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Eine Sache der Voreinstellung

Der Datenschutz im Internet soll einfacher werden. Deshalb startet der Verbraucherzentrale Bundesverband eine Online-Petition. Voreinstellungen von Software, Geräten und Diensten sollen künftig so aussehen, dass nur möglichst wenig Daten über die eigene Person preisgegeben werden..

Von Philip Banse | 04.10.2011
    Die Verbraucherschützer fordern, dass die Voreinstellungen von Software, Geräten und Diensten so aussehen, dass erstmal nur so wenig Daten wie möglich preisgegeben werden. Wer sein neues Smartphone einschaltet, sich bei Netzwerken wie Facebook anmeldet oder mit einem neuen Computer ins Internet geht, soll sich nicht erst durch versteckte Menüs klicken müssen, um zu verhindern, dass er Daten preisgibt, die er lieber für sich behalten würde. Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Gerd Billen, sagte, Datenschutz dürfe kein Expertenprivileg sein:

    "Es kommt drauf an, dass die Voreinstellungen in all diesen Produkten, in all diesen Netzwerken so sind, dass man zunächst datensparsam ist. Man darf nicht gezwungen sein, wie bei Facebook, erstmal durch den Nacktscanner zu laufen, um das Netzwerk überhaupt nutzen können. Es möchte nicht jeder alles von vornherein an alle Welt mitteilen."

    Datenschutz bei Auslieferung des Produkts, der Software – dieses Prinzip soll nach dem Willen der Verbraucherschützer in den deutschen Datenschutzgesetzen verankert werden.

    Theo Geers: Wie ist denn jetzt die Praxis?

    Heute sind viele Dienste einfach eingeschaltet. Bei Smartphones sind etwa Ortungsdienste eingeschaltet, was natürlich oft sehr praktisch ist, etwa zum Navigieren. Was aber mit den Daten passiert wissen die wenigsten, wer sie abschalten will, muss sich durch die Einstellungen klicken. Ebenso bei Facebook: Wer sich dort neu anmeldet und sich nicht durch die extrem komplexen Privatsphäreeinstellungen klickt, stellt bestimmte Informationen für alle sichtbar ins Internet, etwa die Freundesliste oder seine Biografie. Vergleichsweise einfach sind da Browser, also die Programme, mit denen wir Webseiten aufrufen. Alle Browser akzeptieren Cookies, das sind kleine Dateien, die von Webseiten auf meinem Rechner gespeichert werden. Cookies können sehr nützlich sein, um etwa festzuhalten, welche Produkte beim Onlineshopping in meinem Warenkorb liegen. Mit Cookies können Werbenetzwerke aber auch beobachten, welche Webseiten ich besuche und was ich mir dort ansehe – und das mitunter über Jahre hinweg. Man kann dem Browser in den Einstellungen beibringen, Cookies abzulehnen oder zu löschen, wenn der Browser geschlossen wird. Das müsste aber von vornherein so eingestellt sein, sagt Cornelia Tausch, vom Verbraucherzentrale Bundesverband:

    "Ich kann mich ja immer noch anders entscheiden, wenn ich das machen möchte. Ich kann ja später, wenn ich weiß, welche Dienste ich nutzen möchte, dann sagen, diesen Cookie lasse ich speichern."

    Der mündige Verbraucher - das klingt theoretisch gut, ist aber praktisch kompliziert, weil Webseiten mitunter 20, 30 Cookies speichern wollen. Wenn ich bei jedem zustimmen oder ablehnen soll, wird's schnell nervig - zumal ich nicht weiß, ob genau dieser Cookie nun nützlich ist oder nicht. Außerdem funktionieren viele Webseiten nicht mehr richtig, wenn ich bestimmte Cookies ablehne.

    Theo Geers: Das ist also eine Wissenschaft für sich - wie stehen die Chancen, dass es dazu kommt, denn die Anbieter im Netz werden sich doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dagegen wehren?

    Das Telemediengesetz soll erneuert werden. Ein Vorschlag des Bundesrats sieht diese restriktiven Grundeinstellungen vor. Die Bundesregierung will jedoch eine europäische Lösung. Das könne Jahre dauern, kritisieren die Verbraucherschützer. Außerdem regelt das Telemediengesetz nur Internetdienste wie Facebook, Google und Co. Sollen auch Telefone, Software und etwa der Versandhandel zu datensparsamen Voreinstellungen gezwungen werden, müsste das Bundesdatenschutzgesetz geändert. Die Bundesregierung eine Novelle des Bundesdatenschutzgesetz vor langer Zeit versprochen, aber Bundesinnenminister Friedrich, CSU, hat da zuletzt wenig Initiative gezeigt.