Die Monatszeitschrift versteht sich als interdisziplinär und nennt die Bereiche, die sie zu analysieren sucht, in dieser Reihenfolge: Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Zeitgeschichte. Gemeinhin wird das Journal den politischen Publikationen zugeschlagen. Aber die Erwähnung der Kultur darf nicht als schmückendes Beiwerk in der Aufzählung missverstanden werden. Regelmäßig erscheinen Ausgaben, in denen literarische Themen den Schwerpunkt bilden.
Wer an der Belletristik der genannten Weltgegend interessiert ist, findet im Heft 7 bemerkenswerte Analysen und Informationen. Ivo Bock untersucht die tschechische Literaturzensur zwischen 1948 und 1968. In der Stalinzeit genügte die Selbstkontrolle durch die Verlags- und Redaktionsleitungen: die Härte der Repression sorgte wie von selbst für Einschüchterung. So wurde eine offizielle Zensurbehörde erst 1953 gegründet - als Antwort auf ideologische Unsicherheit und auf das stärkere Bestreben der Künstler, Freiräume zu gewinnen. Schon während der Tauwetterperiode 1956 und noch mehr nach 1963 habe das Amt die Zensurkriterien abschwächen müssen und auch Widerspruch gegenüber den Entscheidungen hingenommen.
Im Vorfeld des "Prager Frühlings" betrafen die meisten Interventionen Aufsätze in den literarischen Zeitschriften, vor allem in "Literarni noviny". Im Unterschied zur DDR, wo der Chefredakteur die Verantwortung hatte, gab es in der Tschechoslowakei eine Vorzensur durch ein Zensuramt. Das hatte den Vorteil, dass getestet werden konnte, ob die Aufpasser etwas merkten und bei welchen Gelegenheiten sie einschreiten würden. Leider sind die Archive in Prag und Bratislava nicht so frei zugänglich wie in Berlin oder Leipzig, so dass der Autor sich mit Verallgemeinerungen zurückhält.
Ausführlich behandelt Ivo Bock einen im Herbst 1952 entbrannten Streit um die Gedichte des damals 23-jährigen Milan Kundera, der 1967 mit dem antistalinistischen Roman "Der Scherz" Aufsehen erregte und später, als Immigrant in Paris lebend, Weltruhm gewann. In den frühen 50er Jahren musste er sich dafür rechtfertigen, dass er in seiner Lyrik trauernde und zweifelnde Einze1gänger nicht als Feinde der neuen Ordnung verdammte.
Der Slawist Karlheinz Kasper informiert in der Zeitschrift von Zeit zu Zeit über Trends in der zeitgenössischen russischen Belletristik. Diesmal gibt Kasper einen Gesamtüberblick über die im Jahr 2004 in deutschsprachigen Verlagen erschienenen Übersetzungen aus dem Russischen. Eine ausführliche Bücherliste hilft bei der Orientierung. Sie beweist, dass vor allem kleine Verlage wie die Edition Ebersbach, die Edition Erata, die Friedenauer Presse, die Ver1age Persona und Wiesenburg und vor allem das Wiener Verlagshaus Pereprava sich große Verdienste bei der Präsentation russischer Literatur erworben haben. Der Autor registriert nicht nur die Resonanz in der hiesigen literarkritischen Öffentlichkeit, er vergleicht auch die Übersetzung mit dem Originaltext.
Er kritisiert scharf, dass Kiepenheuer und Witsch die verstümmelte Fassung des 1982 im Scherz-Verlag erstmals erschienenen Romans "Fuck off, Amerika" von Eduard Limonow noch einmal unverändert nachdruckt, obwohl die Texte der Dissidenten inzwischen vollständig und unbeschädigt zur Verfügung stehen.
Witzig konfrontiert Kasper so unterschiedliche Autoren wie Michail Sostschenko und Vladimir Nabokov. Per Übersetzer Thomas Reschke hat unter dem Titel "Mit der Gabel aufs Wasser geschrieben" seine Lieblingssatiren von Sostschenko herausgebracht, und im Band 21 der Nabokov-Ausgabe von Dieter Zimmer, Titel "Deutliche Worte", lässt sich nachlesen, wie hochnäsig der adlige Emigrant des Jahres 1919 über den "Genossen Kleinbürger" urteilte; "Der Autor stellt sich dumm - warum, weiß man nicht".
Dabei sollte eine solche Überlebensstrategie in der Diktatur nicht eigens gerechtfertigt werden müssen, zumal Sostschenko in der Stalinzeit bedrohlichen Angriffen ausgesetzt war. Der Boom des Jahres 2003, als Russland Gast bei der Frankfurter Buchmesse war, ließ sich nicht fortsetzen. Nach der Statistik hat sich 2004 mit ungefähr 40 Titeln das " langjährige Normalmaß" wieder eingependelt. Auch der gesamte Rezensionsteil des Hefts widmet sich auf 25 Seiten wissenschaftlichen Büchern zu literarischen und kulturhistorischen Themen.
Wer an der Belletristik der genannten Weltgegend interessiert ist, findet im Heft 7 bemerkenswerte Analysen und Informationen. Ivo Bock untersucht die tschechische Literaturzensur zwischen 1948 und 1968. In der Stalinzeit genügte die Selbstkontrolle durch die Verlags- und Redaktionsleitungen: die Härte der Repression sorgte wie von selbst für Einschüchterung. So wurde eine offizielle Zensurbehörde erst 1953 gegründet - als Antwort auf ideologische Unsicherheit und auf das stärkere Bestreben der Künstler, Freiräume zu gewinnen. Schon während der Tauwetterperiode 1956 und noch mehr nach 1963 habe das Amt die Zensurkriterien abschwächen müssen und auch Widerspruch gegenüber den Entscheidungen hingenommen.
Im Vorfeld des "Prager Frühlings" betrafen die meisten Interventionen Aufsätze in den literarischen Zeitschriften, vor allem in "Literarni noviny". Im Unterschied zur DDR, wo der Chefredakteur die Verantwortung hatte, gab es in der Tschechoslowakei eine Vorzensur durch ein Zensuramt. Das hatte den Vorteil, dass getestet werden konnte, ob die Aufpasser etwas merkten und bei welchen Gelegenheiten sie einschreiten würden. Leider sind die Archive in Prag und Bratislava nicht so frei zugänglich wie in Berlin oder Leipzig, so dass der Autor sich mit Verallgemeinerungen zurückhält.
Ausführlich behandelt Ivo Bock einen im Herbst 1952 entbrannten Streit um die Gedichte des damals 23-jährigen Milan Kundera, der 1967 mit dem antistalinistischen Roman "Der Scherz" Aufsehen erregte und später, als Immigrant in Paris lebend, Weltruhm gewann. In den frühen 50er Jahren musste er sich dafür rechtfertigen, dass er in seiner Lyrik trauernde und zweifelnde Einze1gänger nicht als Feinde der neuen Ordnung verdammte.
Der Slawist Karlheinz Kasper informiert in der Zeitschrift von Zeit zu Zeit über Trends in der zeitgenössischen russischen Belletristik. Diesmal gibt Kasper einen Gesamtüberblick über die im Jahr 2004 in deutschsprachigen Verlagen erschienenen Übersetzungen aus dem Russischen. Eine ausführliche Bücherliste hilft bei der Orientierung. Sie beweist, dass vor allem kleine Verlage wie die Edition Ebersbach, die Edition Erata, die Friedenauer Presse, die Ver1age Persona und Wiesenburg und vor allem das Wiener Verlagshaus Pereprava sich große Verdienste bei der Präsentation russischer Literatur erworben haben. Der Autor registriert nicht nur die Resonanz in der hiesigen literarkritischen Öffentlichkeit, er vergleicht auch die Übersetzung mit dem Originaltext.
Er kritisiert scharf, dass Kiepenheuer und Witsch die verstümmelte Fassung des 1982 im Scherz-Verlag erstmals erschienenen Romans "Fuck off, Amerika" von Eduard Limonow noch einmal unverändert nachdruckt, obwohl die Texte der Dissidenten inzwischen vollständig und unbeschädigt zur Verfügung stehen.
Witzig konfrontiert Kasper so unterschiedliche Autoren wie Michail Sostschenko und Vladimir Nabokov. Per Übersetzer Thomas Reschke hat unter dem Titel "Mit der Gabel aufs Wasser geschrieben" seine Lieblingssatiren von Sostschenko herausgebracht, und im Band 21 der Nabokov-Ausgabe von Dieter Zimmer, Titel "Deutliche Worte", lässt sich nachlesen, wie hochnäsig der adlige Emigrant des Jahres 1919 über den "Genossen Kleinbürger" urteilte; "Der Autor stellt sich dumm - warum, weiß man nicht".
Dabei sollte eine solche Überlebensstrategie in der Diktatur nicht eigens gerechtfertigt werden müssen, zumal Sostschenko in der Stalinzeit bedrohlichen Angriffen ausgesetzt war. Der Boom des Jahres 2003, als Russland Gast bei der Frankfurter Buchmesse war, ließ sich nicht fortsetzen. Nach der Statistik hat sich 2004 mit ungefähr 40 Titeln das " langjährige Normalmaß" wieder eingependelt. Auch der gesamte Rezensionsteil des Hefts widmet sich auf 25 Seiten wissenschaftlichen Büchern zu literarischen und kulturhistorischen Themen.