In Mailand gehört das seit einigen Jahren zum gewohnten Stadtbild: Kräne ragen in den Horizont, Baugruben werden ausgehoben, wo früher Fabrikanlagen standen, und Gebäude wachsen in die Höhe. Aber so eine Baustelle wie im Gebiet Garibaldi und Porta Nuova mit rund 290.000 Quadratmetern Bodenfläche - das entspricht ungefähr 50 Fußballfeldern - hat die Stadt im Zentrum bislang noch nicht gesehen. Das ist zurzeit eine der größten innerstädtischen Konversionsmaßnahmen in Europa.
In einem Informations-Zentrum mit Videoanimationen, Schautafeln und einem großen Projekt-Modell kann man sich ansehen, was geplant ist. Auf teils öffentlichem, teils privatem Grund entstehen Büro- und Wohntürme, Hotel-, Restaurant- und Verkaufsflächen, öffentliche Einrichtungen wie Museen und Kulturzentren sowie unterirdische Garagenplätze. Eine neue U-Bahn-Linie wird gebaut und die Hälfte der Gesamtfläche soll später eine Parklandschaft überdecken. In vier Jahren sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Eine Mitarbeiterin des Info-Zentrums präsentiert das Modell:
"Wir stehen hier vor dem Modell der Aufwertung des Gebiets Porta Nuova-Garibaldi. Dieses brachliegende Gebiet hatte 50 Jahre lang wie eine Wunde im Stadtbild gewirkt."
Es handelt sich dabei vor allem um die Konversion aufgelassener Gleis- und Fabrikanlagen sowie um Randbereiche eines alten Wohn- und Industrieviertels, der sogenannten Isola, zwischen der alten Bahnstrecke Richtung Varese und dem inzwischen mit einer Straße überbauten Martesana-Kanal. Der in Mailand ansässige deutsche Landschaftsarchitekt Andreas Kipar, der ein Teil der neuen Grünanlagen des Projektes plant, sagt zum Hintergrund der Stadtentwicklung:
"Nachdem die erste postindustrielle Phase in mehr oder weniger allen europäischen Städten abgeschlossen ist, beginnt nun sozusagen in einer zweiten Generation die Aufarbeitung alter Bahnbereiche, die nicht mehr benötigt werden aufgrund ausgelagerter Produktionen, ehemaliger Militäranlagen, die vor allem in den italienischen Städten noch in den Innenstädten liegen. Das schafft Raum in den Städten und bietet natürlich auch die Möglichkeit für eine weitere Verdichtung, aber vor allem eine Aufwertung des Freiraums in unseren Städten."
Um Freiraum zu schaffen, muss der bebaute Raum verdichtet werden. Verdichten bedeutet in der Regel: die Häuser wachsen in die Höhe. Im Fall Mailand entstehen gerade nach Plänen des Argentiniers Cesar Pelli drei Gebäudetürme bis zu 144 Meter Dachhöhe rund um eine Piazza vor dem Garibaldi-Bahnhof. Im Bereich des alten Isola-Viertels plant der Mailänder Architekt Stefano Boeri zwei Büro- und Wohntürme von 110 beziehungsweise 80 Metern Höhe. In Zusammenarbeit mit dem Amerikaner William McDonough sollen sie nach den Prinzipien einer nachhaltigen Baukultur entstehen und etwa einen Energieaustausch zwischen Wohnungen und Büros ermöglichen. Stefano Boeri fügt hinzu:
"Außerdem haben wir uns für die beiden Türme eine besonderen Außenhaut ausgedacht. Sie werden fast komplett von Bäumen bedeckt sein. Ein vertikaler Wald mit 1200 Bäumen, das entspräche einer üblichen Waldfläche von drei Hektar."
Mailand, die graue Hauptstadt des europäischen Designs, setzt hier wie bei anderen Konversionsprojekten von ehemaligen Industrieanlagen, zum Beispiel bei Alfa Romeo oder bei Maserati, ganz auf "Green Design". Der Landschaftsarchitekt Andreas Kipar:
"Unter dem Begriff Green Design lassen sich viele Maßnahmen sammeln, die nicht nur aus der Kategorie der guten alten Schule der Landschaftsarchitektur – siehe da: Garten, Park – kommen, sondern die so weit gehen und alle Dächer begrünen, dass sie Gewächshäuser auf die Dächer stellen, dass sie grüne Wände bilden. Dass sie unter dem Oberbegriff Grün an sich öffentlichen Raum in der Vielfältigkeit, in der Mehrdimensionalität verstehen."
Aber dennoch wächst hier in Mailands Zentrum keine Gartenstadt heran, wie ein weiteres Hochhausprojekt in unmittelbarerer Nachbarschaft zum Garibaldi-Komplex eindrucksvoll zeigt. Der neue Sitz der Regionalverwaltung der Lombardei steigt gerade 166 Meter hoch in den Himmel. Und im ehemaligen innerstädtischen Messegelände werden in diesen Wochen die Fundamente für weitere drei Hochhäuser bis zu 215 Metern Höhe ausgehoben. Diese Masse von Zement schürt auch Ängste. Einige Bürgerinitiativen wehren sich. Stefano Boeri über den Umgang mit Kritik, Angst und Skeptizismus:
"Es kommt darauf an, die Planung immer sichtbar für alle zu machen und einen Dialog zu führen. Dieser Skeptizismus muss ernst genommen werden und man muss ihm mit Argumenten begegnen. Wobei andererseits deutlich bleiben soll, dass die Städte sich weiterentwickeln können. Das Projekt Garibaldi Porta Nuova stellt im Vergleich zu den vergangenen 50 Jahren einen Fortschritt dar, einen Gewinn auch für die protestierenden Bürger, davon bin ich fest überzeugt."
Urbane und natürliche Lebensqualität sollen einander nicht ausschließen. Park- und Freiflächen, die rund 50 Prozent der Gesamtfläche des Projektes ausmachen, spielen eine wichtige Rolle. Der Autoverkehr wird fast ganz unter die Erde verlegt. Isola, das bislang von der Stadt abgeschnittene Insel-Viertel, bekommt jetzt einen grünen Zugang zum Zentrum von Mailand. Andreas Kipar:
"Wir nennen das hier die raggi verdi, die grünen Strahlen, die durch das Gelände ziehen und damit seit über 100 Jahren getrennte Stadtbereiche ganz neu miteinander verbinden."
Der Park soll aber erst als letzter Bauabschnitt im Jahr 2013 angelegt werden. Bis dahin müssen die Anwohner mit den Belastungen einer riesigen Baustelle leben. In der Hoffnung, dass die Jahrzehnte alte urbane Wunde wirklich mit einem Stück wieder gewonnene Stadt geschlossen wird.
In einem Informations-Zentrum mit Videoanimationen, Schautafeln und einem großen Projekt-Modell kann man sich ansehen, was geplant ist. Auf teils öffentlichem, teils privatem Grund entstehen Büro- und Wohntürme, Hotel-, Restaurant- und Verkaufsflächen, öffentliche Einrichtungen wie Museen und Kulturzentren sowie unterirdische Garagenplätze. Eine neue U-Bahn-Linie wird gebaut und die Hälfte der Gesamtfläche soll später eine Parklandschaft überdecken. In vier Jahren sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Eine Mitarbeiterin des Info-Zentrums präsentiert das Modell:
"Wir stehen hier vor dem Modell der Aufwertung des Gebiets Porta Nuova-Garibaldi. Dieses brachliegende Gebiet hatte 50 Jahre lang wie eine Wunde im Stadtbild gewirkt."
Es handelt sich dabei vor allem um die Konversion aufgelassener Gleis- und Fabrikanlagen sowie um Randbereiche eines alten Wohn- und Industrieviertels, der sogenannten Isola, zwischen der alten Bahnstrecke Richtung Varese und dem inzwischen mit einer Straße überbauten Martesana-Kanal. Der in Mailand ansässige deutsche Landschaftsarchitekt Andreas Kipar, der ein Teil der neuen Grünanlagen des Projektes plant, sagt zum Hintergrund der Stadtentwicklung:
"Nachdem die erste postindustrielle Phase in mehr oder weniger allen europäischen Städten abgeschlossen ist, beginnt nun sozusagen in einer zweiten Generation die Aufarbeitung alter Bahnbereiche, die nicht mehr benötigt werden aufgrund ausgelagerter Produktionen, ehemaliger Militäranlagen, die vor allem in den italienischen Städten noch in den Innenstädten liegen. Das schafft Raum in den Städten und bietet natürlich auch die Möglichkeit für eine weitere Verdichtung, aber vor allem eine Aufwertung des Freiraums in unseren Städten."
Um Freiraum zu schaffen, muss der bebaute Raum verdichtet werden. Verdichten bedeutet in der Regel: die Häuser wachsen in die Höhe. Im Fall Mailand entstehen gerade nach Plänen des Argentiniers Cesar Pelli drei Gebäudetürme bis zu 144 Meter Dachhöhe rund um eine Piazza vor dem Garibaldi-Bahnhof. Im Bereich des alten Isola-Viertels plant der Mailänder Architekt Stefano Boeri zwei Büro- und Wohntürme von 110 beziehungsweise 80 Metern Höhe. In Zusammenarbeit mit dem Amerikaner William McDonough sollen sie nach den Prinzipien einer nachhaltigen Baukultur entstehen und etwa einen Energieaustausch zwischen Wohnungen und Büros ermöglichen. Stefano Boeri fügt hinzu:
"Außerdem haben wir uns für die beiden Türme eine besonderen Außenhaut ausgedacht. Sie werden fast komplett von Bäumen bedeckt sein. Ein vertikaler Wald mit 1200 Bäumen, das entspräche einer üblichen Waldfläche von drei Hektar."
Mailand, die graue Hauptstadt des europäischen Designs, setzt hier wie bei anderen Konversionsprojekten von ehemaligen Industrieanlagen, zum Beispiel bei Alfa Romeo oder bei Maserati, ganz auf "Green Design". Der Landschaftsarchitekt Andreas Kipar:
"Unter dem Begriff Green Design lassen sich viele Maßnahmen sammeln, die nicht nur aus der Kategorie der guten alten Schule der Landschaftsarchitektur – siehe da: Garten, Park – kommen, sondern die so weit gehen und alle Dächer begrünen, dass sie Gewächshäuser auf die Dächer stellen, dass sie grüne Wände bilden. Dass sie unter dem Oberbegriff Grün an sich öffentlichen Raum in der Vielfältigkeit, in der Mehrdimensionalität verstehen."
Aber dennoch wächst hier in Mailands Zentrum keine Gartenstadt heran, wie ein weiteres Hochhausprojekt in unmittelbarerer Nachbarschaft zum Garibaldi-Komplex eindrucksvoll zeigt. Der neue Sitz der Regionalverwaltung der Lombardei steigt gerade 166 Meter hoch in den Himmel. Und im ehemaligen innerstädtischen Messegelände werden in diesen Wochen die Fundamente für weitere drei Hochhäuser bis zu 215 Metern Höhe ausgehoben. Diese Masse von Zement schürt auch Ängste. Einige Bürgerinitiativen wehren sich. Stefano Boeri über den Umgang mit Kritik, Angst und Skeptizismus:
"Es kommt darauf an, die Planung immer sichtbar für alle zu machen und einen Dialog zu führen. Dieser Skeptizismus muss ernst genommen werden und man muss ihm mit Argumenten begegnen. Wobei andererseits deutlich bleiben soll, dass die Städte sich weiterentwickeln können. Das Projekt Garibaldi Porta Nuova stellt im Vergleich zu den vergangenen 50 Jahren einen Fortschritt dar, einen Gewinn auch für die protestierenden Bürger, davon bin ich fest überzeugt."
Urbane und natürliche Lebensqualität sollen einander nicht ausschließen. Park- und Freiflächen, die rund 50 Prozent der Gesamtfläche des Projektes ausmachen, spielen eine wichtige Rolle. Der Autoverkehr wird fast ganz unter die Erde verlegt. Isola, das bislang von der Stadt abgeschnittene Insel-Viertel, bekommt jetzt einen grünen Zugang zum Zentrum von Mailand. Andreas Kipar:
"Wir nennen das hier die raggi verdi, die grünen Strahlen, die durch das Gelände ziehen und damit seit über 100 Jahren getrennte Stadtbereiche ganz neu miteinander verbinden."
Der Park soll aber erst als letzter Bauabschnitt im Jahr 2013 angelegt werden. Bis dahin müssen die Anwohner mit den Belastungen einer riesigen Baustelle leben. In der Hoffnung, dass die Jahrzehnte alte urbane Wunde wirklich mit einem Stück wieder gewonnene Stadt geschlossen wird.