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Einfachere Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen

Seit April 2012 ist das "Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen" in Kraft. Es betrifft alle Menschen mit ausländischen Berufsabschlüssen – egal ob aus der EU oder nicht . In Berlin haben sich bislang knapp 300 um die Anerkennung bemüht.

Von Anja Nehls | 01.10.2012
    Susanna Kenneti stammt aus Finnland. Seit fünf Jahren lebt sie in Berlin. Mit ihrem Mann hat sie im Bezirk Mitte einen Laden für finnisches Design. Jetzt möchte die blonde 44-Jährige in ihren alten Job. In Finnland hatte sie bereits 15 Jahre als Augenoptikerin gearbeitet.

    "Ich hatte gedacht, ich wollte meinen Beruf nicht total verlassen. ich hatte jetzt fünf Jahre Pause und suche eine Teilzeitjob. Kundenberatung, Augenuntersuchungen und Kontaktlinsenanpassung."

    Ob ihr finnischer Abschluss als Opthometristin dem deutschen Augenoptiker entspricht, will sie jetzt prüfen lassen. Seit April gibt es ein entsprechendes Gesetz. Alle Menschen mit ausländischen Berufsabschlüssen – egal ob aus der EU oder nicht – können danach sogenannte Gleichwertigkeitsbescheinigungen beantragen. Die Handwerkskammer Berlin ist dabei für die Handwerksberufe zuständig. Susanna Kenneti muss der Beraterin der Handwerkskammer Berlin dazu erstmal detaillierte Informationen aus Finnland vorlegen:

    "Ja, das ist so eine Art Lehrplan für Augenoptikerin. Das war gar nicht so leicht diese Dokument zu finden, aber die haben wirklich gesucht und gefunden. Also hier wird genau beschrieben, welche Tätigkeiten Sie dort gelernt haben? Ja, verschiedene Fächer in Opthometrie und dann die Ziele.Genau das brauche ich."

    Dilek Intepe-Sachse von der Handwerkskammer muss die ins Deutsche übersetzten Unterlagen dann der Augenoptikerinnung vorlegen. Erst dann gibt es eine Gleichwertigkeitsbescheinigung oder die Aufforderung bestimmte Inhalte nachzuholen.

    "Das was der Anerkennungsinteressierte im Herkunftsland gelernt hat, in den Jahren in denen er die Qualifikation erworben hat, muss verglichen werden mit der aktuellen deutschen Referenzqualifikation, also das was am meisten zu diesem Beruf passen könnte."

    Das ist nicht immer ganz einfach. In die Zentrale Erstanlaufstelle für die Anerkennung in Berlin kommen Juristen aus der Ukraine, Ärzte aus Ghana, Mechaniker aus Kuba oder Psychologen aus Portugal. Joachim Delbrück schickt die Menschen dann weiter zum Beispiel zur Handwerkskammer oder zur IHK. Seinem letzten Besucher konnte er bereits erklären, dass der ausländische Berufsabschluss allein für den deutschen Arbeitsmarkt nicht ausreicht:

    "Also ein Sozialarbeiter, der in Spanien seinen Abschluss gemacht hat, der auch Praxiserfahrung hatte, diese Praxiserfahrung vor allem in der Arbeit mit Straßenkindern in Katalonien gesammelt hat, da haben wir dann die Voraussetzungen geklärt, welche Unterlagen er vorlegen muss und welche Anpassungsqualifizierungen er absolvieren muss um gleichgestellt zu werden einem deutschen Sozialpädagoge."

    Hier geht es dabei vor allem darum, die Rechtsfächer nachzuholen und demnächst hervorragende deutsche Sprachkenntnisse nachzuweisen.
    Wer Probleme hat, die erforderlichen Unterlagen in der alten Heimat zu beschaffen, kann aber auch auf alternativem Weg nachweisen, dass er fit im erlernten Beruf ist. Bei der Handwerkskammer können Elektriker ohne Abschlusszeugnis auch einen Praxistest machen, sagt Dilek Intepe-Sachse:

    "Dann gehen wir in die Werkstatt, die Elektrowerkstatt und haben einen Elektromeister und derjenige bespricht dann mit ihm, gibt ihm eine Aufgabe, wie wenn jemand eine Ausbildung hier gemacht hat und dann kann man auch feststellen, was der für Kenntnisse und Fähigkeiten hat."
    Seit April haben sich knapp 300 Menschen in Berlin um die Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen Abschlüsse bemüht. Das Gesetz sieht vor, dass das Verfahren ab Dezember dieses Jahres für die Betroffenen nicht länger als drei Monate dauern soll. Susanna Kenneti aus Finnland will bis dahin allerdings schon als Augenoptikerin arbeiten.