Uli Blumenthal: Es ist ein jährliches Ritual: Immer im Herbst lädt das Robert-Koch-Institut zur Pressekonferenz, um die neue saisonale Grippeimpfung vorzustellen. Dieses Jahr war aber das Interesse bei den Journalisten besonders hoch, denn die deutschen Gesundheitsinstitute wollten auch Bilanz ziehen - eine Bilanz der Schweinegrippe. Die hatte im vergangenen Jahr für heftige Diskussionen gesorgt. Da war zum einen die Warnung vor einer Pandemie, die möglicherweise das ganze Land lahmlegen würde. Da war zum anderen die Rede von Angstmacherei und einer Abwrackprämie für die Pharmaindustrie. Dazu kam noch die aufgeheizte Diskussion um Wirkverstärker und einen Impfstoff für die Regierung. Jetzt kann man einen etwas ruhigeren Blick zurück werfen. Volkart Wildermuth in Berlin, Sie haben die Pressekonferenz heute Mittag für uns verfolgt. Wie war denn die Schweinegrippesaison 2009?
Volkart Wildermuth: Also man muss sagen, einerseits ganz klar: Das Schweinegrippevirus H1N1 hat die Grippesaison dominiert. In Deutschland sind 99,5 Prozent der gefunden Viren eben von diesem Typ H1N1. Das heißt auf der anderen Seite auch: Es war nicht so, dass die Schweinegrippe zusätzlich zur saisonalen Grippe kam, sie hat sie ersetzt - und sie hat sie ersetzt mit einer etwa mittelschweren Grippewelle. Es gab etwa drei Millionen Arztbesuche, 5300 Leute mussten ins Krankenhaus. Etwa 1,5 Millionen Arbeitsausfälle, das hört sich viel an, aber das ist eben die Bilanz einer normalen, mittelschweren Grippeepidemie.
Blumenthal: Also kann man feststellen oder sollte man feststellen: Die Kritiker hatten Recht, die vor einer Schweinegrippehysterie gewarnt haben?
Wildermuth: Das sehen weder das Robert-Koch-Institut noch das Paul-Ehrlich-Institut so. Die weisen darauf hin, dass eben anfangs nur bekannt war, es würde ein neues Virus kommen, das sich ganz schnell ausbreitet. Und dann war es aus deren Sicht eben sinnvoll, diese Vorsichtsmaßnahmen einzuläuten. Zum Beispiel den pandemischen Impfstoff bereitzustellen. Es ist ja auch so: Der saisonale Impfstoff wäre in diesem Jahr ins leere gelaufen, weil eben die saisonalen Viren gar nicht unterwegs waren. Es wird außerdem betont, dass ja besonders junge Erwachsene auch betroffen waren - anders als in den normalen Saisons, wo mehr die Rentner zu leiden haben. Wenn man sich die Zahlen des Robert-Koch-Instituts aber selber anschaut, gibt es das durchaus häufiger. Also auch im Winter 2002/2003 waren besonders Jüngere betroffen. Da ist das nicht so eine außergewöhnliche Sache. Was schon kritisch war: dass dieses Schweinegrippevirus besonders schnell auf die Lunge ging, gefährliche Lungenentzündungen ausgelöst hat. Da sind manche Intensivstationen wirklich an den Rand gekommen mit der Kapazität von Beatmungsgeräten. Aber unterm Strich war es also eine relativ normale Grippesaison.
Blumenthal: Die größte Diskussion gab es dann in Sachen Schweinegrippeimpfung um die sogenannten Adjuvantien. War diese Sorge berechtigt?
Wildermuth: Diese Wirkverstärker hat man ja eingesetzt, weil es sich um ein ganz neues Virus handelt, wo man dachte, anders kriegt man das Immunsystem nicht in Gang. Die sollten eine besonders starke Immunantwort auslösen. Das haben sie gemacht. Und dann ist auch zu erwarten, dass die leichten Nebenwirkungen - Schmerzen in der Einstichstelle, leichtes Fieber - dass das häufiger auftritt. Das ist auch beobachtet worden. Die befürchteten schweren Nebenwirkungen hat es aber nicht gegeben. Es gab 54 Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang zur Impfung. Aber da hat das Paul-Ehrlich-Institut nachgesehen: Es war nicht so, dass die Impfung diese Todesfälle tatsächlich verursacht hat.
Blumenthal: Grippeimpfung, Saison 2009 - das war der Blick zurück. Wie sieht es 2010 aus, was muss man in dieser Saison von der saisonalen Grippeschutzimpfung wissen?
Wildermuth: Es gibt die ganz normale saisonale Grippeschutzimpfung mit drei Virentypen drin. Und eine davon ist eben das Schweinegrippevirus H1N1. Denn der Blick in die Südhalbkugel zeigt: Noch immer werden 60 Prozent der Grippen von diesem Virus ausgelöst. Insofern ist aber alles ganz normal, weil das die bewährte Rezeptur ist, die schon seit Jahrzehnten im Einsatz ist. Das was neu ist, ist dass dieses Jahr besonders Schwangere aufgefordert werden, sich impfen zu lassen. Das haben die letzten Jahre gezeigt, dass Schwangere viel häufiger als gleichaltrige junge Frauen in die Klinik müssen, dass sie häufiger Lungenentzündungen entwickeln. Deshalb die Bitte an Schwangere, sich im zweiten Schwangerschaftsdrittel impfen zu lassen.
Blumenthal: Empfehlungen sind das eine, wie man sie befolgt das andere. Das haben wir im letzten Jahr auch gelernt. Wie sieht es in diesem Jahr aus? Was sagt das Robert-Koch-Institut?
Wildermuth: Das Problem ist: Letztes Jahr hat sich noch nicht einmal das medizinische Personal vernünftig durchimpfen lassen. Das soll dieses Jahr mit einer Aufklärungskampagne, die sich speziell auch an die Krankenhäuser richtet, geändert werden. Also der Ratschlag gilt: Sich impfen lassen, wenn man zu den Risikogruppen gehört.
Volkart Wildermuth: Also man muss sagen, einerseits ganz klar: Das Schweinegrippevirus H1N1 hat die Grippesaison dominiert. In Deutschland sind 99,5 Prozent der gefunden Viren eben von diesem Typ H1N1. Das heißt auf der anderen Seite auch: Es war nicht so, dass die Schweinegrippe zusätzlich zur saisonalen Grippe kam, sie hat sie ersetzt - und sie hat sie ersetzt mit einer etwa mittelschweren Grippewelle. Es gab etwa drei Millionen Arztbesuche, 5300 Leute mussten ins Krankenhaus. Etwa 1,5 Millionen Arbeitsausfälle, das hört sich viel an, aber das ist eben die Bilanz einer normalen, mittelschweren Grippeepidemie.
Blumenthal: Also kann man feststellen oder sollte man feststellen: Die Kritiker hatten Recht, die vor einer Schweinegrippehysterie gewarnt haben?
Wildermuth: Das sehen weder das Robert-Koch-Institut noch das Paul-Ehrlich-Institut so. Die weisen darauf hin, dass eben anfangs nur bekannt war, es würde ein neues Virus kommen, das sich ganz schnell ausbreitet. Und dann war es aus deren Sicht eben sinnvoll, diese Vorsichtsmaßnahmen einzuläuten. Zum Beispiel den pandemischen Impfstoff bereitzustellen. Es ist ja auch so: Der saisonale Impfstoff wäre in diesem Jahr ins leere gelaufen, weil eben die saisonalen Viren gar nicht unterwegs waren. Es wird außerdem betont, dass ja besonders junge Erwachsene auch betroffen waren - anders als in den normalen Saisons, wo mehr die Rentner zu leiden haben. Wenn man sich die Zahlen des Robert-Koch-Instituts aber selber anschaut, gibt es das durchaus häufiger. Also auch im Winter 2002/2003 waren besonders Jüngere betroffen. Da ist das nicht so eine außergewöhnliche Sache. Was schon kritisch war: dass dieses Schweinegrippevirus besonders schnell auf die Lunge ging, gefährliche Lungenentzündungen ausgelöst hat. Da sind manche Intensivstationen wirklich an den Rand gekommen mit der Kapazität von Beatmungsgeräten. Aber unterm Strich war es also eine relativ normale Grippesaison.
Blumenthal: Die größte Diskussion gab es dann in Sachen Schweinegrippeimpfung um die sogenannten Adjuvantien. War diese Sorge berechtigt?
Wildermuth: Diese Wirkverstärker hat man ja eingesetzt, weil es sich um ein ganz neues Virus handelt, wo man dachte, anders kriegt man das Immunsystem nicht in Gang. Die sollten eine besonders starke Immunantwort auslösen. Das haben sie gemacht. Und dann ist auch zu erwarten, dass die leichten Nebenwirkungen - Schmerzen in der Einstichstelle, leichtes Fieber - dass das häufiger auftritt. Das ist auch beobachtet worden. Die befürchteten schweren Nebenwirkungen hat es aber nicht gegeben. Es gab 54 Todesfälle im zeitlichen Zusammenhang zur Impfung. Aber da hat das Paul-Ehrlich-Institut nachgesehen: Es war nicht so, dass die Impfung diese Todesfälle tatsächlich verursacht hat.
Blumenthal: Grippeimpfung, Saison 2009 - das war der Blick zurück. Wie sieht es 2010 aus, was muss man in dieser Saison von der saisonalen Grippeschutzimpfung wissen?
Wildermuth: Es gibt die ganz normale saisonale Grippeschutzimpfung mit drei Virentypen drin. Und eine davon ist eben das Schweinegrippevirus H1N1. Denn der Blick in die Südhalbkugel zeigt: Noch immer werden 60 Prozent der Grippen von diesem Virus ausgelöst. Insofern ist aber alles ganz normal, weil das die bewährte Rezeptur ist, die schon seit Jahrzehnten im Einsatz ist. Das was neu ist, ist dass dieses Jahr besonders Schwangere aufgefordert werden, sich impfen zu lassen. Das haben die letzten Jahre gezeigt, dass Schwangere viel häufiger als gleichaltrige junge Frauen in die Klinik müssen, dass sie häufiger Lungenentzündungen entwickeln. Deshalb die Bitte an Schwangere, sich im zweiten Schwangerschaftsdrittel impfen zu lassen.
Blumenthal: Empfehlungen sind das eine, wie man sie befolgt das andere. Das haben wir im letzten Jahr auch gelernt. Wie sieht es in diesem Jahr aus? Was sagt das Robert-Koch-Institut?
Wildermuth: Das Problem ist: Letztes Jahr hat sich noch nicht einmal das medizinische Personal vernünftig durchimpfen lassen. Das soll dieses Jahr mit einer Aufklärungskampagne, die sich speziell auch an die Krankenhäuser richtet, geändert werden. Also der Ratschlag gilt: Sich impfen lassen, wenn man zu den Risikogruppen gehört.