Stefan Koldehoff: Keine Oper, kein Theaterstück – ein Ausschnitt aus einem Hörspiel war das, aus einem preisgekrönten noch dazu. Seit gestern Abend nämlich ist "Ooops, wrong Planet" von Gesine Schmidt mit dem angesehenen "Hörspielpreis der Kriegsblinden" ausgezeichnet – einem weltweit anerkannten Preis, der schon seit 1952 vom "Bund der Kriegsblinden Deutschlands" als Ehrenpreis für deutschsprachige Hörspielautoren vergeben wird. Der Deutschlandfunk hat ihn als produzierender und ausstrahlender Sender schon mehrfach mit erhalten und ist, wie auf sein gesamtes Hörfunkprogramm, auch darauf ziemlich stolz. Auch in diesem Jahr sind wir wieder maßgeblich beteiligt: Für "Ooops, wrong Planet" eben – ein Stück mit Gedanken und Texten von Autisten. Die Jury hat bei dem von Deutschlandfunk und WDR produzierten Hörspiel einen "gelungenen Umgang mit ungewöhnlichen akustischen Mitteln" gelobt. - Anna Dünnebier, Autorin und Vorsitzende dieser Jury, habe ich gebeten, mal ein bisschen konkreter zu werden: warum dieser Preis für dieses Hörspiel?
Anna Dünnebier: Ja das ist eine sehr gelungene Mischung aus dokumentarischem Material, was mit künstlerischen Mitteln, wie ich finde, sehr genial umgesetzt ist. Gesine Schmidt arbeitet ja gerne mit dokumentarischem Material und sie hat jetzt Gespräche und auch Aufzeichnungen, Texte von Autisten verwendet und dramaturgisch in eine wunderbare Folge gebracht. Die Regie ist auch sehr liebevoll damit umgegangen - es sind vier Personen, die zitiert werden -, dass auch jeder Person eine eigene Sprachmelodie zugeordnet wird, ein eigener Rhythmus, und das Hörspiel reflektiert auch diesen Umgang mit Sprache. Autisten fühlen sich ja – das ist jetzt der Titel von dem Hörspiel – wie auf dem falschen Planeten gelandet, also eine andere Art von Verständigung, eine andere Art von Wahrnehmung, dass sie sich auf ihre eigene Weise auseinandersetzen in dieser Welt, mit der sie leben. Und da sind auch wirklich sehr interessante und verschiedene Zugänge von zwei Brüdern zum Beispiel, Philosophiestudenten, die sehr viel mit Sprache umgehen, aber nicht reden. Sie schreiben, sie formulieren, aber sie finden, dass das Reden die Sprache zerfasert. Sie schreiben auf, was sie denken, sehr poetisch, sehr schön, sehr nachdenklich, und das ist zum Beispiel wundervoll umgesetzt auch in Musik, wodurch praktisch diese Gedanken noch mal irgendwie in eine Höhe gehoben werden, die die Sprache so gar nicht liefern könnte. – Wunderbar!
Koldehoff: Wie groß ist die Konkurrenz? Wie viele Hörspiele hören Sie sich für so einen Wettbewerb an?
Dünnebier: Wir hatten diesmal 24 Stücke und sind dann sehr konzentriert dabei, über die zu reden, die wir für preiswürdig halten. Das ist dann aber fast schon die Hälfte immer. Also es ist eine wirklich sehr gute Hörspielproduktion dieses Jahr, die vergangenen Jahre auch, und ich finde das mit der Nominierung sehr schön. Es lenkt auch eine große Aufmerksamkeit auf die Nominierten. Dafür muss man auch den Kriegsblinden sehr danken, dass die dem Preis so lange die Treue gehalten haben.
Und wenn ich noch einen Dank dranhängen soll, dann auch der Filmstiftung. Die ist ja seit 20 Jahren auch mit im Boot und unterstützt finanziell, organisatorisch und auch inhaltlich, weil sie schon seit längerer Zeit gefunden hat, dass Hörspiel ein sehr eigenes Format ist, ein medientypisches Format, was sehr wichtig ist, was für Autoren sehr wichtig ist und was einfach von seiner Besonderheit und seinem Wert her gefördert wird als eine öffentlich-rechtliche Kostbarkeit. Also sie helfen durchaus den öffentlich-rechtlichen Anstalten bei dieser schönen Aufgabe, dem Hörspiel einen vorrangigen Platz einzuräumen.
Koldehoff: Jetzt muss ich natürlich, weil Sie dreimal öffentlich-rechtlich betont haben, mit stolz geschwellter Brust als Mitarbeiter einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt, die dieses Jahr auch noch einen Preis mit bekommen hat, nachfragen: Für Hörbücher nach literarisch, nach belletristischen Vorlagen gibt es inzwischen Verlage. Hörspiele werden tatsächlich nur durch öffentlich-rechtliche Sender produziert?
Dünnebier: Ja! Das ist ja eine der wirklich fast eigensten Kunstformen, die das Radio entwickelt hat. Man kann vielleicht das künstlerische Feature auch nennen, aber das Hörspiel ist wirklich eine Kunstform, die mit dem Radio entstanden ist, die durch das Radio lebt, und ich finde auch, das ist das Besondere daran und deswegen sind ja auch die Radioanstalten doch (hoffentlich auch noch weiter) sehr bemüht, das Hörspiel zu fördern und in den Mittelpunkt zu stellen.
Koldehoff: Wenn Sie jetzt mal so ein paar Jahre zurückblicken in der Geschichte des Hörspiels, gibt es da Entwicklungen? Wird das Genre politischer, hören Sie mehr "Arpolar" in den letzten Jahren, lassen sich da Entwicklungen abzeichnen?
Dünnebier: Eine interessante Entwicklung, finde ich, dass es dokumentarischer wird, dass es sich auch so ein bisschen auf die Richtung künstlerisches Feature zubewegt. Wir hatten dieses Mal sehr viele Stücke, die mit teils dokumentarischem Material arbeiten, aber teils auch mit dieser Form Dokumentation spielen, die sozusagen gefälschte Dokumentationen machen, teilweise um die Welt sichtbarer zu machen durch diesen Hintereingang, oder um eine Fantasiewelt zu kreieren, die natürlich auch viel deutlich macht, wie die Welt ist oder sein könnte.
Koldehoff: Die Jury-Vorsitzende Anna Dünnebier zum "Hörspielpreis der Kriegsblinden" für das vom Deutschlandfunk co-produzierte Werk "Ooops, wrong Planet".
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Anna Dünnebier: Ja das ist eine sehr gelungene Mischung aus dokumentarischem Material, was mit künstlerischen Mitteln, wie ich finde, sehr genial umgesetzt ist. Gesine Schmidt arbeitet ja gerne mit dokumentarischem Material und sie hat jetzt Gespräche und auch Aufzeichnungen, Texte von Autisten verwendet und dramaturgisch in eine wunderbare Folge gebracht. Die Regie ist auch sehr liebevoll damit umgegangen - es sind vier Personen, die zitiert werden -, dass auch jeder Person eine eigene Sprachmelodie zugeordnet wird, ein eigener Rhythmus, und das Hörspiel reflektiert auch diesen Umgang mit Sprache. Autisten fühlen sich ja – das ist jetzt der Titel von dem Hörspiel – wie auf dem falschen Planeten gelandet, also eine andere Art von Verständigung, eine andere Art von Wahrnehmung, dass sie sich auf ihre eigene Weise auseinandersetzen in dieser Welt, mit der sie leben. Und da sind auch wirklich sehr interessante und verschiedene Zugänge von zwei Brüdern zum Beispiel, Philosophiestudenten, die sehr viel mit Sprache umgehen, aber nicht reden. Sie schreiben, sie formulieren, aber sie finden, dass das Reden die Sprache zerfasert. Sie schreiben auf, was sie denken, sehr poetisch, sehr schön, sehr nachdenklich, und das ist zum Beispiel wundervoll umgesetzt auch in Musik, wodurch praktisch diese Gedanken noch mal irgendwie in eine Höhe gehoben werden, die die Sprache so gar nicht liefern könnte. – Wunderbar!
Koldehoff: Wie groß ist die Konkurrenz? Wie viele Hörspiele hören Sie sich für so einen Wettbewerb an?
Dünnebier: Wir hatten diesmal 24 Stücke und sind dann sehr konzentriert dabei, über die zu reden, die wir für preiswürdig halten. Das ist dann aber fast schon die Hälfte immer. Also es ist eine wirklich sehr gute Hörspielproduktion dieses Jahr, die vergangenen Jahre auch, und ich finde das mit der Nominierung sehr schön. Es lenkt auch eine große Aufmerksamkeit auf die Nominierten. Dafür muss man auch den Kriegsblinden sehr danken, dass die dem Preis so lange die Treue gehalten haben.
Und wenn ich noch einen Dank dranhängen soll, dann auch der Filmstiftung. Die ist ja seit 20 Jahren auch mit im Boot und unterstützt finanziell, organisatorisch und auch inhaltlich, weil sie schon seit längerer Zeit gefunden hat, dass Hörspiel ein sehr eigenes Format ist, ein medientypisches Format, was sehr wichtig ist, was für Autoren sehr wichtig ist und was einfach von seiner Besonderheit und seinem Wert her gefördert wird als eine öffentlich-rechtliche Kostbarkeit. Also sie helfen durchaus den öffentlich-rechtlichen Anstalten bei dieser schönen Aufgabe, dem Hörspiel einen vorrangigen Platz einzuräumen.
Koldehoff: Jetzt muss ich natürlich, weil Sie dreimal öffentlich-rechtlich betont haben, mit stolz geschwellter Brust als Mitarbeiter einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt, die dieses Jahr auch noch einen Preis mit bekommen hat, nachfragen: Für Hörbücher nach literarisch, nach belletristischen Vorlagen gibt es inzwischen Verlage. Hörspiele werden tatsächlich nur durch öffentlich-rechtliche Sender produziert?
Dünnebier: Ja! Das ist ja eine der wirklich fast eigensten Kunstformen, die das Radio entwickelt hat. Man kann vielleicht das künstlerische Feature auch nennen, aber das Hörspiel ist wirklich eine Kunstform, die mit dem Radio entstanden ist, die durch das Radio lebt, und ich finde auch, das ist das Besondere daran und deswegen sind ja auch die Radioanstalten doch (hoffentlich auch noch weiter) sehr bemüht, das Hörspiel zu fördern und in den Mittelpunkt zu stellen.
Koldehoff: Wenn Sie jetzt mal so ein paar Jahre zurückblicken in der Geschichte des Hörspiels, gibt es da Entwicklungen? Wird das Genre politischer, hören Sie mehr "Arpolar" in den letzten Jahren, lassen sich da Entwicklungen abzeichnen?
Dünnebier: Eine interessante Entwicklung, finde ich, dass es dokumentarischer wird, dass es sich auch so ein bisschen auf die Richtung künstlerisches Feature zubewegt. Wir hatten dieses Mal sehr viele Stücke, die mit teils dokumentarischem Material arbeiten, aber teils auch mit dieser Form Dokumentation spielen, die sozusagen gefälschte Dokumentationen machen, teilweise um die Welt sichtbarer zu machen durch diesen Hintereingang, oder um eine Fantasiewelt zu kreieren, die natürlich auch viel deutlich macht, wie die Welt ist oder sein könnte.
Koldehoff: Die Jury-Vorsitzende Anna Dünnebier zum "Hörspielpreis der Kriegsblinden" für das vom Deutschlandfunk co-produzierte Werk "Ooops, wrong Planet".
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.