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Eine zweite Technische Universität für Bayern?

Ähnlich wie München sollte auch Nordbayern in naher Zukunft eine Technische Universität bekommen, um durch die erwarteten Ingenieursstudierenden die Globalplayer der Industrie in die Region zu holen. Beflügelt wird diese Idee durch ein Innovationspapier der FDP.

Von Susanne Lettenbauer |
    Vielleicht wäre der Passus 1.3 im Innovationspapier der bayerischen FDP stillschweigend begraben worden. Darin hatten sich die Freien Demokraten Anfang des Jahres das "mittelfristige Ziel" gesetzt, "die Gründung einer zweiten Technischen Hochschule oder Universität mit der gesamten Bandbreite der Ingenieurwissenschaften" voranzutreiben. Eine brisante Idee. Ein gefundenes Fressen für eine Nürnberger SPD-Landtagsabgeordnete, die ohnmächtig dem Ausbluten des Arbeitsmarktes ihrer Region zusehen muss.

    Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, ebenfalls FDP, monierte postwendend, dass er nicht in den Vorschlag eingebunden worden war. Den politischen Willen dazu dementiert er aber nicht, so seine Sprecherin Christa Malessa:

    "Was dahintersteckt, ist, dass wir auch hier im Ministerium die MINT-Fächer stärken wollen und sie auch ausbauen wollen und als langfristiges Ziel, aber ich betone, als langfristiges Ziel wäre in Bayern auch eine zweite Technische Universität denkbar. "

    Allein der politische Wille, die Metropolregion Nürnberg bildungspolitisch extra zu fördern, hat die Städte und Gemeinden Nordbayerns elektrisiert. Regensburg zum Beispiel, wo sofort Anspruch auf die neue bayerische TU angemeldet wurde. Sehr zum Ärger von Karl-Dieter Grüske, Präsident der Universität Erlangen-Nürnberg:

    "Entschuldigung, die ist nur für denjenigen charmant, der nicht zur Kenntnis nimmt, dass wir längst eine Technische Universität haben. Das kann nur von der Unkenntnis der tatsächlichen Gegebenheiten herrühren. Theoretisch könnten wir unsere Universität in eine Technische Universität umbenennen. Wir machen das nicht, weil wir als Volluniversität mit Tradition natürlich auch die Geisteswissenschaften mit dabei haben wollen und die auch eine starke Funktion haben und auch im Gesamtkontext eine wichtige Funktion haben."

    Und diese Tradition will Grüske sich nicht durch Namensdiskussionen kaputt machen lassen. Doch gerade die Tradition lässt Nürnberg immer wieder auf eine eigene Technische Universität hoffen. Bereits 1856 hatte sich die Frankenmetropole um eine TU bemüht. Den Zuschlag bekam 1868 der Königssitz München.

    Beste Chancen auf den Titel "Technische Universität" wird trotz fehlendem Promotionsrecht und unterschiedlichen Ausschreibungsverfahren der Nürnberger Ohm-Hochschule für Angewandte Wissenschaften eingeräumt. Die rechtliche Möglichkeit gäbe es. Eine Annäherung an universitäre Studienbedingungen findet sich bereits. Ministeriumssprecherin Malessa:

    "Also im Moment wird die kooperative Promotion ganz gezielt ausgebaut, so dass die begabten Absolventen der FH die Möglichkeiten haben, auch zu promovieren. Das heißt, dass die Promotion an der Universität stattfindet, aber in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Fachhochschule."

    Der Präsident der Ohm-Hochschule Michael Braun gibt sich bedeckt. Bayerns Fachhochschulen seien nie mit dem Vorhaben angetreten, Universitäten zu werden:

    "Was ich an der ganzen Bugwelle der Äußerungen, Berichte, Veröffentlichungen und Initiativen zu diesem Thema bemängeln muss, ist, dass man über eine mögliche Lösung redet, bevor man den Bedarf oder das eigentliche Problem benannt hat."

    Soll heißen: Die nordbayerischen Universitäten und Hochschulen leiden bereits an einer Überkapazität in den so heiß beworbenen MINT-Fächern. Eine TU hätte immense Probleme, überhaupt genügend Studierende zu finden, so Erlangen-Nürnbergs Uni-Präsident Grüske:

    "Wir haben heute schon Schwierigkeiten, überhaupt die vorhandenen Kapazitäten auszulasten in der Ausbauplanung. Wir werben ja dringend um Anfänger und Absolventen, die in diese Bereiche gehen. Es ist sehr mühsam, die überhaupt zu bekommen. Und in der Region wäre das auch keine Frage der Kapazitäten, die, weil wir die nicht ausschöpfen können, neu aufbauen müssten. Im Gegenteil. Wir müssten zusehen, dass wir die vorhandenen Kapazitäten füllen."

    Die zahlreichen Medienanfragen sowohl bei der Universität Erlangen-Nürnberg wie auch bei der Ohm-Hochschule für angewandte Wissenschaften lässt deren Präsidenten in die Defensive gehen. Obwohl gerade seine Professoren immer eine Umwandlung ihrer Hochschule für angewandte Wissenschaften gefordert hatten, lehnt Präsident Braun den Vorschlag ab:

    "Ein Image bekomme ich nicht durch eine Aufkleber TU Nürnberg, sondern ich brauche Substanz."