklungen bei der "Basler Zeitung" verknüpft. Diese wurde Anfang letzten Jahres von unbekannten Investoren gekauft, die von der rechten politischen Seite kommen; einige Posten wurden ausgewechselt.

    "Das ist alles richtig. Aber mich interessiert das eigentlich nicht mehr, ganz einfach, weil, wir machen kein Gegenmodell in dem Sinn, wir wollen einfach einen anderen Weg gehen. Selbstverständlich werden wir in vielen Bereichen eine andere Betrachtungsweise haben als die Basler Zeitung."

    Der Co-Redaktionsleiter Urs Buess war früher der stellvertretende Chefredakteur der "Basler Zeitung". "Die TagesWoche" will keine Anti-BaZ sein, und könne es auch gar nicht, sagt Buess. Über 70 Redakteure dort, 17 hier. Und doch gäbe es "Die TagesWoche" ohne den Kurswechsel der BaZ nicht. Nach ihrem Verkauf wurde die Webseite "Rettet Basel!" zur Austauschplattform über die rechte Einflussnahme bei der Tageszeitung. 18.000 Menschen unterzeichneten die Forderung nach einer SVP-unabhängigen Zeitung. Im April dieses Jahres wurde dann dank einer Basler Mäzenin die Stiftung für Medienvielfalt gegründet. Ihr gehört die Neue Medien Basel AG, die "Die TagesWoche" herausgibt. Eine neue Stimme in der Stadt will sie sein, eine urbane, junge Sichtweise auf die Probleme und Anliegen bieten. Im Austausch mit den Lesern. Jeder gedruckte Artikel kann per Webcode auch online aufgerufen, weitergeleitet und kommentiert werden. Per Facebook und Twitter können Leser ihre Ideen einbringen. Und beim "Storyboard" können sie Recherchetipps für Themen geben, an denen die Redakteure gerade arbeiten.

    "Das Modell Tageszeitung ist im Moment etwas in Frage gestellt, alle Tageszeitungen verlieren leicht an Auflage. Die Online Benutzung hingegen nimmt zu und auch die Wochenzeitungen, und ich denke diese Kombination, online präsent zu sein, aktuell präsent zu sein, und in der Wochenzeitung Hintergründe, kann durchaus eine zukunftsweisende Chance sein."

    Die beiden Produktionsrhythmen müssen sich erst noch einspielen. Die Redakteure arbeiten alle für beide Medien, erzählt Martina Rutschmann. Die 34-Jährige hat zehn Jahre bei der "Basler Zeitung" und zwei Jahre bei Radio Basel gearbeitet.

    "Die Wochenzeitung, da brauchst du Zeit, du recherchierst, du triffst die Menschen, du hast Zeit, das Layout schön zu gestalten - und beim schnellen Onlinehandwerk bist du eher in einem Radiorhythmus, von der Geschwindigkeit her. Und ich denke, das braucht eine gewisse Zeit, sich da anzugleichen, aber vom Handwerk her seh ich da überhaupt keine Probleme. Letztlich geht es nur um die Geschwindigkeit – aber die Kombination ist neu."

    Über 5000 Leserinnen und Leser haben bereits vor Erscheinen ein Abo abgeschlossen. Wie hoch die Auflage wird, ist noch offen. Die erste Ausgabe wurde 100.000 Mal gedruckt und in der Stadt verschenkt. "Die TagesWoche" ist da – mit guten Wünschen vieler Baslerinnen und Basler, die sich einiges von ihr erhoffen:

    "Dass sie Informationen bringt, die wir der Basler Zeitung nicht entnehmen können oder die dort unterschlagen werden. Also zum Beispiel kritische Informationen über die Basler Pharma- und Chemieunternehmen."

    "Ich wünsche mir die ganze Bandbreite und eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Themen ohne vorgängige politische Festsetzung."

    "Dass man das Gefühl hat, das ist eine lebendige Stadt! Dass da nicht nur Meinungen geäußert werden, sondern ein Dialog. Dass Gespräch entsteht. Das hoff ich mir."