Nachts im Israel Museum. Ein großzügiger Tempel des Modernismus auf einem Hügel über Jerusalem. Hier herrscht normalerweise ehrfürchtiges Schweigen, vor allem in dem Kuppelraum, der die ältesten Schriftzeugnisse des Judentums beherbergt. Doch in dieser Nacht ist alles anders. Zwei DJs lassen hier, im Allerheiligsten der jüdischen Kultur, brodelnde Töne erklingen. Die Aktion heißt "Klänge aus der Zukunft" – es gebe in Israel genügend Klänge aus der Vergangenheit, dem müsse man etwas entgegensetzen, meinen die Musiker.
Dass diese Aktion überhaupt gestattet wurde, ist erstaunlich. Ein Erfolg der Jerusalem Season of Culture, einer Organisation, die die tiefen Gräben zwischen den Bevölkerungsgruppen überwinden will.
4000 Menschen sind in dieser Nacht gekommen, verwandeln das Museum in ein Festival – obwohl man aus dem arabisch geprägten Ost-Jerusalem kaum jemanden sieht. Contact Point heißt diese Aktion. Der Direktor des Israel Museums, James Snyder:
"Bei Contact Point geht es darum, Grenzen aufzuheben, Künstler aus den verschiedensten Disziplinen in einen Dialog mit den Museumsstücke zu bringen, der Landschaft, der Architektur, die sich nach dem Willen des Architekten wie ein palästinensisches Dorf in die Landschaft einfügen sollte. Es geht um die Verbindung von Kreativität und einem besonderen Ort."
Doch nicht nur das Museum wird bespielt. Ziel der Jerusalem Season of Culture ist es, die ganze Stadt zu erobern.
Ein sogenannter Food Truck steht jeden Tag an einer anderen Stelle der Stadt, Jerusalems berühmtester Küchenchef bereitet in der mobilen Küche ein täglich wechselndes Gericht zu, das ein Künstler angeregt hat und das mit der Geschichte des jeweiligen Standorts verbunden ist. So wird die Geschichte Jerusalems über das Leben Einzelner erzählt. Das klingt einfach, ist es aber gar nicht. Der Leiter der Jerusalem Season of Culture, Itay Mautner:
"Jerusalem ist eine harte Stadt mit extremen Stimmungsschwankungen. Glück und Euphorie, aber es gibt auch Angst, Spannungen und Rassismus. Jerusalem ist durch zwei große Narrative bestimmt: die Religion und die Politik. Die Kultur muss dazwischen ihren Platz finden, sie muss vermitteln. Wir machen dazu ein Angebot – und sind überzeugt, dass Kunst die Wirklichkeit ein wenig verändern kann."
Das allerdings ist extrem problematisch. Von palästinensischer Seite gibt es einen Boykott gegen alle israelischen Kulturinstitutionen, der auch die Jerusalem Season of Culture trifft – die Idee dahinter: Die Palästinenser wollen jeden Anschein von Normalisierung vermeiden. Den Orthodoxen aber sind viele Aktivitäten verboten – zum Beispiel in ein Konzert zu gehen, in dem eine Frau singt. Kultur in Jerusalem kennt viele Tabus.
Im israelischen Parlament gab es eine Performance. Der Künstler Dani Karavan hat dort das große Relief neu interpretiert, das er für das Parlamentsgebäude geschaffen hatte. Karavan ist kritisch gegenüber vielen dort geführten Debatten. Bei bestimmten Themen hat er verfügt, dass sein Relief verhängt werden sollte. Jetzt wird das Parlament erstmals von Künstlern und ganz normalen Bürgern besetzt – eine neue Aneignung des öffentlichen Raums nennt das der Leiter der Public Art School, Omer Krieger.
"Wir gehen an Orte, wo die Konflikte am spürbarsten sind, wir gehen an den Nerv der Dinge – auch an der Klagemauer. Ich habe dazu ein Live-Radioprogramm mit 5 Kanälen gemacht, direkt von der Klagemauer. Die Leute performen ihre religiöse Identität in der Stadt, an vielen Stellen – das interessiert mich."
Wie realistisch ist JSOC? Manche Aktionen dringen nicht durch, Säkulare und Liberale bleiben oft unter sich. Aber: Der Höhepunkt des Festivals kommt erst Ende August: Dann findet das Festival Sakraler Musik statt, in der Zitadelle nahe dem Jaffa-Tor – im vergangenen Jahr ein fulminanter Erfolg.
Dass diese Aktion überhaupt gestattet wurde, ist erstaunlich. Ein Erfolg der Jerusalem Season of Culture, einer Organisation, die die tiefen Gräben zwischen den Bevölkerungsgruppen überwinden will.
4000 Menschen sind in dieser Nacht gekommen, verwandeln das Museum in ein Festival – obwohl man aus dem arabisch geprägten Ost-Jerusalem kaum jemanden sieht. Contact Point heißt diese Aktion. Der Direktor des Israel Museums, James Snyder:
"Bei Contact Point geht es darum, Grenzen aufzuheben, Künstler aus den verschiedensten Disziplinen in einen Dialog mit den Museumsstücke zu bringen, der Landschaft, der Architektur, die sich nach dem Willen des Architekten wie ein palästinensisches Dorf in die Landschaft einfügen sollte. Es geht um die Verbindung von Kreativität und einem besonderen Ort."
Doch nicht nur das Museum wird bespielt. Ziel der Jerusalem Season of Culture ist es, die ganze Stadt zu erobern.
Ein sogenannter Food Truck steht jeden Tag an einer anderen Stelle der Stadt, Jerusalems berühmtester Küchenchef bereitet in der mobilen Küche ein täglich wechselndes Gericht zu, das ein Künstler angeregt hat und das mit der Geschichte des jeweiligen Standorts verbunden ist. So wird die Geschichte Jerusalems über das Leben Einzelner erzählt. Das klingt einfach, ist es aber gar nicht. Der Leiter der Jerusalem Season of Culture, Itay Mautner:
"Jerusalem ist eine harte Stadt mit extremen Stimmungsschwankungen. Glück und Euphorie, aber es gibt auch Angst, Spannungen und Rassismus. Jerusalem ist durch zwei große Narrative bestimmt: die Religion und die Politik. Die Kultur muss dazwischen ihren Platz finden, sie muss vermitteln. Wir machen dazu ein Angebot – und sind überzeugt, dass Kunst die Wirklichkeit ein wenig verändern kann."
Das allerdings ist extrem problematisch. Von palästinensischer Seite gibt es einen Boykott gegen alle israelischen Kulturinstitutionen, der auch die Jerusalem Season of Culture trifft – die Idee dahinter: Die Palästinenser wollen jeden Anschein von Normalisierung vermeiden. Den Orthodoxen aber sind viele Aktivitäten verboten – zum Beispiel in ein Konzert zu gehen, in dem eine Frau singt. Kultur in Jerusalem kennt viele Tabus.
Im israelischen Parlament gab es eine Performance. Der Künstler Dani Karavan hat dort das große Relief neu interpretiert, das er für das Parlamentsgebäude geschaffen hatte. Karavan ist kritisch gegenüber vielen dort geführten Debatten. Bei bestimmten Themen hat er verfügt, dass sein Relief verhängt werden sollte. Jetzt wird das Parlament erstmals von Künstlern und ganz normalen Bürgern besetzt – eine neue Aneignung des öffentlichen Raums nennt das der Leiter der Public Art School, Omer Krieger.
"Wir gehen an Orte, wo die Konflikte am spürbarsten sind, wir gehen an den Nerv der Dinge – auch an der Klagemauer. Ich habe dazu ein Live-Radioprogramm mit 5 Kanälen gemacht, direkt von der Klagemauer. Die Leute performen ihre religiöse Identität in der Stadt, an vielen Stellen – das interessiert mich."
Wie realistisch ist JSOC? Manche Aktionen dringen nicht durch, Säkulare und Liberale bleiben oft unter sich. Aber: Der Höhepunkt des Festivals kommt erst Ende August: Dann findet das Festival Sakraler Musik statt, in der Zitadelle nahe dem Jaffa-Tor – im vergangenen Jahr ein fulminanter Erfolg.