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Einfälle am laufenden Band

Wer Brötchen braucht, geht zum Bäcker. Wer Fleisch will, kauft beim Metzger. Aber wohin geht jemand, der frische Ideen benötigt? Die Antwort liefern ein Informatikprofessor aus Magdeburg und zwei seiner Studenten. Sie haben die erste deutsche Ideenfabrik gegründet.

Von Stephan Schulz |
    Sie sind Student, wollen sich nach dem Studium selbstständig machen oder einfach nur ihren Doktortitel außergewöhnlich feiern, doch sie wissen nicht so recht wie? Dann gehen sie doch shoppen - und zwar Ideen. Die gibt es bei Graham Horton, Informatik-Professor an der Uni Magdeburg. Aber ganz so einfach wie im Supermarkt kaufen Sie bei ihm nicht ein. Bei Horton drückt man zunächst die Schulbank und lässt gemeinsam die Köpfe rauchen:

    "Okay, wie würde Bill Gates seine Feier ausrichten, wie würde die Königin ihre Feier ausrichten oder wie würde ein fiktiver Mensch wie Sigfried oder Gandalf oder Bismark feiern? Dann holen wir von diesen Leuten Ideen-Anregungen, die wir dann für ihre Zwecke umsetzen können."

    Auf Wochenendseminaren produziert Graham Horton Ideen am Fließband. Er behauptet von sich, alle Kreativtechniken zu beherrschen, aus denen gute Ideen geboren werden:

    "Wir überlassen neue Ideen nicht einfach dem Geistesblitz, sondern wir produzieren neue Ideen in einer Fabrik und das ist für uns eine Technologie, genau wie Nanotechnologie oder Biotechnologie oder Informationstechnologie."

    Egal ob Hochschulabsolvent, Banker oder Großunternehmer, Professor Horton hat noch jedem den Ideenkorb gefüllt.

    "Dazu bilden wir selbst Ideengeber aus, so wie wir sie nennen. Das sind hier Studenten an der Universität größtenteils. Ich biete dazu eine Lehrveranstaltung an jedes Semester. Und diese Ideengeber nehmen an unseren Workshops teil, verdienen auch schon Geld von uns dadurch und tragen dazu bei, dass unsere Auftragsgeber möglichst gute Ideen erhalten. Wir wollen mittelfristig für Friseur, Bäcker den Anspruch."

    Doch ist der Händler in der Innenstadt wirklich der richtige Kunde? Die Magdeburger Blumenhändlerin Janinne Lüdecke jedenfalls kann sich nicht vorstellen Geld für Ideen auszugeben:

    "Ist glaube ich in unserer Branche sehr schwierig, weil wir eigentlich die Ideenmacher sind. Und es wäre schlimm, wenn es jetzt einen Professor gibt, der sagt kannst jetzt aus Blumen das und das machen, weil: Dafür sind wir da!"

    Ideen shoppen, eine Superidee, meint dagegen Björn Suhrmann. Der Jungunternehmer produziert Industriefilme und ist immer auf der Suche nach pfiffigen Ideen:

    "Der Reiz wäre der, dass man extern Leute hat, die solche Ideen vielleicht haben. Weil man selber ja in den Strukturen, die man bis jetzt so hatte, denkt und wenn man eine Eingabe von Außen hat, ist das mitunter sehr, sehr vorteilhaft, weil die halt anders denken, als man vielleicht selber denkt."

    Noch hat Professor Graham Horton nur eine kleine Ideenschmiede an der Universität, doch spätestens ab Januar sollen die Schlote einer richtigen Ideenfabrik über Magdeburg rauchen. Der gebürtige Engländer gründet gerade seine eigene Firma, gemeinsam mit zwei Studenten. Auf das Dreiergespann ist inzwischen auch ein Business-Engel aufmerksam geworden, ein einflussreicher und schwerreicher Unternehmer, der den Jungunternehmern bei ihrer Firmengründung unter die Arme greift. Hilfe kommt auch von der Universität. Sie stellt die Räumlichkeiten für die Ideenfabrik. Erster Großkunde ist der Automobilkonzern BMW:

    "Wir wurden gebeten jetzt schon zum dritten Mal einen Workshop durchzuführen mit Mitarbeiter zusammen, wie die Mitarbeiter jeweils in ihrem Bereich Kosten sparen können. Zum Beispiel Ersparnisse beim Einkauf von Büromaterial bis hin zu Kostensparpotentialen, die in die Millionen gehen."

    Die Studentin Jana Göhrs hat für BMW fleißig mitgespart. Sie wird die Geschäftsführerin der ersten deutschen Ideenfabrik:

    "Also, ich bin in Magdeburg geboren und ich finde es faszinierend, wie Magdeburg sich in den letzten 15 Jahren gewandelt hat, verbessert hat und schöner geworden ist. Und da möchte ich durch meine Existenzgründung hier in Magdeburg auch noch so ein kleines I-Tüpfelchen draufsetzen und Magdeburg zurückgeben, was es mir jetzt in meinen 23 Jahren im Leben gegeben hat."

    Ideen sind der Rohstoff der Zukunft, glaubt Jana Göhrs. Und diesen Rohstoff will sich das Dreiergespann um Professor Graham Horton vergolden lassen.