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Einen Monatslohn für eine Promille

In Dänemark haben es Autofahrer schon heute nicht leicht. Wer falsch parkt, zahlt 70 Euro, wer geblitzt wird, gleich mehrere hundert. Ein normaler Mittelklassewagen kostet etwa drei Mal soviel wie in Deutschland. Schuld daran sind die horrenden Abgaben, die der Staat bei der Anmeldung kassiert, um damit unter anderem das Verkehrsnetz, aber auch die medizinische Versorgung von Unfallopfern zu finanzieren. Ab heute aber wird das Autofahren noch teurer, zumindest wenn man sich nicht an die Regeln hält. Mit einer drastischen Erhöhung der Verkehrstrafen will der Staat Verkehrssünder dort treffen, wo es ihnen am meisten weh tut. Aus Kopenhagen Marc-Christoph Wagner.

    Das erste Bier war erschwinglich, das zweite sündhaft teuer - so wird wohl mancher Däne in Zukunft fluchen. Wer künftig etwa mit 0,7 Promille am Steuer erwischt wird, zahlt ein Bußgeld in Höhe von 70 Prozent seines Netto-Monatslohns. Wer mit mehr als 1,2 Promille gestoppt wird, verliert über das immense Bußgeld hinaus den Führerschein für drei Jahre. Bei mehr als 2 Promille kommt eine 20-tägige Gefängnisstrafe auf Bewährung hinzu. Und jedermann, der mit mehr als den erlaubten 0,5 Promille fährt, muß eine Schulung zum Thema Alkohol im Verkehr über sich ergehen lassen. Selbst der dänische ADAC, die Interessenorganisation der Autofahrer, begrüßt diese Neuerungen. Der Vorsitzende Thomas Møller Thomsen:
    "Natürlich ist das eine harte Strafe, doch wir können eben nicht hinnehmen, dass Leute mit Alkohol im Blut fahren. Das Problem ist doch, dass derjenige, der etwa mit 0,7 Promille fährt, nicht nur das eigene, sondern vor allem das Leben anderer Menschen riskiert. In Dänemark hat sich das Fahren mit Alkohol in den vergangenen Jahren von einem Kavaliersdelikt zu einem sozial völlig inakzeptablen Verhalten entwickelt. Und darum unterstützen wir diese Gesetzesneuerung."

    Doch damit nicht genug. Wer künftig über rot oder unerlaubt auf der Notspur fährt, wer die erlaubte Geschwindigkeit um mehr als 30 Prozent überschreitet oder die Vorfahrt nicht beachtet, wer nicht genügend Abstand hält oder über eine durchgezogene Linie hinweg überholt, bekommt neben einem saftigen Bußgeld einen so genannten Stempel in den Führerschein. Insgesamt 15 dieser Verstöße gibt es. Wer dreimal innerhalb von drei Jahren gegen die neuen Regeln verstößt, dem wird der Führerschein entzogen. Erst nach einer erneut bestandenen Theorie- und Fahrprüfung bekommt man ihn zurück - auf Probe für drei Jahre! All diese Schritte, werden die Verkehrsicherheit erhöhen, und die Zahl der Verkehrsopfer weiter senken - davon ist Mogens Wilbert, der Leiter der Verkehrsabteilung der dänischen Polizei, überzeugt.

    Beim staatlichen "Rat für größere Verkehrssicherheit", der die Gesetzesneuerungen ausgearbeitet hat, zeigt man sich ebenfalls zufrieden. Nicht den normalen Verkehrsteilnehmer, sondern vor allem Wiederholungstäter wolle man mit den harten Strafen zur Raison bringen, erklärt Projektleiterin Kirsten Tode:

    "Dieses System ist sehr viel besser als ein einfaches Bußgeld. Das bezahlt man, und dann ist es aus der Welt. Jetzt, wo der eigene Führerschein gefährdet ist, da trifft man die Leute in ihrem Alltag - die meisten Menschen haben ein Auto, weil sie in irgendeiner Weise von ihm abhängig sind - sie fahren damit zur Arbeit, brauchen es vielleicht sogar geschäftlich, oder um die Kinder zur Schule oder zum Sport zu fahren, oder zum Einkaufen. Durch dieses Gesetz treffen wir die Menschen in genau diesem Alltag, und das schmerzt mehr als ein einfaches Bußgeld."

    Noch schärfere Regeln gelten für die zumeist jungen Fahrer, die ihren Führerschein innerhalb der letzten drei Jahre gemacht haben. Hier reichen zwei Stempel oder das Fahren mit 0,51 Promille und der Führerschein ist weg!

    "Diese Maßnahmen alleine werden sicher nicht ausreichen, aber sie leisten einen Beitrag, neben Aufklärungskampagnen, Schulungen und ähnlichen Dingen. Hinzu kommt: Die grundlegenden Fahrgewohnheiten bilden sich vor allem in den ersten Jahren heraus. Darum ist es in Ordnung, dass wir junge Fahrer zwingen, etwas besser aufzupassen."

    Für Kirsten Tode sind die Neuregelungen erst der Anfang. Sie selbst hätte sich einen noch längeren Strafkatalog gewünscht, der etwa auch das Fahren ohne Gurt berücksichtigt hätte. Nachbesserungen sind deshalb nicht ausgeschlossen. Dann könnte die Geduld des dänischen ADAC jedoch ein Ende haben. Der Staat, könne die Strafen für Autofahrer nicht ständig erhöhen, ohne selbst einen wesentlichen Beitrag für die Verkehrssicherheit zu leisten, sagt Thomas Møller Thomsen:

    "Das hohe Abgabenniveau in Dänemark begrenzt die technische Ausstattung der Autos. Wenn Sicherheitssysteme dreimal so teuer sind wie in Deutschland, dann braucht man sich nicht zu wundern, dass hier nach wie vor viele Autos ohne dieses Zubehör verkauft werden, obwohl das die Zahl der Verkehrsopfer ebenfalls deutlich reduzieren könnte."