Sarashina heißt heute eine Gegend in Japan, benannt nach einer eifrigen Tagebuchschreiberin aus dem 11. Jahrhundert. Über die Dame und ihre intimen Bekenntnisse realisierte der ungarische Komponist Peter Eötvös schon vor knapp zehn Jahren ein Klangtheater mit dem Titel "As I Crossed a Bridge of Dreams", es wurde im Mekka der Neuen Musik - Donaueschingen - uraufgeführt.
Für Lyon erweiterte Eötvös das Stück auf anderthalb Stunden und veränderte zudem Besetzung und Rollenverteilung. Das recht üppige Orchester, inklusive stupendem Schlagwerk, liefert gleichsam den Grundstock für ein Vokaltrio und die Sarashina-Sopranistin. Selbige gestaltet formschön-farbige Bögen über Einsamkeit, schlechtes Karma, Pilgerschaft, verlorene oder nie erreichte Liebe. Und sie besingt ausführlich den zu allen Jahreszeiten (aber besonders im Frühling) wunderbar leuchtenden Mond.
Desöfteren greift das Sangestrio korresponierend, kommentierend oder selbst träumend in die episodische Handlung ein. Neun Szenen, neun Tagebucheinträge, vielleicht auch neun Träume fliessen vorüber, vom japanischen Edelbühnendesigner Ushio Amagatsu elegant choreographiert und arrangiert. Eine Art Paravent in der Mitte teilt den Raum, hinten bewegen sich zwei Kreise aufeinander zu und streben am Schluss sanft wieder auseinander. Die äußerst geschmackvollen (alt)japanischen Kostüme sorgen für eine sinnliche, zugleich etwas betuliche Reise hinein in poetische Traumwelten.
Ein bisschen mehr musikalischen Esprit hätte man sich schon gewünscht, Eötvös hält sich in Sachen Avantgarde vornehm zurück und irgendwann nerven die vielen asiatischen Glocken und Glöckchen dann doch. Zur Entschädigung sang Mireille Delunsch die Sarashina-Partie überwältigend gut, auch das Traum-Trio überzeugte, vor allem durch den stimmkräftigen Einsatz von Salomé Kammer. Unter Leitung des Komponisten spielte das Orchestre de l'Opéra de Lyon vorzüglich, den nachhaltigsten Eindruck hinterliessen einige von den Balkonen aus spielende Klarinetten.
Die Eötvös-Uraufführung fand im Rahmen eines Japan-Schwerpunkts der Oper Lyon statt, nach Sarashinas kantablem Schmachten gab es noch eine weitere Geschichte unerfüllter Sehnsucht: Toshio Hosokawas (2004 in Aix-en-Provence uraufgeführte Oper) "Hanjo", nach einem Nô-Stück von Yukio Mishima. Eine junge Frau geht jeden Tag zum Bahnhof, setzt sich auf eine Bank und wartet auf den Geliebten, der sie vor langer Zeit verlassen hat. Die Zeitungen berichten über ihre ungewöhnliche Hartnäckigkeit und dadurch erfährt auch der ersehnte Mann davon und kommt zurück. Doch alles ist nun anders, denn die Wartende arbeitete zwischenzeitlich als Prostituierte und wohnt nun mit einer anderen Frau zusammen - eine platonische, aber Männer ausschließende Beziehung. Das Bild des ersehnten Geliebten existiert als reines Traumbild, in der Realität wirkt der Heimkehrer nur noch fremd und angsteinflößend. Toshio Hosokawa schuf eine sehr sanfte Partitur, die auf jeglichen Exotismus verzichtet und mit klassischem Instrumentarium feinziselierte, fremd wirkende Klänge herstellt. Dazu wird sehr zart, manchmal fast hauchend gesungen, an einigen Stellen geht der Gesang in leises Sprechen über. Sehr harmonisch ergänzten sich in Lyon Musik und Szene. Während Johannes Debus als äußerst feinfühliger Klanggestalter im Graben waltete, kreierte Anne Teresa De Keersmaeker gleichsam innere, hochemotionale Räume. Eine große Holzwand im Stile Peter Zumthors und wenige Requisiten reichen aus, dazu kommen minutiös choreographierte Bewegungen und Gesten.
Als dritte Japan-Oper zeigte Lyon Benjamin Brittens Kirchenparabel "Curlew River", hier trauert eine Mutter um ihr verstorbenes Kind so heftig, dass es für kurze Zeit zurückkehrt und der Mutter einen würdevollen Abschied ermöglicht. Regisseur Olivier Py reduzierte das Geschehen aufs Wesentliche, zeigte aber auch, dass hier Theater gespielt wird: man schminkt sich auf offener Bühne. Michael Slattery gestaltete die Rolle der Trauernden hochexpressiv, Garry Walker sorgte für bestens einstudierte Musiker und Choristen.
Weiter südlich, an der Opéra National de Montpellier Languedoc-Roussillon ließ es der Hausherr René Koering heftig krachen. Koerings erstes Bühnenwerk überträgt Kleists "Penthesilea" in eine gediegen moderne, aber sehr eruptive Klangsprache, orientiert an Richard Strauss und - vor allem - an Othmar Schoeck. Die Hauptfiguren Penthesilea und Achilles sind gedoppelt, sie singen Deutsch und sprechen Französisch. Dadurch werden frappierende dramaturgische und musikalische Überlappungen möglich. Die Sprechrolle der Penthesilea übernimmt Dörte Lyssewski und sie bietet im Wortsinne eine furiose Leistung.
Für Lyon erweiterte Eötvös das Stück auf anderthalb Stunden und veränderte zudem Besetzung und Rollenverteilung. Das recht üppige Orchester, inklusive stupendem Schlagwerk, liefert gleichsam den Grundstock für ein Vokaltrio und die Sarashina-Sopranistin. Selbige gestaltet formschön-farbige Bögen über Einsamkeit, schlechtes Karma, Pilgerschaft, verlorene oder nie erreichte Liebe. Und sie besingt ausführlich den zu allen Jahreszeiten (aber besonders im Frühling) wunderbar leuchtenden Mond.
Desöfteren greift das Sangestrio korresponierend, kommentierend oder selbst träumend in die episodische Handlung ein. Neun Szenen, neun Tagebucheinträge, vielleicht auch neun Träume fliessen vorüber, vom japanischen Edelbühnendesigner Ushio Amagatsu elegant choreographiert und arrangiert. Eine Art Paravent in der Mitte teilt den Raum, hinten bewegen sich zwei Kreise aufeinander zu und streben am Schluss sanft wieder auseinander. Die äußerst geschmackvollen (alt)japanischen Kostüme sorgen für eine sinnliche, zugleich etwas betuliche Reise hinein in poetische Traumwelten.
Ein bisschen mehr musikalischen Esprit hätte man sich schon gewünscht, Eötvös hält sich in Sachen Avantgarde vornehm zurück und irgendwann nerven die vielen asiatischen Glocken und Glöckchen dann doch. Zur Entschädigung sang Mireille Delunsch die Sarashina-Partie überwältigend gut, auch das Traum-Trio überzeugte, vor allem durch den stimmkräftigen Einsatz von Salomé Kammer. Unter Leitung des Komponisten spielte das Orchestre de l'Opéra de Lyon vorzüglich, den nachhaltigsten Eindruck hinterliessen einige von den Balkonen aus spielende Klarinetten.
Die Eötvös-Uraufführung fand im Rahmen eines Japan-Schwerpunkts der Oper Lyon statt, nach Sarashinas kantablem Schmachten gab es noch eine weitere Geschichte unerfüllter Sehnsucht: Toshio Hosokawas (2004 in Aix-en-Provence uraufgeführte Oper) "Hanjo", nach einem Nô-Stück von Yukio Mishima. Eine junge Frau geht jeden Tag zum Bahnhof, setzt sich auf eine Bank und wartet auf den Geliebten, der sie vor langer Zeit verlassen hat. Die Zeitungen berichten über ihre ungewöhnliche Hartnäckigkeit und dadurch erfährt auch der ersehnte Mann davon und kommt zurück. Doch alles ist nun anders, denn die Wartende arbeitete zwischenzeitlich als Prostituierte und wohnt nun mit einer anderen Frau zusammen - eine platonische, aber Männer ausschließende Beziehung. Das Bild des ersehnten Geliebten existiert als reines Traumbild, in der Realität wirkt der Heimkehrer nur noch fremd und angsteinflößend. Toshio Hosokawa schuf eine sehr sanfte Partitur, die auf jeglichen Exotismus verzichtet und mit klassischem Instrumentarium feinziselierte, fremd wirkende Klänge herstellt. Dazu wird sehr zart, manchmal fast hauchend gesungen, an einigen Stellen geht der Gesang in leises Sprechen über. Sehr harmonisch ergänzten sich in Lyon Musik und Szene. Während Johannes Debus als äußerst feinfühliger Klanggestalter im Graben waltete, kreierte Anne Teresa De Keersmaeker gleichsam innere, hochemotionale Räume. Eine große Holzwand im Stile Peter Zumthors und wenige Requisiten reichen aus, dazu kommen minutiös choreographierte Bewegungen und Gesten.
Als dritte Japan-Oper zeigte Lyon Benjamin Brittens Kirchenparabel "Curlew River", hier trauert eine Mutter um ihr verstorbenes Kind so heftig, dass es für kurze Zeit zurückkehrt und der Mutter einen würdevollen Abschied ermöglicht. Regisseur Olivier Py reduzierte das Geschehen aufs Wesentliche, zeigte aber auch, dass hier Theater gespielt wird: man schminkt sich auf offener Bühne. Michael Slattery gestaltete die Rolle der Trauernden hochexpressiv, Garry Walker sorgte für bestens einstudierte Musiker und Choristen.
Weiter südlich, an der Opéra National de Montpellier Languedoc-Roussillon ließ es der Hausherr René Koering heftig krachen. Koerings erstes Bühnenwerk überträgt Kleists "Penthesilea" in eine gediegen moderne, aber sehr eruptive Klangsprache, orientiert an Richard Strauss und - vor allem - an Othmar Schoeck. Die Hauptfiguren Penthesilea und Achilles sind gedoppelt, sie singen Deutsch und sprechen Französisch. Dadurch werden frappierende dramaturgische und musikalische Überlappungen möglich. Die Sprechrolle der Penthesilea übernimmt Dörte Lyssewski und sie bietet im Wortsinne eine furiose Leistung.